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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Jahren hatten korathische Lehren ihr Bestes getan, um die elantrische Magie trotz der Seonen herunterzuspielen. Seonen waren den Menschen vertraut; als handele es sich um gute Geister, die Domi ihnen zum Schutz und zu ihrer Bequemlichkeit gesandt hatte. Man hatte Sarene gelehrt, und sie hatte geglaubt, dass die elantrischen Zauber größtenteils Schwindel gewesen waren.
Doch jetzt sah sie sich einer anderen Möglichkeit gegenüber. Vielleicht waren die Geschichten wahr.
»Unterrichte mich«, flüsterte sie. »Ich will darüber Bescheid wissen.«
Erst später, nachdem die Nacht längst hereingebrochen war, gestattete Sarene es sich endlich, in Tränen auszubrechen. Den größten Teil des Tages hatte Lebensgeist damit verbracht, ihr alles zu erklären, was er über AonDor wusste. Anscheinend hatte er viel zu dem Thema gelesen. Es hatte Sarene Vergnügen bereitet, ihm zu lauschen, sowohl wegen der Gesellschaft als auch um der Ablenkung willen. Wie im Nu war die Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit draußen vor den Kapellenfenstern vergangen, und Lebensgeist hatte ihr ein Quartier besorgt.
Jetzt lag sie zusammengerollt da und zitterte in der Kälte. Die anderen beiden Frauen in dem Zimmer schliefen fest. Trotz der kühlen Luft benutzten beide keine Decke. Die anderen Elantrier schienen Temperaturschwankungen nicht so stark zu empfinden wie Sarene. Lebensgeist behauptete, ihre Körper befänden sich in einer Art Stagnationszustand, dass sie zu funktionieren aufgehört hatten und darauf warteten, vom Dor zu Ende verwandelt zu werden. Trotzdem war Sarene unangenehm kalt.
Die düstere Atmosphäre war Sarenes Stimmung alles andere als zuträglich. Als sie sich zusammengekauert gegen die harte Steinwand lehnte, fielen ihr wieder die Blicke ein. Diese schrecklichen Blicke! Die meisten Elantrier wurden des Nachts befallen und am folgenden Morgen in aller Stille entdeckt. Sarene hingegen war vor dem gesamten Adel zur Schau gestellt worden. Noch dazu bei ihrer eigenen Hochzeit.
Es war eine schmachvolle Demütigung. Ihr einziger Trost war, dass sie wahrscheinlich keinen von ihnen je Wiedersehen würde. Es war ein schwacher Trost, denn aus demselben Grund würde sie wahrscheinlich ihren Vater, ihre Mutter und ihren Bruder niemals Wiedersehen. Kiin und seine Familie waren für immer für sie verloren. Nachdem sie noch nie zuvor Heimweh empfunden hatte, überkam es sie jetzt mit aller Gewalt.
Damit Hand in Hand ging das Wissen, versagt zu haben. Lebensgeist hatte sie nach Neuigkeiten von draußen gefragt, aber das Thema hatte ihr zu große Qualen bereitet. Bestimmt war Telrii längst König, und das bedeutete, dass Hrathen den Rest von Arelon ohne Probleme bekehren können würde.
Geräuschlos kamen ihr die Tränen. Sie weinte um ihre Hochzeit, um Arelon, um Ashes verlorenen Verstand und wegen der Schande, die Roial empfunden haben musste. Der Gedanke an ihren Vater war das Schlimmste. Sich vorzustellen, dass sie nie wieder die Liebe spüren würde, die seine neckenden Wortgefechte in ihr auslösten - nie wieder seine überwältigende, bedingungslose Anerkennung zu empfinden ließ erdrückende Angst in ihrem Herzen aufkommen.
»Mylady?«, flüsterte eine tiefe, unsichere Stimme. »Seid Ihr es?«
Schockiert blickte sie durch den Tränenschleier nach oben. Hatte sie Wahnvorstellungen? Es musste so sein. Sie konnte unmöglich eben ...
»Lady Sarene?«
Es war Ashes Stimme!
Dann sah sie ihn. Er schwebte knapp diesseits des Fensterrahmens, und sein Aon war so abgedunkelt, dass man es kaum erkennen konnte. »Ashe?«, fragte sie zögerlich und völlig verblüfft.
»Oh, gesegnet sei Domi!«, rief das Seon und kam rasch näher.
»Ashe!« Sie wischte sich mit zitternder Hand die Augen, obgleich sie sich vor Schreck immer noch wie betäubt fühlte. »Du nimmst sonst doch nie den Namen des Herrn in den Mund!«
»Wenn er mich zu Euch geführt hat, dann hat er sein erstes bekehrtes Seon«, sagte Ashe freudig pulsierend.
Es kostete sie Mühe, nicht die Hände auszustrecken und zu versuchen, die Lichtkugel zu umarmen. »Ashe, du sprichst! Du solltest gar nicht sprechen können, eigentlich müsstest du ...«
»Verrückt sein«, sagte Ashe. »Ja, Mylady, das ist mir bewusst. Doch ich fühle mich nicht anders als zuvor.« »Ein Wunder«, meinte Sarene.
»In der Tat, ein Wunder«, sagte das Seon. »Vielleicht sollte ich es mir tatsächlich überlegen, zum Shu-Korath überzutreten.«
Sarene lachte. »Seinalan hätte bestimmt etwas dagegen. Andererseits

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