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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Lebensgeist ihr von Neu-Elantris. Es war nicht sehr groß, vielleicht fünfzig Gebäude insgesamt, aber diese Kompaktheit verlieh der Stadt ein Gefühl der Einheit. Obwohl es nicht viele Menschen geben konnte - höchstens fünf- oder sechshundert schien um sie her immer rege Betriebsamkeit zu herrschen. Männer arbeiteten auf Mauern oder Dächern, Frauen nähten oder putzten; selbst Kinder liefen durch die Straßen. Es war ihr niemals in den Sinn gekommen, dass die Shaod nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder ereilte.
Alle grüßten Lebensgeist, als er vorüberging, lauthals und mit einem freundlichen Lächeln. In ihren Stimmen schwang echte Anerkennung mit, die einen Grad an liebevollem Respekt verriet, den Sarene fast noch nie einem Anführer gegenüber beobachtet hatte. Selbst ihr Vater, der generell sehr beliebt war, hatte seine Andersdenkenden. Natürlich war es bei einer so kleinen Bevölkerung leichter, aber sie war dennoch beeindruckt.
Da kamen sie an einem Mann vorbei, dessen Alter sich, wie gewöhnlich bei den Elantriern, nicht von seinem Gesicht ablesen ließ. Der Mann saß auf einem Steinblock. Er war klein und hatte einen gewaltigen Bauch, und er grüßte nicht. Seine Unaufmerksamkeit war allerdings kein Zeichen von Unhöflichkeit, sondern er war nur ganz und gar auf den kleinen Gegenstand in seiner Hand konzentriert. Mehrere Kinder standen um den Mann und beobachteten mit begierigen Blicken, wie er vornüber gebeugt arbeitete. Als Sarene und Lebensgeist vorübergingen, hielt der Mann einem der Kinder den Gegenstand entgegen. Es war ein wunderhübsch gemeißeltes Steinpferdchen. Das Mädchen klatschte begeistert in die Hände und griff freudig nach dem Kunstwerk. Die Kinder rannten davon, als der Steinmetz einen weiteren Stein vom Boden aufhob. Er fing an, den Stein mit einem kleinen Werkzeug zu bearbeiten. Als Sarene seine Finger genauer betrachtete, erkannte sie, worum es sich bei dem Werkzeug handelte.
»Einer meiner Nägel!«, rief sie. »Er benutzt einen der verbogenen Nägel, die ich Euch geschickt habe.«
»Hm?«, fragte Lebensgeist. »Ach ja. Ich muss schon sagen, Sarene, wir haben ganz schön lange gebraucht, bis uns eingefallen ist, was wir mit der besonderen Kiste anfangen sollten. Es hätte zu viel Brennstoff verbraucht, sie alle einzuschmelzen, selbst wenn wir die dazu nötigen Werkzeuge gehabt hätten. Diese Nägel haben zu Euren ganz besonders listigen Einfallen gezählt.«
Sarene errötete. Diese Menschen kämpften in einer Stadt ums Überleben, in der es keinerlei Hilfsmittel gab, und sie war so kleinlich gewesen und hatte ihnen verbogene Nägel geschickt. »Es tut mir leid. Ich hatte Angst, Ihr könntet aus dem Stahl Waffen herstellen.«
»Ihr habt recht daran getan, auf der Hut zu sein«, sagte Lebensgeist. »Schließlich habe ich Euch letzten Endes tatsächlich verraten.«
»Ich bin mir sicher, dafür gab es einen guten Grund«, meinte sie rasch.
»Ja«, sagte er nickend. »Aber das hat zu dem Zeitpunkt keinen großen Unterschied gemacht, nicht wahr? Ihr hattet recht, was mich betrifft. Ich war ... bin ... ein Tyrann. Ich habe einem Teil der Bevölkerung Nahrungsmittel vorenthalten, ich habe unsere Abmachung gebrochen und den Tod einiger wackerer Männer verursacht.«
Sarene schüttelte den Kopf. Ihre Stimme nahm einen entschlossenen Ton an. »Ihr seid kein Tyrann. Die Gemeinschaft hier ist der Beweis. Die Leute lieben Euch, und es gibt keine Tyrannei, wo Liebe herrscht.«
Er lächelte fast, aber seine Augen blickten ohne Überzeugung drein. Dann bedachte er sie mit einem schwer deutbaren Blick. »Nun ja, ich schätze mal, die Zeit Eurer Witwenprüfung ist kein kompletter Reinfall gewesen. Ich habe im Laufe jener Wochen etwas sehr Wichtiges dazugewonnen.«
»Die Vorräte?«, fragte Sarene.
»Die auch.«
Sarene hielt inne und sah ihm in die Augen. Dann blickte sie zu dem Steinmetz zurück. »Wer ist das?«
»Er heißt Taan«, sagte Lebensgeist. »Auch wenn Ihr vielleicht unter dem Namen Aanden von ihm gehört habt.«
»Der Bandenanführer?«, fragte Sarene überrascht.
Lebensgeist nickte. »Taan war einer der besten Steinmetze in ganz Arelon, bevor die Shaod ihn ereilte. Nachdem er in Elantris gelandet war, hat er sich eine Weile selbst vergessen. Letzten Endes hat er aber wieder zu sich gefunden.«
Sie überließen den Steinmetz seiner Arbeit, und Lebensgeist führte sie durch die letzten paar Teile der Stadt. Als sie an einem Gebäude vorübergingen, das er »den Saal der

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