El Silbador
hatte, öffnete sich jetzt die Tür. Im Rahmen stand Don Escamillo de Fuentes.
Er machte eine höfliche Verbeugung.
»Was wollt Ihr?« fragte Marina unfreundlich.
Don Escamillo zeigte sein liebenswürdigstes Lächeln.
»Ich möchte Euch bitten, den fünften Teil der Beute zu meiner Verfügung zu halten. Ich habe Anweisung gegeben, Kurs nach Spanien zu nehmen, um dem König seinen Teil auszuzahlen.« Marina fuhr auf.
»Ihr habt Anweisungen gegeben? Ihr —? Woher leitet Ihr die Berechtigung dazu ab? Ihr seid unverschämt, Senor.«
»Die »Trueno« ist ein königlich beglaubigtes Kaperschiff und kein Privatkorsar. Ich fühle mich verpflichtet, hier die Stelle des Kapitäns einzunehmen, nachdem Senor Porquez von Euch leider gewaltsam daran gehindert wurde.«
Marina kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Sie ging immer näher auf den Mann zu, der ihr mit lächelnder Miene solche Ungeheuerlichkeiten ins Gesicht schleuderte.
»Ihr seid nicht klar bei Verstand, Senor«, sagte sie leise und eindringlich. »Geht in Eure Kabine.
Ich kann Verrückte in meiner Nähe nicht ausstehen. Ihr seid abgelöst als Erster Offizier, verstanden?«
Escamillo wich keinen Schritt zur Seite.
»Oh, schönste Gräfin, was das anbelangt, so seid ganz sicher, daß ich nicht abgelöst bin, sondern daß hier in Zukunft meine Befehle gelten.«
»Die Mannschaft wird Euch mit einem einzigen Lachen hinwegfegen, wenn ich Eure Unverschämtheiten erzähle. Ich hoffe, Ihr kommt mit dem Leben davon.«
»Die Mannschaft wird nichts dergleichen tun; denn Ihr werdet sie gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Ichwerde mein Möglichstes tun, damit jeder glaubt, Ihr seid — — «
Da sprang Marina zwei Schritte zurück, zog blank und drang auf den Unverschämten ein.
Escamillo hatte wahrscheinlich damit gerechnet. Noch ehe die Gräfin den ersten Stich ausführen konnte, hatte auch er seine Waffe in der linken Faust. Metall klang auf Metall.
Die Kräfte der schönen Andalusierin erlahmten bald. Einem Mann war sie doch nicht gewachsen; und Escamillo focht gut, besser als zu jener Zeit, da er noch seine rechte Hand besaß.
Marina wurde immer mehr in eine Ecke gedrängt. Ihre Bewegungsfreiheit war jetzt eingeschränkt, und ihre Verteidigung wurde schwach.
Escamillo hatte Steve Hawbury bisher kaum beachtet. Plötzlich hörte er scharfe, englische Worte in seinem Rücken, die er zwar nicht verstand, deren drohender Ton ihm jedoch genug verriet. Er fuhr herum und sah einen blanken Degen in der Hand des Engländers funkeln. Da ließ er von der Frau ab.
Er hatte sich verrechnet, wenn er annahm, daß es ein Leichtes sein würde, diesen jungen Fant auszuschalten.
Hawbury focht wie der Teufel; seine Paraden und Finten, die er führte, erinnerten Escamillo an die einstige Begegnung mit dem Silbador.
Noch ehe er sich auf den neuen Gegner eingestellt hatte, flog sein Degen klirrend durch die Luft und blieb einen Augenblick lang mit der Spitze in der Vertäfelung der Wand stecken. Dann sank die Waffe langsam zu Boden.
Der Sieger setzte dem ersten Offizier seine Waffe auf die Brust und fragte Marina: »Was soll nun geschehen, Mylady?«
Marina trat heran und drückte dem Ersten die Spitze ihres Degens in den Rücken. Dann meinte sie befriedigt:
»Geht vor mir her, Senor. Ich werde Euch jetzt vor die Mannschaft führen. Dort könnt Ihr Eure merkwürdigen Ansichten vertreten.«
Escamillo verfärbte sich. Damit hatte er nicht gerechnet. Geführt vom Degen seiner Kapitänin ging er die Treppe zum Deck hinauf.
Die Piraten, die immer noch damit beschäftigt waren, die erbeuteten Waffen zu stapeln, hielten in der Arbeit inne. Das Kauffahrteischiff trieb in einiger Entfernung nach Osten ab, da es nicht mehr gegen die Strömung operieren konnte. Seine Segelausrüstung war durch die Kugeln der »Trueno« stark mitgenommen. »Was ist, Senorita?« fragte Guillermo verblüfft.
»Leute!« rief die Frau mit scharfer Stimme. »Hier bringe ich euch einen Meuterer, der mich töten wollte, um selbst Herr über das Schiff zu werden. Ihr sollt entscheiden, was mit ihm geschehen soll.«
Sie berichtete ausführlich, was vorgefallen war, und benutzte die günstige Gelegenheit, von ihrer Rettung durch den jungen Engländer zu sprechen, was sofort eine freundliche Stimmung für diesen hervorrief.
»Aufhängen — auspeitschen — Kopf abschneiden!«
»Bueno, Jungens, vorerst wollen wir ihn in den Kielraum werfen. Später, wenn wir mehr Zeit haben, halten wir ein
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