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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Ihr?«
    »Dame«, antwortete Charlotte wegwerfend, »nennt er ein Frauenzimmer, das sich zu so früher Stunde bereits mit einem Musketier vor der Stadt herumtreibt, etwa eine Dame?«
    Die Reiter grinsten. Ihnen schien das resolute Mädchen zu gefallen. Es machte ihnen ungeheuren Spaß, ihren Wachtmeister so abgekanzelt zu sehen.
    Der Wachtmeister aber schien nicht so viel Humor zu besitzen.
    »Mäßigt Euch, Madame, die Dame, von der ich sprach, war die Tochter des hochwohllöblichen Kaufund Handelsmannes Eck in Kassel. Sie würde eine Anklage wegen Beleidigung erheben, wenn ich erzählte, daß Ihr sie Frauenzimmer nanntet.« Charlotte kämpfte mühsam gegen ein Lachen.
    »Pah«, sagte sie in abfälligem Ton. Dann kümmerte sie sich nicht mehr um den Wachtmeister. Dieser gab seiner Patrouille einen Wink. Die Reiter stoben im Galopp davon. Aufatmend wandte Charlotte ihr Pferd, und als sie sich vergewissert hatte, daß sich niemand mehr um sie kümmerte, ritt sie wieder dem Wald zu.
    Es war gegen Mittag desselben Tages, als Andreas Baum aus seinem Tabakladen trat. Kundschaft war um diese Stunde nicht zu erwarten. So setzte er sich auf die Bank vor seiner Tür in die Sonne. Die nie verlöschende Pfeife zwischen den Zähnen, dachte er über die Dinge des Daseins nach. Immer wieder schweifte sein Blick hinüber in die Kasernements, in denen sein : Sohn als Musketier diente. Um Michel, dessen Leben so vielversprechend begonnen hatte, machte er sich von Tag zu Tag mehr Sorgen. Da hatte sich der Junge nun Jahr für Jahr brav durch die Universität geschlagen, hatte endlich seinen Doktor gemacht, um jetzt als unbedeutender Musketier den Soldatenrock zu tragen.
    Es wollte Andreas Baum nicht in den Sinn, daß all das schwerverdiente Geld, mit dem er das Studium seines Sohnes in Rostock finanziert hatte, nur dazu ausgegeben worden sein sollte, damit der Herr Landgraf von Hessen-Kassel einen akademisch gebildeten Musketier in seinem Heer hatte. Dazu kam dann noch die Ungewißheit über das spätere Schicksal der Soldaten, die nach Amerika fahren sollten, um gegen jenen rebellischen General Washington zu kämpfen. Was hatte denn eigentlich Kassel mit Washington zu tun? Andreas stopfte seine Pfeife und zündete sie wieder an.
    Wie war das überhaupt mit diesem General Washington und seinen Anhängern? Sie wollten sich von der englischen Krone freimachen. Sie wollten keinen König mehr über sich haben, sondern sich selber regieren, ähnlich wohl wie die Schweizer. Wenn sie aber keinen König hatten, dann war auch kein Landgraf da, der seine Soldaten an fremde Mächte verkaufen konnte, um seine Privatkassen aufzufüllen. Hm, eigentlich gar nicht schlecht. Und gegen so einen Washington sollte Michel Baum, Nachkomme eines reichsfreien Bauern, kämpfen? Wäre es nicht viel besser, er kämpfte für ihn? — Nun, das würde er mit Michel in den nächsten Tagen einmal besprechen, wenn der Junge abends auf ein Stündchen frei hatte.
    Eine Stimme weckte Andreas aus seinem Brüten.
    »Ist er der Tabakhändler Baum?« fragte ein Korporal in barschem Ton.
    Andreas Baum sah erstaunt auf.
    »Ja, natürlich, der bin ich. Was wollt Ihr?«
    »Hat er seinen Sohn gesehen?«
    »Mein Sohn ist der Musketier des Landgrafen. Er hat jetzt Dienst. Wie kann er da hier sein?«
    Der Korporal sah den Alten lange an.
    »So weiß er noch nicht, daß sein Sohn desertiert ist?«
    Andreas Baum fuhr auf.
    »Desertiert? Seid Ihr wahnsinnig?«
    »Ganz und gar nicht. Es ist, wie ich sage. Wir dachten, wir würden ihn hier finden.« Jetzt erst bemerkte Andreas, daß sein ganzes Haus umstellt war. »Sucht«, sagte er kurz und klopfte seine Pfeife aus.
    »Jawohl«, sagte der Korporal, »das werden wir. Und wehe ihm, wenn wir ihn hier versteckt finden.«
    Andreas Baum würdigte den Mann keines Blickes mehr. Nicht eine Hand machte er krumm, als die Leute das Haus vom Boden bis zum Keller durchkämmten.
    Als die ersten Soldaten ihren Auftrag durchgeführt hatten, fragte der Korporal:»Habt ihr was gefunden?«
    Die Leute schüttelten die Köpfe. Ein kleiner, rothaariger Bursche, der einen verschmitzten, gerissenen Eindruck machte, hielt dem Korporal ein kleines, graues Büchlein hin und meinte: »Vielleicht ist das von Nutzen, Herr Korporal.« Der Angesprochene nahm es in die Hand und blätterte es flüchtig durch.
    »Was soll ich mit der Schwarte? Es ist Englisch. Ich kann es nicht lesen.«
    Er wollte es dem alten Baum aushändigen. Da legte sich derjenige, der es gefunden

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