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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Girod
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nicht hold sein. So fassen die Männer den Entschluß, ihre Angeln einzuholen, um sie stromabwärts an einer vielleicht fischreicheren Stelle des Kanals erneut auszuwerfen. Doch dazu müssen sie sich mit einiger Mühe durch das Uferdickicht und die mannshohen Brennesseln quälen, bis sie eine kleine lichte Uferstelle erreichen. Dort machen die Angler eine ungewöhnliche Entdeckung: Etwa zwei Meter vom Ufer entfernt schwimmt, wie ein auf Beute lauernder Alligator, dicht unter der Wasseroberfläche ein schmutzig-dunkles, unförmiges Paket, das ihre Neugier weckt. Gespannt bugsieren sie den Fund an den Uferrand. Er entpuppt sich als ein anderthalb Meter großer metallener Waschzuber, weit über den Rand mit Textilien abgedeckt und mit verschiedenartigen, längs zwischen den Handgriffen verlaufenden Stricken fest verschnürt.
    „Wenn der aus Zink ist, bringt er beim Altstoffhandel mindestens dreißig Mark ein“, vermutet der eine Angler.
    Doch die nähere Untersuchung des Fundes löst pures Entsetzen aus, denn bereits durch das Entfernen des ersten Teils der schmutzigen Textilien wird ein bleiches, monströs aufgedunsenes menschliches Antlitz freigelegt.
    Flugs verlassen die beiden Petrijünger den Ort ihres makabren Fundes, laufen quer über die Felder am sogenannten Teufelsbruch entlang bis nach Schönwalde. Dort gelingt es ihnen erst nach einigen vergeblichen Versuchen, einen Anwohner zu finden, der nicht nur die Bereitschaft zeigt, ihre sonderbare Geschichte anzuhören, sondern der vor allem über das Privileg eines Telefonanschlusses verfügt, um die Volkspolizei verständigen zu können.
    Leutnant der K Heinold von der MUK Potsdam beaufsichtigt eine reichliche Stunde später die Bergung des Waschzubers. Er prüft durch vorsichtiges Anheben der abdeckenden Textilien seinen Inhalt. Es ist schnell klar, in der Wanne befindet sich eine menschliche, in Fäulnis übergegangene Leiche. Bereits die oberflächliche Inspektion des Kopfes, der im Hinterhauptsbereich schwere mechanische Gewalteinwirkungen vermuten läßt, begründet neben der Tatsache der ungewöhnlichen, vor allem aber illegitimen Bestattungsart die Annahme eines Tötungsverbrechens.
    Der tote Körper könnte der eines Erwachsenen sein. Er ist vermutlich in die Wanne regelrecht hineingezwängt worden, liegt darin zusammengekrümmt wie in einem viel zu engen Höckergrab.
    Heinold kann auf Grund der fäulnisbedingten Veränderungen aber nicht ausmachen, ob es sich um einen männlichen oder weiblichen Körper handelt, obwohl der Leichnam unbekleidet zu sein scheint. Weitere Bemühungen um die Klärung dieser Frage unterläßt er. Es gilt, den Leichnam so schnell wie möglich in die sichere und kühle Atmosphäre eines Sektionssaales zu schaffen. Die warme Witterung zwingt zur Eile, denn mit erstaunlicher Rasanz schreitet der Fäulnisprozeß an der Leiche voran. Angelockt durch den widerlichen Verwesungsgeruch ist bereits eine Invasion von Insekten über das sich zersetzende Gewebe hergefallen.
    Die spurenkundliche Untersuchung des Fundes aus dem Havelkanal führt nur zu spärlichen Ergebnissen. Die verzinkte Haushalts-Waschwanne mit Abflußstutzen trägt einen dreieckigen Stempelaufdruck „Güteklasse 1, 14/2961“, der damit ihre einheimische Herkunft offenbart. Der in der Wanne befindliche unbekleidete Leichnam ist mit einem zerschlissenen Postsack abgedeckt. Um ein Verrutschen der Abdeckung zu verhindern, wurden die beiden Handgriffe der Wanne in mehrfachen Lagen mit Stücken einer zusammengeknüpften Wäscheleine straff verbunden.
    Bei dem Leichnam handelt es sich um den eines 74 kg schweren Mannes im Alter von 20 bis 30 Jahren mit mittelblonden Haaren und einer Körpergröße von 173 cm. Die am Hinterhaupt des Toten festgestellten schweren mechanischen Einwirkungen, vermutlich durch ein Hiebwerkzeug, sind zu Lebzeiten entstanden und haben letztlich den Tod herbeigeführt. Zusätzlich wurden – vermutlich im Sinne einer sogenannten Sicherheitsdrosselung – mehrere Touren einer aus verschiedenartigen Stücken zusammengesetzten Paketschnur straff um den Hals geführt und in Höhe des Kehlkopfs verknotet. Die Todeszeit wird auf mehrere Wochen geschätzt.
    Als einziges besonderes Kennzeichen verfügt der Tote über die Narbe einer Jahre zurückliegenden Blinddarmoperation. Routinemäßig wird eine Blutgruppenbestimmung vorgenommen.
    Die Kopfverletzungen und fortgeschrittenen Verwesungserscheinungen lassen eine Rekonstruktion der lebensechten Physiognomie

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