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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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zum Beispiel bestimmen, welches Körperteil geheilt werden, was genau mit ihm geschehen und wie eine Entzündung gereinigt werden sollte.
Je mehr Raoden las, umso weniger kamen ihm Aonen wie mystische Symbole vor. Sie wirkten mehr wie mathematische Berechnungen. Während fast alle Elantrier in der Lage waren, Aonen zu zeichnen - dazu benötigte man lediglich eine ruhige Hand und das grundlegende Wissen, wie sich die Zeichen schrieben -, waren die Meister des AonDor diejenigen, die rasch und fehlerfrei Dutzende kleinerer Modifikationen um das zentrale Aon skizzieren konnten. Leider ging das Buch davon aus, dass der Leser umfangreiches Wissen über AonDor besaß, und überging die meisten grundlegenden Regeln. Die wenigen Illustrationen, die es gab, waren so unglaublich kompliziert, dass Raoden normalerweise noch nicht einmal zu sagen vermochte, welches Zeichen das Basis-Aon war, ohne es im Text nachzulesen.
»Wenn er bloß erklären würde, was es bedeutet, >das Dor zu lenken»Dor, Sule?«, wollte Galladon wissen, der seine Arbeit unterbrach. »Das klingt nach einem duladenischen Ausdruck.«
Raoden setzte sich kerzengerade auf. Das Zeichen, das in dem Buch für »Dor« verwandt wurde, war ungewöhnlich - im Grunde gar nicht wirklich ein Aon, sondern bloß eine phonetische Darstellung. Als habe man das Wort aus einer anderen Sprache übernommen.
»Galladon, du hast recht!«, meinte Raoden. »Es ist gar nicht aonisch.«
»Natürlich nicht. Es kann kein Aon sein, denn es weist nur einen einzigen Vokal auf.«
»Das ist eine sehr simplistische Erklärung, mein Freund.«
»Aber es stimmt. Kolo?«
»Ja, wohl schon«, räumte Raoden ein. »Aber das ist jetzt egal. Im Moment geht es bloß um dieses Dor. Weißt du, was es bedeutet?«
»Nun, wenn es sich tatsächlich um das gleiche Wort handelt, bezieht es sich auf etwas im Jeskerisches.«
»Was haben die Mysterien damit zu tun?«, fragte Raoden argwöhnisch.
»Doloken, Sule!«, fluchte Galladon. »Ich habe dir doch gesagt, dass das Jeskerische und die Mysterien nicht ein und dieselbe Sache sind! Was man in Opelon als die >jeskerischen Mysterien< bezeichnet, hat kein bisschen mehr mit der duladenischen Religion zu tun als mit dem Shu-Keseg.«
»Schon gut.« Raoden hob die Hände. »Aber jetzt erzähl mir von diesem Dor.«
»Es ist schwer zu erklären, Sule«, sagte Galladon und lehnte sich auf eine Hacke, die er sich behelfsmäßig aus einer Stange und ein paar Steinen gebastelt hatte. »Das Dor ist die unsichtbare Macht, sie ist überall, aber man kann sie nicht fassen. Sie beeinflusst nichts und kontrolliert doch alles. Warum fließen Flüsse?«
»Weil das Wasser abwärts gezogen wird, genau wie alles andere auch. Das Eis schmilzt in den Bergen, und es muss eben irgendwohin.«
»Richtig«, sagte Galladon. »Und nun eine andere Frage. Was bringt das Wasser dazu, fließen zu wollen ?«
»Mir nicht bewusst gewesen, dass es dessen bedarf.«
»Oh doch, und das Dor ist seine Motivation«, sagte Galladon. »Der jeskerische Glaube lehrt, dass nur den Menschen die Fähigkeit - oder der Fluch - zu eigen ist, das Dor nicht wahrzunehmen. Hast du gewusst, dass ein Vogel, den man seinen Eltern wegnimmt und bei sich zu Hause aufzieht, immer noch fliegen lernt?«
Raoden zuckte mit den Achseln.
»Wie kann er es lernen, Sule? Wer bringt ihm das Fliegen bei?«
»Das Dor?«, fragte Raoden zögernd.
»Genau.«
Raoden lächelte. Die Erklärung klang zu geheimnisvoll religiös, um von Nutzen zu sein. Doch dann musste er an seinen Traum denken, seine Erinnerungen an die Geschehnisse vor so langer Zeit. Als die elantrische Heilerin ihr Aon gezeichnet hatte, hatte es ausgesehen, als erscheine in der Luft hinter ihrem Finger eine Träne. Noch immer konnte Raoden die chaotische Macht spüren, die hinter jener Träne gewütet hatte, die gewaltige Kraft, die versucht hatte, sich durch das Aon zu zwängen und zu ihm zu gelangen. Sie hatte ihn überwältigen, ihn in kleine Stücke reißen wollen, bis er ein Teil von ihr würde. Doch das Aon, das die Heilerin so sorgfältig erschaffen hatte, hatte wie ein Trichter gewirkt und die Kraft nutzbar werden lassen, sodass sie Raodens Bein geheilt hatte, anstatt ihn zu zerstören.
Jene Kraft, was immer es gewesen sein mochte, gab es wirklich. Sie steckte hinter den Aonen, die er zeichnete, auch wenn sie nur schwach waren. »Das muss es sein ...

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