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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Hauptmann«, sagte Hrathen, der nach seinem Gürtel griff und einen Beutel hervorzog, »kann ich Euch eine andere Möglichkeit bieten.«
Die Augen des Hauptmanns glitzerten, als Hrathen anfing, Goldwyrninge - die Wyrn Wulfdens Konterfei trugen - aus dem Beutel zu ziehen.
»Ich möchte einen dieser Elantrier aus der Nähe betrachten, aus theologischen Gründen«, erklärte Hrathen und legte einen Münzstapel auf den Tisch. »Von daher würde ich es zu schätzen wissen, wenn der nächste eingefangene Elantrier in meine Kapelle gebracht würde, bevor man ihn zurück in die Stadt wirft.«
»Das lässt sich wahrscheinlich einrichten, Mylord«, sagte der Hauptmann und strich die Münzen gierig vom Tisch ein.
»Selbstverständlich braucht niemand davon zu erfahren«, sagte Hrathen.
»Selbstverständlich, Mylord.«
Kapitel 16
    Raoden hatte einmal versucht, Ien freizulassen. Damals war er noch ein kleiner Junge gewesen, einfältig, aber voll der besten Absichten. Von einem seiner Tutoren hatte er etwas über die Sklaverei erfahren und hatte es sich in den Kopf gesetzt, dass die Seonen gegen ihren Willen gefangen gehalten wurden. An dem Tag hatte er Ien tränenüberströmt aufgesucht und von dem Seon verlangt, dass es seine Freiheit annähme.
»Aber ich bin frei, junger Herr«, hatte Ien dem weinenden Knaben erwidert.
     
»Nein, bist du nicht!«, hatte Raoden widersprochen. »Du bist ein Sklave, denn du tust, was immer die
    Leute dir befehlen.«
»Ich tue es, weil ich es will, Raoden.«
»Warum? Möchtest du denn nicht frei sein?«
»Ich möchte dienen, junger Herr«, erklärte Ien und pulsierte zur Beruhigung. »Meine Freiheit besteht
    darin, hier zu sein, bei Euch.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ihr seht die Dinge aus den Augen eines Menschen, junger Herr«, sagte Ien mit seiner klugen,
    nachsichtigen Stimme. »Ihr seht Unterschiede in Rang und sozialer Stellung und versucht die Welt so zu ordnen, dass alles seinen Platz hat entweder über oder unter Euch. Für ein Seon gibt es kein Oben und Unten, sondern nur diejenigen, die wir lieben. Und wir dienen denen, die wir lieben.«
»Aber du bekommst noch nicht einmal Lohn!«, hatte Raodens entrüstete Antwort gelautet.
    »Aber natürlich bekomme ich den, junger Herr. Mein Lohn besteht in väterlichem Stolz und mütterlicher Liebe. In der Freude, Euch heranwachsen zu sehen.«
Erst viele Jahre später hatte Raoden diese Worte begriffen, und vergessen hatte er sie nie. Als Raoden älter und klüger geworden war und sich unzählige korathische Predigten über die vereinende Kraft der Liebe angehört hatte, hatte er angefangen, Seonen in einem neuen Licht zu sehen. Nicht als Diener, noch nicht einmal als Freunde, sondern als etwas viel Tieferes und Mächtigeres. Es war, als seien die Seonen ein Ausdruck von Domi selbst, der Widerschein von Gottes Liebe zu seinem Volk. Dank ihres Dienstes standen sie dem Himmelreich viel näher, als ihre sogenannten Herren es sich je wirklich vorstellen könnten.
»Nun bist du endlich frei, mein Freund«, sagte Raoden mit einem matten Lächeln, während er zusah, wie Ien ruckweise durch die Luft schwebte. Das Seon schien seinen früheren Herrn noch nicht einmal ansatzweise wiederzuerkennen, aber im Allgemeinen hielt Ien sich in Raodens Nähe auf. Was auch immer die Shaod Ien angetan hatte, sie hatte ihn nicht nur der Stimme beraubt, sondern auch noch seinen Geist zerbrochen.
»Ich glaube, ich weiß, was ihm fehlt«, sagte Raoden zu Galladon, der ganz in der Nähe im Schatten saß. Sie befanden sich auf einem Dach ein paar Häuser von der Kapelle entfernt, da Kahar sie unter mehrfachen Entschuldigungen aus ihrem gewohnten Refugium vertrieben hatte. Seit seiner Ankunft hatte der alte Mann sich voll Inbrunst dem Putzen hingegeben, und nun war es endlich so weit, dass er sich abschließend an das Polieren machen konnte. Früh am Morgen hatte er sie alle zerknirscht, aber nachdrücklich hinausgeworfen, um seine Arbeit beenden zu können.
Galladon blickte von seinem Buch auf. »Wem? Dem Seon?«
Raoden nickte. Er lag auf einer Mauer, die einst einen Garten umgeben hatte, und beobachtete immer noch Ien. »Sein Aon ist nicht vollständig.«
»Ien«, meinte Galladon nachdenklich. »Das bedeutet Heilung. Kolo?«
»Genau. Aber sein Aon ist nicht mehr ganz. Da sind winzige Risse in den Linien, und die Farbe ist an manchen Stellen ganz schwach.«
Galladon gab ein Grunzen von sich, schwieg aber ansonsten. Sein Interesse an Aonen und Seonen war nicht so ausgeprägt

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