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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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ihm zu Füßen saßen und lauschten. Der Gyorn predigte kraftvoller und mit mehr Begeisterung als bisher. Denn jetzt war er ein Heiliger. Er hatte die Shaod erlitten und bewiesen, dass ihr Fluch ihm nichts anhaben konnte.
    Er war ein beeindruckender Gegenspieler, das musste Sarene zugeben. In seiner roten Rüstung stand er wie eine blutige Metallstatue über der Menschenmenge.
»Es muss ein Trick gewesen sein«, stellte sie fest.
»Natürlich war es das, Cousine«, sagte Lukel, der neben ihr stand. »Wenn wir etwas anderes glauben würden, könnten wir uns gleich dem Shu-Dereth anschließen. Mir allerdings steht Rot überhaupt nicht.«
»Dein Gesicht ist zu rosa«, sagte Sarene scherzhaft.
»Wenn es ein Trick gewesen ist, Sarene«, meinte Shuden, »dann kann ich ihn mir aber nicht erklären.« Die drei standen am Rand der Morgenandacht. Sie hatten sich mit eigenen Augen die riesigen Massen ansehen wollen, die Hrathen mittlerweile anzog - selbst an dem Tag, an dem das Begräbnis des Königs stattfand.
»Vielleicht hat er Schminke benutzt«, sagte Sarene.
»Die die rituelle Waschung überstanden hat?«, fragte Shuden.
»Vielleicht waren die Priester mit von der Partie«, sagte Lukel.
»Habt Ihr jemals versucht, einen korathischen Priester zu bestechen, Lukel?«, fragte Shuden spitz.
Lukel sah sich unbehaglich um. »Die Frage möchte ich lieber nicht beantworten, danke.«
»Ihr klingt beinahe, als würdet Ihr ihm sein Wunder abnehmen, Shuden«, sagte Sarene.
»Ich stelle es nicht in Abrede«, sagte Shuden. »Warum sollte Gott nicht einen seiner frommen Gläubigen segnen? Religiöser Ausschließlichkeitsanspruch ist erst mit dem korathischen und derethischen Glauben zum Shu-Keseg dazugekommen.«
Sarene seufzte und bedeutete ihren Freunden mit einem Kopfnicken, ihr zu folgen, als sie sich einen Weg am Rande der Menge bahnte und auf die Kutsche zuging, die auf sie wartete. Ob nun durch einen Trick oder nicht, Hrathen hatte die Leute ungemütlich fest im Griff. Wenn es ihm gelingen sollte, einen Sympathisanten auf den Thron zu bugsieren, wäre alles vorbei. Arelon würde zu einem derethischen Land werden, und übrig bliebe nur Teod - wenn auch wahrscheinlich nicht für lange.
Ihre beiden Begleiter machten sich ohne Zweifel ähnliche Sorgen, denn ihre Mienen sahen beunruhigt und grüblerisch aus. In Gedanken versunken stiegen sie, ohne ein Wort zu verlieren, in die Kutsche ein.
Schließlich wandte Lukel sich jedoch an Sarene. Seine scharf geschnittenen Züge wirkten verstört. »Was willst du damit sagen, mein Gesicht sei zu rosa?«, wollte er verletzt wissen.
Am Schiffsmast prangte das königliche Wappen von Teod, das goldene Aon Teo auf blauem Grund. Es gab kein schnelleres Gefährt zu Wasser als eines der langen, schmalen teoischen Streitschiffe.
Sarene fühlte sich verpflichtet, dem Patriarchen einen besseren Empfang zu bereiten, als ihr selbst bei ihrer Ankunft in den gleichen Hafenanlagen zuteilgeworden war. Sie mochte den Mann zwar nicht, aber das war keine Entschuldigung für unhöfliches Verhalten. Deshalb nahm sie Shuden, Lukel, Eondel und etliche Soldaten des Grafen als Ehrengarde mit.
Das schmale Schiff glitt reibungslos in den Hafen, und die Matrosen ließen eine Landungsbrücke von Bord, sobald das
Gefährt vertäut war. Eine Gestalt in einem blauen Gewand stolzierte festen Schrittes an den Matrosen vorbei die Landungsbrücke hinab. Zahlreiches Gefolge und niedere Priester folgten. Der Patriarch wusste sich gern wohl versorgt. Als sich Seinalan näherte, verzog Sarene das Gesicht zu einer höflichen Maske.
Der Patriarch war ein hoch gewachsener Mann mit feinen Gesichtszügen. Seine goldenen Haare waren lang wie die einer Frau, und sie gingen in den gewaltigen goldenen Umhang über, der hinter ihm herflatterte. Seinalans blaues Gewand war mit so viel Goldfaden bestickt, dass manchmal kaum der Stoff darunter zu erkennen war. Er trug ein gutwilliges Lächeln zur Schau, das keinen Zweifel daran ließ, dass er sich in Geduld mit seinem jeweiligen tiefer stehenden Gegenüber übte.
»Eure Hoheit!«, sagte Seinalan, als er auf Sarene zutrat. »Es ist zu lange her, seit meine alten Augen Euer süßes Antlitz zuletzt erblickt haben.«
Sarene gab sich alle Mühe zu lächeln und machte einen Knicks vor dem Patriarchen und seinen angeblich alten Augen. Eigentlich war Seinalan höchstens vierzig, auch wenn er versuchte, älter und weiser zu wirken, als er in Wirklichkeit war.
»Euer Heiligkeit«, sagte sie. »Euer Besuch

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