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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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kahlem Schädel und großen schwarzen Flecken auf der Haut stand er in der Stadt. Ein Elantrier. Die Stadt sah hier unten nicht anders aus als von der Mauer: schmutzig, verfault und gottlos. Sie hielt nichts für ihn bereit. Er wirbelte herum, warf den dürftigen Essenskorb zur Seite und ließ sich auf die Knie fallen.
»Oh Jaddeth, Herr aller Schöpfung«, setzte er mit lauter und fester Stimme an. »Höre die Fürbitte eines Dieners deines Reiches. Befreie mein Blut von dieser Seuche. Schenke mir ein neues Leben. Ich bitte dich mit all der Kraft, die ich als heiliger Gyorn innehabe.«
Es geschah nichts. Also wiederholte er das Gebet. Wieder und wieder und wieder ... Kapitel 31 Saolin öffnete nicht die Augen, als er in dem Tümpel versank, aber er hörte auf zu murmeln. Er schaukelte kurz auf und ab, holte scharf Luft und streckte die Hände gen Himmel. Dann schmolz er in das blaue Nass.
    Feierlich beobachtete Raoden den Vorgang. Drei Tage lang hatten sie wider alle Hoffnung abgewartet, ob der grauhaarige Soldat seinen Verstand wiedererlangen würde. Er hatte es nicht getan. Sie hatten ihn teils zu dem Tümpel gebracht, weil seine Verletzung so schrecklich war, und teils, weil Raoden wusste, dass er keinen Fuß mehr in den Saal der Gefallenen setzen könnte, wenn sich Saolin dort befand. Das Mantra »Ich habe versagt, Mylord Lebensgeist« wäre einfach zu viel gewesen.
    »Komm schon, Sule«, sagte Galladon. »Er ist tot.«
»]a, das ist er«, sagte Raoden. Und es ist meine Schuld. Zum ersten Mal schienen seine körperlichen Lasten und Qualen im Vergleich zu denjenigen seiner Seele verschwindend gering zu sein.
Sie kehrten zu ihm zurück. Erst nur tröpfchenweise, schließlich als Flut. Es dauerte Tage, bis ihnen klar wurde, dass Sarene nicht wiederkehren würde. Keine Essensausgaben mehr - nie mehr essen, warten und wieder essen. Dann kamen sie zurück, als habe man sie jäh aus einer Erstarrung geweckt und als würden sie sich entsinnen, dass ihr Leben einst, vor noch gar nicht allzu langer Zeit, einen Sinn gehabt hatte.
Raoden teilte sie wieder ihren alten Aufgaben zu: Putzen, Getreideanbau und Handwerk. Mithilfe der angemessenen Werkzeuge und Materialien war die Arbeit nicht länger eine Art vorsätzlicher Zeitverschwendung, sondern trug wirklich produktiv dazu bei, Neu-Elantris wieder aufzubauen. Zusammengeschusterte Dächer wurden durch strapazierbarere, zweckmäßige Konstruktionen ersetzt. Die zusätzlichen Getreidekörner gaben ihnen Gelegenheit zu einer zweiten Aussaat, die viel großflächiger und ehrgeiziger angelegt war als die erste. Die kleine Mauer um Elantris wurde verstärkt und ausgedehnt - obwohl sich Shaors Männer zur Zeit ruhig verhielten. Raoden wusste jedoch, dass das Essen, das sie von Sarenes Karren zusammengeklaubt hatten, nicht lange reichen würde. Die Barbaren würden zurückkehren.
Der Zustrom von Menschen nach Sarenes Witwenprüfung war viel größer als zuvor. Raoden musste eingestehen, dass Sarenes Ausflüge nach Elantris trotz der kurzzeitigen Rückschläge, die sie verursacht hatten, förderlich gewesen waren. Sie hatte den Menschen bewiesen, dass es nicht ausreichte, sich einfach die Mägen voll zu schlagen, egal wie sehr der Hunger schmerzte. Wohlbefinden war mehr als nur das Fehlen von Unbehagen. Als sie zu ihm zurückkehrten, arbeiteten sie deshalb nicht mehr um des Essens willen. Sie arbeiteten, weil sie Angst vor dem hatten, was ansonsten aus ihnen werden würde.
»Er sollte nicht hier sein, Galladon«, sagte Raoden, der den fjordellischen Priester von ihrem Aussichtspunkt auf einem Dachgarten aus beobachtete.
»Du bist dir sicher, dass das der Gyorn ist?«, wollte Galladon wissen.
»Das sagt er jedenfalls in seinem Gebet. Außerdem ist er definitiv fjordellisch. Seine Statur ist zu groß, um aonisch zu sein.«
»Fjordeller werden nicht von der Shaod heimgesucht«, meinte Galladon stur. »Bloß Leute aus Arelon, Teod und gelegentlich Duladel.«
»Ich weiß.« Raoden setzte sich missmutig zurück. »Vielleicht ist es immer nur ein gewisser Prozentsatz. Es gibt nicht viele Fjordeller in Arelon. Vielleicht werden sie deshalb nie befallen.«
Galladon schüttelte den Kopf. »Warum müssen dann niemals Jindos dran glauben? Von denen leben viele entlang der Gewürzstraße.«
»Ich weiß es nicht«, sagte Raoden.
»Hör nur, wie er betet, Sule«, sagte Galladon spöttisch. »Als hätten wir anderen das nicht auch schon längst probiert.«
»Ich frage mich, wie lange er noch

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