Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
Gebete waren etwas anderes - eher eine Art Meditation als eine Form der Kommunikation; ein Mittel, um seine Gedanken zu ordnen. Diesmal flehte er.
Zum ersten Mal seit Jahren erflehte er Hilfe. Hrathen streckte suchend die Hand nach dem Gott aus, dem er so lange gedient hatte, dass er ihn beinahe vergessen hatte. Dem Gott, den er hinter eine Wand aus Logik und Verstand verbannt hatte. Einem Gott, dem er keinerlei Einfluss auf sein Leben zugebilligt hatte, obwohl er versuchte, dessen Machtbereich zu erweitern.
Zum ersten Mal fühlte Hrathen sich nicht in der Lage, allein zu handeln. Zum ersten Mal gab er zu, dass er Hilfe benötigte.
Er wusste selbst nicht, wie lange er dort gekniet und fieberhaft um Hilfe, Mitleid und Gnade gebetet hatte. Schließlich riss ihn ein Klopfen an der Tür aus seinem trancehaften Flehen.
»Herein«, sagte er zerstreut.
»Verzeiht vielmals die Störung, Mylord«, sagte ein niederer Unterpriester, der die Tür einen Spaltbreit öffnete. »Aber das hier ist soeben für Euch abgegeben worden.« Der Priester schob eine kleine Kiste in das Zimmer und schloss anschließend wieder die Tür.
Schwankend erhob Hrathen sich. Draußen war es dunkel, obwohl er am Vormittag zu beten begonnen hatte. Hatte er tatsächlich so lange in demütigem Gebet verharrt? Leicht betäubt hob Hrathen die Kiste empor und stellte sie auf seinen Schreibtisch, wo er den Deckel mit einem Dolch aufstemmte. Im Innern befand sich, in Heu gebettet, ein Ständer mit vier Arzneifläschchen.
Mylord Hrathen, stand auf einem Blatt Papier. Anbei das Gift, das Ihr bestellt habt. Es wirkt genau so, wie Ihr gewünscht habt. Die Flüssigkeit muss eingenommen werden, und beim Opfer werden sich erst etwa acht Stunden später erste Symptome zeigen. In allen Dingen Lobpreis dem Herrn, Lord Jaddeth. Forton, Apotheker und treuer Untertan des Wyrns
Hrathen griff nach einem der Fläschchen und betrachtete neugierig den dunklen Inhalt. Seine Unterhaltung spät in der Nacht mit Forton hatte er beinahe vergessen gehabt. Vage kam ihm in den Sinn, dass er Dilaf das Gift hatte verabreichen wollen. Dieser Plan würde nicht mehr funktionieren. Er benötigte etwas Aufsehenerregenderes.
Hrathen schwenkte das Gift einen Augenblick lang in dem Fläschchen hin und her, dann zog er den Stöpsel heraus und trank es in einem einzigen Zug leer.
Zweiter Teil - Elantris' Rufen
     
Kapitel 28
    Das Schwierigste war die Entscheidung, was man zuerst lesen sollte. Das Ende der Bücherregale war nicht auszumachen, die in den unzähligen Bänden enthaltenen Informa tionen schienen ins Unendliche zu reichen. Raoden war sich sicher, dass sich die Hinweise, die er benötigte, irgendwo in dem gewaltigen Meer von Seiten befanden, doch sie aufzustö bern schien ihm eine beängstigende Aufgabe.
    Karata machte schließlich die Entdeckung. Sie stieß auf ein niedriges Regal in der Nähe der Wand, die dem Eingang gegenüberlag. Auf dem Regal war eine etwa dreißigbändige Reihe untergebracht, die darauf wartete, aus dem Staub gehoben zu werden. Sie erschloss ihnen ein Katalogisierungssystem mit Nummern, die sich auf die zahlreichen Regalreihen bezogen. Mithilfe des Systems gelang es Raoden ohne Weiteres, die Bücher über AonDor ausfindig zu machen. Er wählte das am wenigsten komplizierte Buch aus, das er finden konnte, und machte sich an die Arbeit.
Raoden entschied, dass nur er selbst, Galladon und Karata von der Bibliothek erfahren sollten. Er hatte nicht nur Angst, dass sich Aandens Praxis des Bücherzerkochens wiederholen könnte, sondern hatte auch das Gefühl, dass das Gebäude etwas Heiliges an sich hatte. Es war kein Ort, der von Besuchern überflutet werden sollte, die die Bücher mit unverständigen Fingern durcheinander bringen und die Stille stören würden.
    Den Tümpel hielten sie ebenfalls geheim und erzählten Mareshe und Saolin nur eine vereinfachte Version der Ereignisse. Raodens eigenes Verlangen warnte ihn davor, wie gefährlich der Tümpel war. Ein Teil von ihm wollte sich der tödlichen Umarmung hingeben, der erfrischenden Vernichtung seiner selbst. Wenn die Leute erfuhren, dass es einen leichten, schmerzfreien Ausweg aus ihren Leiden gab, würden ihn viele ohne nachzudenken beschreiten. Die Stadt würde binnen weniger Monate entvölkert sein.
    Natürlich hätte man sie einfach gewähren lassen können. Woher maßte er sich das Recht an, den anderen ihren Frieden zu verwehren? Dennoch hatte Raoden das Gefühl, dass es zu früh war, Elantris ganz

Weitere Kostenlose Bücher