Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
Deckel wieder zuschnappen. Anschließend trank er eine sorgfältig bemessene Menge Wein aus einer Taschenflasche, die er dem Stapel mit seinen Besitztümern entnahm, ließ sich dann auf das Bett fallen und schlief ein.
Es war dunkel, als er erwachte. Sein Körper war immer noch müde, aber er zwang sich aufzustehen. Ein wichtiger Teil seines Planes konnte nicht warten. Er rief einen bestimmten Priester zu sich, der kurz darauf erschien. Der Priester, Dothgen, war ein großer Mann von kräftiger fjordellischer Statur, dessen Muskeln sich sogar unter seinem roten derethischen Gewand abzeichneten.
»Sehr wohl, Mylord?«, erkundigte sich Dothgen.
»Ihr seid im Kloster Rathbore ausgebildet worden, nicht wahr, Arteth?«, fragte Hrathen.
»In der Tat, Mylord«, erwiderte der Mann mit tiefer Stimme.
»Gut«, sagte Hrathen und hielt das letzte Fläschchen mit dem Trank empor. »Ich benötige Eure speziellen Fähigkeiten.«
»Für wen ist es bestimmt, Mylord?«, fragte der Priester. Wie jeder Absolvent von Rathbore war Dothgen ein ausgebildeter Attentäter. Er hatte viel mehr Spezialkenntnisse vermittelt bekommen als Hrathen im Kloster Ghajan, dem Ort, an den Hrathen gegangen war, nachdem sich herausgestellt hatte, dass er
Dakhor nicht gewachsen war. Doch nur ein Gyorn oder ein Ragnat konnte einen in Rathbore ausgebildeten Priester ohne Wyrns Genehmigung zum Einsatz bringen. Hrathen lächelte.
Kapitel 37
    Es geschah, während Raoden mit seiner Lektüre beschäftigt war. Er hörte sich weder selbst qualvoll und überrascht aufkeuchen, noch fühlte er, wie er in einem spastischen Krampf von seinem Stuhl stürzte. Er konnte nur den Schmerz spüren - eine messerscharfe Folter, die ihn jäh und überaus heftig ergriff. Es war wie eine Million winziger Insekten, die sich alle auf ihn stürzten, von innerhalb und außerhalb seines Körpers, um ihn bei lebendigem Leibe aufzufressen. Bald hatte er das Gefühl, keinen Körper mehr zu besitzen, der Schmerz war sein Körper. Er war die einzige Wahrnehmung, der einzige Reiz, und die einzige Folge waren seine Schreie.
    Dann spürte er es. Es erhob sich wie eine einzige gewaltige, glatte Oberfläche, ohne Riss oder Loch, im Hintergrund seines Geistes. Es übte fordernd Druck aus und trieb die Schmerzen in jede Faser seines Körpers, wie ein Arbeiter, der einen Nagel in den Boden hämmerte. Es war riesengroß. Im Vergleich wirkten Menschen, Gebirge und Welten armselig. Es war nicht böse, ja zu Empfindungen war es gar nicht in der Lage. Weder wütete es, noch schäumte es. Es war unbeweglich, erstarrt durch den eigenen heftigen Druck. Es wollte sich bewegen - irgendwohin gelangen, auf der Suche nach Erlösung von der Anspannung. Aber es gab keinen Ausweg.
    Als die Kraft zurückging, konnte Raoden wieder seine Umgebung wahrnehmen. Er lag auf dem kalten Marmorboden der Kapelle und starrte zur Unterseite seines Tisches empor. Zwei undeutliche Gesichter schwebten über ihm.
    »Sule?«, fragte eine eindringliche Stimme wie von ganz weit weg. »Doloken! Raoden, kannst du mich hören?«
Langsam konnte er wieder schärfer sehen. Karatas Züge, die sonst so streng waren, wirkten besorgt, während Galladon aschgrau im Gesicht war.
»Mir geht es gut«, krächzte Raoden beschämt. Nun würde ihnen klar werden, wie schwach er in Wirklichkeit war, dass er noch nicht einmal den Schmerz eines lediglich einmonatigen Aufenthalts in Elantris ertrug.
Die beiden halfen ihm, sich aufzusetzen. Er blieb kurz auf dem Boden, bevor er ihnen zu verstehen gab, dass er sich auf den Stuhl setzen wollte. Sein ganzer Körper schmerzte, als habe er versucht, gleichzeitig ein Dutzend verschiedener Gewichte zu stemmen. Mit einem Stöhnen ließ er sich auf den unbequemen Steinsitz gleiten.
»Sule, was ist passiert?«, fragte Galladon, der sich zögerlich auf seinen eigenen Stuhl zurückzog.
»Es war der Schmerz«, sagte Raoden, den Kopf in die Hände gestützt. »Einen Augenblick lang war es zu viel. Jetzt geht es mir wieder gut. Er ist wieder abgeklungen.«
Galladon runzelte die Stirn. »Wovon sprichst du, Sule?«
»Dem Schmerz«, sagte Raoden wütend. »Den Schmerzen von meinen Schnitten und Blutergüssen, dem Verderben, das einen hier in Elantris heimsucht.«
»Sule, der Schmerz ereilt einen nicht wellenförmig«, sagte Galladon. »Er bleibt einfach immer gleich.«
»Bei mir kommt er wellenförmig«, sagte Raoden müde.
Galladon schüttelte den Kopf. »Das kann nicht sein. Kolo? Wenn man dem Schmerz anheim fällt, dreht man

Weitere Kostenlose Bücher