Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
gesehen hatte. Schuld.
Als er in Richtung der Warteschlange bei der Essensausgabe ging und seine unheilvollen Worte in Sarene nachhallten, war ein Teil von ihr auf einmal dankbar, dass sie ihm gegenüber distanziert geblieben war. Er verbarg etwas vor ihr, und zwar etwas Großes. Ihre politischen Instinkte ermahnten sie, auf der Hut zu sein.
Doch was auch immer er erwartet hatte, trat nicht ein. Als sie mit der Verteilung der Nahrungsmittel anfingen, wirkte er ein wenig entspannter und unterhielt sich schon wieder gut gelaunt. Sarene beschlich das Gefühl, dass er viel Aufhebens um nichts gemacht hatte. Da setzte das Geschrei ein.
Fluchend ließ Raoden den Essensbeutel fallen, als er das Geheul vernahm. Es war nah, viel zu nah. Kurz darauf sah er Saolin, von allen Seiten belagert, am Eingang einer Gasse erscheinen. Der Soldat schwang wild sein Schwert gegen vier verschiedene Gegner. Einer der Barbaren traf Saolin mit einem Knüppel am Bein, und der Soldat ging zu Boden.
Dann stürzten sich Shaors Männer auf ihn.
Sie strömten aus jeder einzelnen Gasse. Beinahe zwei Dutzend heulender Wahnsinniger. Die Männer der elantrischen Stadtwache, die sich träge in der Nähe des Stadttores aufhielten, sprangen überrascht auf, aber sie waren zu langsam. Shaors Männer stürzten auf die Gruppe aus Aristokraten und Elantriern zu, die Münder weit aufgerissen.
Dann trat Eondel in Erscheinung. Dank einer glücklichen Fügung des Schicksals hatte er sich entschlossen, Sarene an diesem Tag zu begleiten, und wie immer trug er sein Schwert, als ein Mann, der sich um der Sicherheit willen über die Konventionen hinwegsetzte. Bei dieser Gelegenheit erwies sich seine Vorsicht als begründet.
Shaors Männer erwarteten keinen Widerstand und stolperten vor der durch die Luft zischenden Klinge des Generals übereinander. Trotz seines fortgeschrittenen Alters kämpfte Eondel flink und gewandt. Im Handumdrehen hatte er zwei Barbaren die Köpfe abgeschlagen. Eondels Waffe, geführt mit der Kraft gesunder Muskeln, schnitt widerstandslos durch das elantrische Fleisch. Sein Angriff hielt die Barbaren so lange auf, dass die Stadtwachen sich in das Gefecht stürzen konnten. Sie bildeten neben ihm eine Front.
Als den Adeligen endlich bewusst wurde, dass sie sich in Gefahr befanden, fingen sie zu schreien an. Glücklicherweise waren sie nur wenige Schritte vom Stadttor entfernt, sodass sie dem Chaos leicht entfliehen konnten. Bald waren nur noch Raoden und Sarene übrig, die einander inmitten des Schlachtengetümmels ansahen.
Ein Mann aus Shaors Gefolge fiel ihnen vor die Füße und stieß dabei eine Schachtel mit Maisbrei um. Der Bauch des Geschöpfs war von der Hüfte bis zum Hals aufgeschlitzt, seine Arme kreisten hilflos und vermischten den weißlichen Brei mit dem Schleim auf dem Kopfsteinpflaster. Mit zitternden Lippen starrte er nach oben.
»Essen. Wir wollten bloß ein wenig zu essen. Essen ...«, sagte der Mann das Mantra eines Hoed auf.
Sarene blickte auf das Wesen hinab und wich dann einen Schritt zurück. Als sie wieder zu Raoden aufblickte, glitzerte in ihren Augen die eisige Wut darüber, verraten worden zu sein.
»Ihr habt ihnen das Essen vorenthalten, nicht wahr?«, wollte sie wissen.
Raoden nickte langsam, ohne sich zu rechtfertigen. »Ja.«
»Tyrann!«, zischte sie. »Herzloser Despot!«
Raoden drehte sich um und betrachtete Shaors verzweifelte Männer. In gewisser Hinsicht hatte sie recht. »Ja, das bin ich.«
Sarene wich einen weiteren Schritt zurück. Doch sie stieß gegen etwas. Raoden streckte die Arme aus, um sie zu stützen, hielt jedoch inne, als ihm klar wurde, worüber sie gestolpert war. Es war ein Sack mit Nahrungsmitteln, und zwar einer der übermäßig gefüllten Beutel, die Raoden für die Hoed vorbereitet hatte. Sarene blickte ebenfalls zu Boden, und ihr dämmerte, was sie da sah.
»Ich hatte beinahe angefangen, Euch zu vertrauen«, sagte Sarene verbittert. Dann war sie fort, jagte auf das Tor zu, während die Soldaten sich zurückzogen. Shaors Männer folgten ihnen nicht, sondern fielen stattdessen über die Gaben her, die die Adeligen zurückgelassen hatten.
Raoden trat von den Nahrungsmitteln zurück. Shaors Männer schienen ihn gar nicht zu bemerken, während sie die verstreuten Vorräte an sich rissen und sich die Nahrung mit dreckigen Händen in den Mund stopften. Raoden beobachtete sie mit müdem Blick. Es war vorbei. Die Adeligen würden Elantris nicht noch einmal betreten. Wenigstens war niemand von ihnen

Weitere Kostenlose Bücher