Elantris
Lukel.
»Nein«, sagte Kiin. Seine raue Stimme klang ernst. »Sie hat recht. Monarchen können es sich nicht erlauben, öffentlich gemaßregelt zu werden. Es könnte sein, dass wir es nach all dem um einiges schwieriger haben werden.«
»Entweder das, oder er gibt einfach auf und dankt zugunsten Sarenes ab«, meinte Lukel lachend.
»Genau wie Euer Vater befürchtet hat«, erklang Ashes tiefe Stimme, als er durch das Fenster hereingeflogen kam. »Er ist immer besorgt gewesen, dass Arelon nicht mit Euch fertig werden könnte, Mylady.«
Sarene lächelte matt. »Sind sie abgezogen?«
»Ja«, antwortete das Seon. Sie hatte ihn losgeschickt, Iadons Wächtern zu folgen, für den Fall, dass sie sich entschließen sollten, seine Befehle zu missachten. »Der Hauptmann hat auf der Stelle beim König vorgesprochen. Er ist wieder gegangen, als Seine Majestät sich weigerte, die Tür zu öffnen.«
»Es wäre nicht gut, wenn ein Soldat sieht, wie sein König wie ein kleines Kind flennt«, stellte Lukel fest.
»Wie dem auch sei«, fuhr das Seon fort, »ich ...«
Ashe wurde von einem heftigen Klopfen an der Tür unterbrochen. Kiin verschwand und kehrte kurz darauf mit einem ungeduldigen Lord Shuden zurück.
»Mylady«, sagte er und verbeugte sich leicht vor Sarene. Dann wandte er sich an Lukel. »Ich habe eben äußerst interessante Neuigkeiten vernommen.«
»Es entspricht alles der Wahrheit«, sagte Lukel. »Wir haben Sarene gefragt.«
Shuden schüttelte den Kopf. »Darum geht es nicht.«
Sarene blickte besorgt auf. »Was kann denn heute sonst noch geschehen sein?«
Shudens Augen glitzerten. »Ihr werdet nie erraten, wen letzte Nacht die Shaod ereilt hat.«
Kapitel 30
Hrathen versuchte nicht, seine Verwandlung zu verbergen.
Feierlich verließ er seine Gemächer und offenbarte seine Verdammnis der gesamten Kapelle. Dilaf befand sich mitten im Morgengottesdienst. Der Verlust an Haaren und die Veränderung der Hautfarbe waren es wert, mit ansehen zu dürfen, wie der kleine arelische Priester vor Überraschung und Entsetzen rückwärts taumelte.
Kurze Zeit später holten die korathischen Geistlichen Hrathen ab. Sie gaben ihm ein großes, weites weißes Gewand, damit er seinen entstellten Körper verhüllen konnte, und führten ihn anschließend aus der mittlerweile leeren Kapelle. Hrathen lächelte in sich hinein, als er Dilaf gewahrte, der ihn von seinem Nebenraum aus verwirrt beobachtete. Zum ersten Mal spiegelte sich in den Augen des Priesters offen dessen Hass auf Hrathen wider.
Die korathischen Priester brachten ihn in ihre Kapelle, zogen ihn aus und wuschen seinen Körper, der nun voll schwarzer Flecken war, mit Wasser aus dem Fluss Aredel. Dann wickelten sie ihn in ein weißes Gewand, das aus dicken, lumpenhaften Stofffetzen bestand. Nachdem die Priester ihn gewaschen und angekleidet hatten, wichen sie zurück und ließen Omin herantreten. Der kleine, beinahe kahlköpfige Vorsteher der korathischen Kirche von Arelon segnete Hrathen leise und fuhr das Aon Omi auf seiner Brust nach. Die Augen des arelischen Mannes verrieten eine winzige Spur von Genugtuung.
Anschließend führten sie Hrathen unter Gesang durch die Straßen der Stadt. Doch vor der Stadt selbst versperrte ihnen eine gewaltige Schwadron Soldaten in Iadons Farben den Weg. Die Soldaten standen da, die Hände an den Waffen, und unterhielten sich gedämpft. Hrathen betrachtete sie verblüfft, denn ihm entging nicht, dass sich die Männer zum Kampf bereit machten. Omin diskutierte eine Weile mit dem Hauptmann der elantrischen Stadtwache, während die anderen Priester Hrathen in ein niedriges Gebäude neben dem Wachhaus zogen. Es handelte sich um einen Aufbewahrungsort, über dessen Eingang das Aon Omi gemeißelt war.
Durch das kleine Fenster des Zimmers beobachtete Hrathen, wie zwei atemlose Wachen herangaloppiert kamen und Iadons Soldaten ein zusammengerolltes Stück Papier überreichten. Der Hauptmann las es, runzelte die Stirn und wandte sich dann an den Boten, um mit ihm zu diskutieren. Danach kehrte Omin zurück und erklärte, dass sie warten würden.
Und das taten sie auch - beinahe zwei Stunden lang.
Hrathen hatte gehört, dass die Priester Leute nur zu einer bestimmten Tageszeit nach Elantris brachten, aber anscheinend handelte es sich nicht um eine bestimmte Uhrzeit, sondern ein Zeitfenster. Schließlich drückten die Priester Hrathen einen kleinen Essenskorb in die Arme, beteten ein letztes Mal zu ihrem jämmerlichen Gott und stießen ihn durch das Tor.
Mit
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