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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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verlangt, so seht Euch meine Hände an, die frei von Fäule sind, mein Gesicht, das rein und makellos ist, und meine Kopfhaut, auf der sich Haarstoppeln abzeichnen. Lord Jaddeth hat mich auf die Probe gestellt, und ich habe ihm vertraut. Er hat mich gesegnet. Ich bin geheilt!«
Er ließ die Hände wieder sinken, und die Menschen jubelten lauthals ihre Zustimmung. Wahrscheinlich waren viele nach Hrathens Fall von Zweifeln beschlichen worden, aber die Menschen würden mit neuer Hingabe zurückkehren. Die Gläubigen, die er fortan bekehrte, würden standhafter sein als alle bisherigen.
Hrathen betrat die Kapelle, und das Volk blieb draußen. Mit zunehmender Erschöpfung schritt er voran. Die Energie des Augenblicks verflog letzten Endes doch und machte den Auswirkungen der fünftägigen Strapazen Platz. Vor dem Altar sank er in die Knie und beugte das Haupt in aufrichtigem Gebet.
Dass das Wunder durch Fortons Trank hervorgerufen worden war, beunruhigte ihn nicht weiter. Hrathen hatte festgestellt, dass die meisten angeblichen Wunder entweder natürlich waren oder von Menschenhand geschaffen. Jaddeth steckte dennoch dahinter, wie er hinter allem steckte; er bediente sich natürlicher Phänomene, um den Glauben der Menschen zu stärken.
Hrathen lobpreiste Gott dafür, dass er ihm die Verstandeskraft verliehen hatte, sich den Plan auszudenken, die Mittel, ihn auszuführen, und dass er die Umstände geschaffen hatte, unter denen der Plan hatte gelingen können. Das Eintreffen des Hauptmanns ging ganz gewiss auf eine göttliche Fügung zurück. Dass der Mann Telriis Lager just in dem Moment verließ, in dem Hrathen ihn brauchte, und dass er Hrathens Schreie durch das dicke Holz vernommen hatte, war einfach zu viel, um reiner Zufall zu sein. Jaddeth mochte Hrathen nicht mit dem »Fluch« der Shaod belegt haben, aber er hatte zweifellos für das Gelingen des Plans gesorgt.
Erschöpft beendete Hrathen sein Gebet und erhob sich taumelnd. Währenddessen öffnete sich eine Kapellentür in seinem Rücken. Als er sich umdrehte, stand Dilaf hinter ihm. Hrathen seufzte. Dies war eine Begegnung, die er am liebsten vermieden hätte, bis er ein wenig ausgeruhter war.
Doch Dilaf fiel vor Hrathen auf die Knie. »Mein Hroden«, flüsterte er.
Hrathen blinzelte überrascht. »Ja, Arteth?«
»Ich habe an Euch gezweifelt, mein Hroden«, gestand Dilaf. »Ich habe gedacht, Lord Jaddeth habe Euch verflucht, weil Ihr unfähig seid. Jetzt erkenne ich, dass Euer Glaube viel stärker ist, als ich gedacht habe. Ich weiß, warum man Euch ausgewählt hat, den Posten des Gyorns zu versehen.«
»Ich nehme deine Entschuldigung an, Arteth«, sagte Hrathen und versuchte, die Müdigkeit in seiner Stimme zu unterdrücken. »Jeden Menschen beschleichen Zweifel in Zeiten der Not. Die Tage nach meinem Weggang müssen für dich und die anderen Priester schwierig gewesen sein.«
»Wir hätten mehr Vertrauen haben sollen.«
»Lerne aus dem, was passiert ist, Arteth, und gestatte dir das nächste Mal keine Zweifel. Geh jetzt.«
Dilaf machte Anstalten zu gehen. Als der Mann sich erhob, betrachtete Hrathen seine Augen. Dort war Respekt zu sehen, aber nicht so viel Reue, wie der Arteth ihm vorzuspielen versuchte. Vor allem sah Dilaf verwirrt aus. Er war verblüfft und beunruhigt, aber erfreut war er nicht. Die Schlacht war noch nicht geschlagen.
Doch Hrathen war zu müde, sich im Moment den Kopf über Dilaf zu zerbrechen, und stolperte auf seine Gemächer zu. Er zog die Tür auf. Seine Besitztümer lagen gestapelt in einer Zimmerecke, als warteten sie darauf, abgeholt und entsorgt zu werden. Jäh überfiel Hrathen Sorge, und er stürzte auf den Stapel zu. Er fand den Koffer mit dem Seon unter einem Kleiderhaufen. Das Schloss war aufgebrochen. Nervös öffnete Hrathen den Deckel und zog die stählerne Kiste hervor. Die Vorderseite der Kiste war mit Schrammen, Kratzern und Dellen übersät.
Rasch machte Hrathen die Kiste auf. Da einige Hebel verbogen waren und das Zifferblatt klemmte, hörte er mit Erleichterung, wie das Schloss aufklickte. Vorsichtig hob er den Deckel an. Im Innern schwebte ruhig das Seon. Die drei restlichen Fläschchen mit dem Trank lagen daneben. Zwei waren zerbrochen, und ihr Inhalt hatte sich auf den Boden der Kiste ergossen.
»Hat jemand diese Kiste geöffnet, seit ich das letzte Mal durch dich gesprochen habe?«, fragte Hrathen.
»Nein, Mylord«, erwiderte das Seon mit seiner melancholischen Frauenstimme.
»Gut«, sagte Hrathen und ließ den

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