Elantris
ist verblasst...«, sagte Karata.
»Und der Pilz ist verrottet«, meinte Raoden mit einem Nicken. »Da der Schimmel einst die ganze Stadt überzogen hat, tut es jetzt der Schleim ebenfalls.«
»Was soll das also?«, erkundigte Galladon sich mit einem Gähnen.
»Es ist ein weiterer Strang in dem Netz«, erklärte Raoden, »ein weiterer Hinweis darauf, was passiert ist, als die Reod zugeschlagen hat. Wir müssen rückwärts arbeiten, mein Freund. Wir fangen gerade erst an, die Symptome eines Ereignisses zu erforschen, das sich vor zehn Jahren zugetragen hat. Vielleicht können wir zumindest ansatzweise erraten, was zur Reod ge führt hat, wenn wir umfassend begreifen, was für Folgen die Reod gehabt hat.«
»Die Erklärung für die Schleimschicht ergibt Sinn, mein Prinz«, sagte Karata. »Ich habe immer geahnt, dass der Schmutz etwas Andersartiges an sich hatte. Ich habe draußen im Regen gestanden und habe mit angesehen, wie ganze Wassermassen gegen eine steinerne Mauer donnerten, ohne auch nur das kleinste Fleckchen zu reinigen.«
»Der Schleim ist ölig«, sagte Raoden, »und wasserabweisend. Habt Ihr Kahar davon sprechen hören, wie schwierig es ist, ihn wegzuschrubben?«
Karata nickte. Sie blätterte in dem dicken Wälzer. »Diese Bücher enthalten viele Informationen.«
»In der Tat«, sagte Raoden. »Selbst wenn die Gelehrten, die sie geschrieben haben, sich manchmal schrecklich unklar ausgedrückt haben. Man muss ziemlich viel lesen, um Antworten auf spezifische Fragen zu finden.«
»Wie zum Beispiel?«, fragte Karata.
Raoden runzelte die Stirn. »Nun, zum einen habe ich kein einziges Buch gefunden, in dem erwähnt wird, wie man Seonen erzeugt.«
»Überhaupt keines?«, wollte Karata überrascht wissen.
Raoden schüttelte den Kopf. »Ich bin immer davon ausgegangen, dass Seonen durch AonDor erschaffen werden, aber wenn dem so ist, erläutern die Bücher zumindest nicht, wie. Viele beschreiben die Gabe eines berühmten Seons von einem Menschen an einen anderen, aber das war's dann auch schon.«
»Gabe?«, fragte Karata mit gerunzelter Stirn.
»Die Weitergabe des Seons an jemand anderen«, sagte Raoden. »Wenn man eines besitzt, kann man es jemand anderem geben; oder man kann ihm sagen, wem es dienen soll, falls man sterben sollte.«
»Dann konnte also auch ein gewöhnlicher Mensch ein Seon besitzen?«, fragte sie. »Ich habe gedacht, bloß Adelige.«
Raoden schüttelte den Kopf. »Es hängt ganz vom vorherigen Besitzer ab.«
»Wobei es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass ein Aristokrat sein Seon an irgendeinen Bauern weitergibt«, sagte Galladon. »Seonen bleiben - wie Reichtum - für gewöhnlich in der Familie. Kolo?«
Karata zog die Brauen zusammen. »Also ... und was passiert, wenn ein Besitzer stirbt, ohne seinem Seon vorher zu sagen, zu wem es gehen soll?«
Raoden hielt inne und sah dann Galladon mit einem Schulterzucken an.
»Schau nicht mich an, Sule«, meinte Galladon. »Ich habe noch nie ein Seon gehabt.«
»Ich weiß es nicht«, gab Raoden zu. »Ich schätze mal, es würde sich einfach selbst seinen nächsten Herrn aussuchen.«
»Und wenn es das nicht will?«, fragte Karata.
»Ich glaube nicht, dass es eine Wahl hat«, sagte Raoden. »Da gibt es ... etwas zwischen Seonen und ihren Herren. Irgendwie sind sie miteinander verbunden. Zum Beispiel verlieren Seonen den Verstand, wenn ihre Herren von der Shaod heimgesucht werden. Ich glaube, sie sind zum Dienen erschaffen worden; das ist Teil ihres Zaubers.«
Karata nickte.
»Mylord Lebensgeist!«, rief eine Stimme, die sich ihnen näherte.
Raoden hob eine Augenbraue und schlug das dicke Buch zu.
»Mylord«, stieß Dashe hervor, als er durch die Tür gelaufen kam. Der hochgewachsene Elantrier sah eher verwirrt als besorgt aus.
»Was gibt es, Dashe?«, fragte Raoden. »Es ist der Gyorn, Mylord«, sagte Dashe mit aufgeregter Miene. »Er ist geheilt worden!«
Kapitel 35 Anderthalb Monate, und schon hast du den König entthront. Man kann dir wirklich nicht nachsagen, du würdest langsam arbeiten, Ene.« Die Worte ihres Vaters waren fröhlich, obwohl sein leuchtendes Gesicht Sorge verriet. Er wusste so gut wie sie, dass das Chaos, das eine gestürzte Regierung nach sich zog, für Bauern wie Adelige gefährlich sein konnte.
»Nun, es ist ja nicht so, als hätte das in meiner Absicht gelegen«, protestierte Sarene. »Gnädiger Domi, ich habe versucht, den Narren zu retten! Er hätte die Finger von den Mysterien lassen sollen.«
Ihr Vater lachte vor sich hin. »Ich
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