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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Girod
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bis zum Untergang der DDR.
    Die Männer betreten eine bescheiden eingerichtete, ziemlich heruntergewohnte, renovierungsbedürftige kleine Wohnung, lassen ihren geschulten, kritischen Blick umherschweifen, ohne den Korridor zu verlassen und die Räume zu betreten. Trautmann hat bereits die Kamera in den Händen und macht einige Übersichtsaufnahmen, während Lorenz erste Notizen für den Tatortbefundsbericht fertigt.
    Offensichtliche Spuren, die auf ein Tötungsdelikt hindeuten könnten, werden nicht entdeckt: kein eingetrocknetes Blut, keine mechanischen Beschädigungen an den Möbeln, die vielleicht auf einen Kampf hinweisen könnten, keine möglichen Tatwerkzeuge.
    Dann beginnt die Suche nach latenten Spuren. Mit Lupe, Schräglichtleuchten, Fehenhaarpinseln und den entsprechenden Einstäubepulvern bewaffnet, nehmen sich die Kriminalisten zunächst die Küche vor. Möbel, Türen, Fußboden, herumstehendes Geschirr, Schüsseln und Eimer, aber auch das Ölpaneel werden sorgfältig untersucht. Diverse Fingerabdruckspuren werden entdeckt und vorsichtig auf Folien abgezogen. Mit einer Quarzlampe sucht Trautmann schließlich nach biologischen Spuren und verwendet dazu verschiedene Reagenzien, deren positive Reaktion eine weitere Untersuchung im Labor begründet.
    Nach etwa zwei Stunden ist die Untersuchung der Küche abgeschlossen. Nun wenden sich die Männer der kleinen Wohnstube zu. Es riecht hier nach frischer Ölfarbe. Gardinen hängen vor den beiden Fenstern, dazwischen steht auf einer kleinen Kommode ein Fernseher. Ansonsten gehört zum Inventar dieser Stube eine Liege, ein Schrank und ein Blumentischchen. Die Tapete an den Wänden, hellgrün, mit Strichmuster, wirkt keineswegs mehr neu, doch die sauberen, dunkelbraunen Fußbodendielen glänzen auffallend. Vermutlich sind sie in letzter Zeit frisch gestrichen worden. Dieser merkwürdige Umstand macht die beiden Kriminalisten stutzig. Aber noch eine weitere Besonderheit fällt ihnen auf: Verschiedene Stellen der hellgrünen, etwas ausgeblichenen Tapete sind mit den farbfrischen Stücken gleicher Sorte überklebt worden.
    Die Spurensuche in der Wohnstube endet erst in den Nachtstunden. Das Resultat ist verblüffend: Hinter den Scheuerleisten, in den Dielenritzen, unter dem frischen Fußbodenanstrich und hinter den aufgeklebten frischen Tapetenflicken werden unzählige eingetrocknete Blutstropfen gesichert. Schließlich kann aus den Blutspritzern hinter der hellgrünen Tapete sogar ein charakteristisches Muster bestimmt werden, wie es entsteht, wenn ein Tatwerkzeug wiederholt auf eine blutende Wunde trifft. Für die Rekonstruktion des Tathergangs ist das von großer Bedeutung. Lorenz kann aus dieser Spurenlage schließen, daß Lutz Bolke in der Wohnstube erschlagen worden ist. Wenn nun auch der Blutgruppenvergleich zwischen den Spuren aus der Wohnstube und dem Blut des getöteten Lutz Bolke positiv ausfällt, ist der Tatort hinreichend bewiesen.
    Blut ist neben dem Fingerabdruck die wohl wichtigste Spur in der Kriminalistik, insbesondere bei der Untersuchung von Delikten gegen Leib und Leben. Der Schriftsteller Andersen Nexö formulierte scharfsinnig in seinen „Erinnerungen“ die Rolle des Bluts: „… Blut ist doch was ganz Merkwürdiges. Man mag es ungern fließen sehen, und dabei ist es schuld an allen Dummheiten auf der Welt.“
    Auch Goethe läßt bereits wissen, daß Blut ein „besonderer Saft“ ist. Weniger literarisch ausgedrückt ist es das flüssige Gewebe aller höher entwickelten Spezies. Neben seiner Funktion als Transportorgan besitzt es nicht nur wichtige Eigenschaften des Schutzes vor Krankheitserregern und deren Produkten. Aus der Blutzusammensetzung lassen sich auch sichere Schlüsse auf physiologische und pathologische Veränderungen des Körpers ziehen. Die Blutuntersuchung zählt heute mit zu den effektiven Diagnoseverfahren in der Medizin. Die Blutbestandteile (Serum, Blutzellen) sind – neben anderen biologischen Spuren – von überragender kriminalistischer Bedeutung, weil sie eine Vielfalt individueller und Gruppenmerkmale besitzen, die eine sichere Identifikation gewährleisten. Die Erkenntnisse über das Blut, vor allem die Entdeckung der Blut- und Serumgruppen und der verschiedenen Nachweisverfahren, haben die Kriminalistik des 20. Jahrhunderts regelrecht revolutioniert.
    Bekanntlich herrschen bei vorsätzlichen Tötungen die mechanischen Einwirkungen auf den Körper des Opfers vor. Sie haben zwingend die Verursachung von Blutspuren

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