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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Girod
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Fall erschlagen und dann ins Wasser geworfen“, vermutet Wilke.
    „Der Kopf hat ganz schön was abgekriegt, das sieht aus wie Beilhiebe“, deutet der Fischer die Verletzungen.
    „Kann schon sein. Aber darum soll sich die VP kümmern“, beendet Obermatrose Steingräber die Spekulationen.
    Die Männer wagen es nicht, den Leichnam auf den Rücken zu drehen, obwohl sie so feststellen könnten, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Im Nu verbreitet der verwesende Körper einen widerlich ranzig-käsigen Gestank, der sie schnell auf gehörige Distanz bringt.
    Während Wilke widerwillig bei dem makabren Fund zurückbleibt, klettern Obermatrose Steingräber und der Fischer die Steilküste wieder nach oben, wo der Motorroller steht. Sie schwingen sich auf das Gefährt. Fischer Knobloch gibt Vollgas: Der kleine Motor heult hochtourig auf wie ein Rennwagen der Formel eins.
    Mit fast fünfzig Sachen fliegt die „Schwalbe“ über den ausgetretenen Pfad in Richtung der Volksmarinekaserne.
    Steingräber meldet dem OvD den Fund des abscheulichen Strandguts. Der wiederum informiert den Operativstab des VP-Kreisamtes im 20 Kilometer entfernten Grevesmühlen über das besondere „Vorkommnis am Strand von Groß Schwansee“.
    Eine knappe Stunde später: Der vor wenigen Monaten zum Offizier avancierte 26jährige Unterleutnant der Kriminalpolizei Jenning vom VPKA Grevesmühlen trifft mit einer Funkstreife am Fundort ein. Inzwischen haben sich bereits einige Schaulustige eingefunden. Es sind Einheimische und Matrosen aus der nahen Kaserne, die aus sicherer Entfernung den stinkenden Leichnam beäugen.
    „Wer hat die Leiche gefunden?“ ist seine erste Frage an die Umherstehenden. Obermatrose Steingräber meldet sich und beschreibt die Umstände, wie er mit dem Matrosen Wilke, der inzwischen in die Kaserne zurückgekehrt ist, den Leichnam entdeckt hat.
    Unterleutnant Jenning notiert die Fakten und entläßt Steingräber mit der Bemerkung: „Es ist nicht erforderlich, Ihre Aussage als offizielle Zeugenvernehmung aufzunehmen, die Fundanzeige machen wir von Amts wegen!“
    Dann schießt er jede Menge Fotos vom Ereignisort. Unterdessen betritt ein älterer Herr in gutem Anzug die Szene und stellt sich als Dr. Lattes aus Kalkhorst vor, Arzt aus der nächstgrößeren Ortschaft. Die VP habe ihn über den Kreisarzt zur Leichenschau angefordert.
    Zaghaft und den Ekel mühevoll unterdrückend betrachtet der Arzt die sterblichen Überreste, ohne sie zu berühren. „Sieht ja schlimm aus“, ist sein dürftiger Kommentar.
    Jenning macht ihn auf die Kopfverletzungen aufmerksam und fragt, ob sie postmortal entstanden sein könnten.
    Doch der Doktor will sich nicht festlegen: „Kann sein. Aber das soll mal der Gerichtsarzt klären. Ich vermerke sie nur im Totenschein!“
    Zusehends überwindet der Arzt seinen Widerwillen. Immerhin muß er den Totenschein ordnungsgemäß ausfüllen. Er fordert Jenning auf, ihm dabei zu helfen, die Leiche umzudrehen. Nun erst wird klar, daß es sich um eine tote Frau handelt. Zum vermutlichen Alter kann der Arzt keine konkreten Angaben machen. Seine Schätzung beschränkt sich auf die Bemerkung:
    „Mindestens vierzig Jahre alt.“
    „Und wie lange könnte sie schon im Wasser treiben?“ will Jenning wissen.
    „Tja“, meint der Arzt nachdenklich und kratzt sich verlegen den Kopf. Der Kriminalist spürt dessen Unerfahrenheit in gerichtsmedizinischen Fragen. Aber solcherart Aufgaben muß ein praktischer Arzt wie Dr. Lattes glücklicherweise nur selten lösen. Und, um sich keine Blöße zu geben, gibt dieser eine so große zeitliche Toleranz an, daß ein Fehler praktisch ausgeschlossen ist: „Einige Wochen bis einige Monate!“
    Die sauerstoffreiche Seeluft beschleunigt die Zersetzungsprozesse an der Leiche zusehends, und der Verwesungsgeruch verstärkt sich von Minute zu Minute. Die Männer reduzieren deshalb ihren Aufenthalt an der Leiche auf die notwendigste Zeit. Dann entfernen sie sich und kraxeln die Steilküste nach oben. Der Arzt kehrt zu seinem Auto zurück, stellt den Totenschein über den Fund einer unbekannten weiblichen Leiche mit unklaren Verletzungen des Schädeldachs aus und übergibt ihn Jenning mit der Bemerkung: „Ich habe eine gerichtsmedizinische Sektion beantragt!“
    Das nächste Institut befindet sich in der Bezirkshauptstadt Rostock. Und Rostock ist 100 Kilometer weit entfernt. Der Doktor scheint zu ahnen, daß es aus Kostengründen Probleme geben könnte, die tote Frau über

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