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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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verunsicherter, unbedeutender, unfähiger alter Mann.«
Iadon ließ sich kraftlos in seinen Sessel fallen. Sarene reichte ihm eine Schreibfeder. »Widerruft«, forderte sie.
Mit zitternden Fingern kritzelte er einen Gegenbefehl an das Seitenende und stempelte das Schreiben dann mit seinem persönlichen Siegel ab.
Sarene griff nach dem Papier und stolzierte aus dem Zimmer. »Ashe, halte die Soldaten auf! Sag ihnen, dass neue Befehle auf dem Weg sind.«
»Sehr wohl, Mylady«, erwiderte das Seon und schoss den Gang entlang auf ein Fenster zu. Die fliegende Kugel konnte sich schneller vorwärtsbewegen als selbst ein galoppierendes Pferd.
»Ihr da!«, befahl Sarene und schlug mit dem zusammengerollten Stück Papier gegen den Brustpanzer der einen Wache. »Bringt das hier nach Elantris.«
Der Mann nahm das Schreiben unsicher entgegen.
»Lauft!«, befahl Sarene.
Er tat es.
Sarene verschränkte die Arme und sah zu, wie der Mann den Gang entlangstürzte. Dann wandte sie sich dem zweiten Wächter zu. Er fing an, unter ihrem Blick nervös zu werden.
»Ähm, ich werde sicherstellen, dass er gut ankommt«, stotterte der Mann und lief rasch hinter seinem Gefährten her.
Einen Moment blieb Sarene stehen. Dann drehte sie sich wieder zum Arbeitszimmer des Königs um und zog die Flügel der Tür zu. Das Letzte, was sie sah, war Iadon, der zusammengesunken in seinem Sessel saß, die Ellbogen auf dem Schreibtisch und den Kopf in die Hände gestützt. Der König schluchzte leise vor sich hin.
Als Sarene Elantris erreichte, waren die neuen Befehle längst eingetroffen. Iadons Türwachen standen unsicher vor dem Tor. Sarene schickte die beiden zum Palast, aber der Hauptmann weigerte sich abzuziehen. Er behauptete, zwar den Befehl erhalten zu haben, nicht anzugreifen, aber keinen Befehl, der besagte, sie sollten sich zurückziehen. Kurz darauf traf ein Eilbote mit dem Befehl ein, genau das zu tun. Der Hauptmann warf ihr einen gereizten Blick zu und befahl dann seinen Männern, zum Palast zurückzukehren.
Sarene blieb noch eine Weile und machte sich die Mühe, die Mauer zu erklimmen, um auf den Platz hinunterzusehen. Ihr Essenskarren stand verlassen in der Platzmitte. Davor lagen verstreut kaputte, umgedrehte Kisten. Tote konnte sie ebenfalls erkennen. Gefallene aus den Reihen der Angreifer, deren Leichen nun im Dreck verwesten.
Sarene erstarrte. Ihre Muskeln versteiften sich. Einer der Toten bewegte sich noch. Sie beugte sich über das steinerne Geländer und starrte auf den gefallenen Mann. Die Entfernung war zwar groß, aber sie konnte dennoch deutlich seine Beine ausmachen - die mehrere Meter von seinem Oberkörper entfernt lagen. Ein kraftvoller Hieb hatte ihm die Taille durchtrennt. Eine derartige Verletzung hatte er unmöglich überleben können. Doch widersinnigerweise fuhren seine Arme trotzdem in hoffnungsloser Willkür durch die Luft.
»Gnädiger Domi«, flüsterte Sarene. Unbewusst hob sie die Hand und berührte ihren kleinen korathischen Anhänger mit den Fingern. Sie ließ den Blick erneut über den Platz schweifen. Manche der anderen Leichen bewegten sich ebenfalls, trotz ihrer furchtbaren Verletzungen.
    Man sagt, die Elantrier seien tot, kam es ihr in den Sinn. Sie seien die Verstorbenen, deren Geist sich nicht zur Ruhe begeben will. Zum ersten Mal begriff Sarene nun, wie die Elantrier ohne Nahrung überleben konnten. Sie mussten nichts essen.
    Aber warum taten sie es dann?
Sarene schüttelte den Kopf und versuchte sowohl ihre verwirrten Gedanken als auch den Anblick der sich windenden Toten dort unten zu verdrängen. Währenddessen fiel ihr Blick auf eine andere Gestalt. Sie kniete im Schatten der Mauer von Elantris, und ihre Haltung drückte unglaubliche Trauer aus. Sarene folgte wie magisch angezogen dem Pfad auf der Mauer in Richtung der Gestalt. Ihre Hand strich an der steinernen Brüstung entlang. Sie blieb stehen, als sie über dem Elantrier angelangt war.
Etwas sagte ihr, dass es sich bei der Gestalt um Lebensgeist handelte. Er hielt eine Leiche in den Armen und wiegte sie mit gesenktem Kopf hin und her. Die Botschaft war eindeutig: Selbst ein Tyrann konnte diejenigen lieben, die ihm folgten.
    Ich habe Euch gerettet, dachte Sarene. Der König hätte Euch umbringen lassen, aber ich habe Euch das Leben gerettet. Es war nicht um Euretwillen, Lebensgeist. Es war um all der armen Leute willen, über die Ihr herrscht.
    Lebensgeist bemerkte sie nicht.
Sie versuchte, weiterhin wütend auf ihn zu sein. Doch während sie auf

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