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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Gefallenen« nannte, hielt der Kummer in seiner Stimme sie davon ab, sich danach zu erkundigen. Allerdings sah sie etliche von der Shaod ereilte Seonen ziellos um das Dach schwirren.
Da durchzuckte sie jähe Trauer. Um Ashe muss es jetzt so stehen, dachte sie. Sie entsann sich der wahnsinnigen Seonen, die sie gelegentlich durch Elantris hatte schweben sehen. Trotz dieser Erfahrungen hatte sie die Nacht hindurch gehofft, dass Ashe sie finden würde. Die korathischen Priester hatten sie in eine Art Wartezelle gesperrt - anscheinend wurden neue Elantrier nur einmal pro Tag in die Stadt geworfen und sie hatte am Fenster gestanden und sich gewünscht, er möge auftauchen.
Sie hatte vergeblich gewartet. Aufgrund des Durcheinanders bei der Hochzeit konnte sie sich noch nicht einmal erinnern, wann sie ihn zuletzt gesehen hatte. Da er sie nicht in die Kapelle hatte begleiten wollen, war er schon einmal zum Thronsaal aufgebrochen, um dort auf sie zu warten. Hatte sie ihn bei ihrer Ankunft in dem Saal umherschweben sehen? Hatte sie seine Stimme gehört, hatte er zusammen mit den anderen entsetzten Hochzeitsgästen aufgeschrieen? Oder war das bloß ihre Hoffnung, die ihre Erinnerungen färbte?
Sarene schüttelte seufzend den Kopf und ließ sich von Lebensgeist vom Saal der Gefallenen wegführen. Immer wieder warf sie jedoch einen Blick über die Schulter und sah nach oben, wo sie Ashe zu entdecken erwartete. Bisher war er immer dort gewesen.
Wenigstens ist er nicht tot, dachte sie und zwang sich, ihre Trauer niederzukämpfen. Wahrscheinlich ist er irgendwo in der Stadt. Ich kann ihn auftreiben ... und ihm vielleicht helfen. Irgendwie.
    Sie gingen weiter, und Sarene ließ sich absichtlich von der Umgebung ablenken, denn sie ertrug es nicht, noch länger an Ashe zu denken. Kurz darauf führte Lebensgeist sie an mehreren freien Flächen vorbei, und als Sarene genauer hinsah, stellte sie fest, dass es sich um Felder handeln musste. In sorgfältig gepflügten Furchen konnte man winzige Sprösslinge erkennen, und etliche Männer gingen auf den Feldern auf und ab und suchten nach Unkraut. In der Luft lag ein unverwechselbarer Geruch.
    Sarene blieb stehen. »Fisch?«
»Dünger«, sagte Lebensgeist mit einem Lachen. »Da haben wir ausnahmsweise einmal Euch eins ausgewischt. Wir haben um Trikebutt gebeten, und uns war völlig klar, dass Ihr ein Fass mit verfaultem Fisch auftreiben und uns schicken würdet.«
»Allem Anschein nach habt Ihr mir fast jedes Mal eins aus gewischt«, sagte Sarene, die sich beschämt erinnerte, wie sie sich hämisch über ihre schlauen Interpretationen der Forderungen gefreut hatte. Egal wie durchdacht ihre Versuche gewesen waren, die Neu-Elantrier schienen für all ihre nutzlosen Gaben Verwendungsmöglichkeiten gefunden zu haben.
»Uns bleibt keine andere Wahl, Prinzessin. Alles in Elantris aus der Zeit vor der Reod ist verrottet oder verfault. Selbst die Steine fangen zu zerbröckeln an. Egal wie mangelhaft Euch die Vorräte vorgekommen sein mögen, sie waren immer noch viel nützlicher als alles, was es in der Stadt gibt.«
»Ich war im Unrecht«, sagte Sarene verdrießlich.
»Fangt nicht wieder damit an«, sagte Lebensgeist. »Wenn Ihr anfangt, Euch selbst zu bemitleiden, sperre ich Euch eine Stunde lang in ein Zimmer mit Galladon, damit Ihr einmal seht, was wahrer Pessimismus ist.«
»Galladon?«
»Das war der große Kerl, dem Ihr kurz am Tor begegnet seid«, erklärte Lebensgeist.
»Der Dula?«, fragte Sarene überrascht. Sie rief sich den großen Elantrier mit den breiten Gesichtszügen und dem starken duladenischen Akzent ins Gedächtnis.
»Genau der.«
»Ein pessimistischer Dula? Davon habe ich nie gehört.«
Lebensgeist lachte erneut, während er sie in ein großes, prächtiges Gebäude führte. Die Schönheit des Bauwerks raubte Sarene schier den Atem. Es war von zierlichen, gewundenen Bogen umgeben, und der Boden bestand aus weißem Marmor. Die Wandreliefs waren sogar noch verschlungener als die im korathischen Tempel von Teoras.
»Eine Kapelle«, sagte sie und ließ die Finger über die komplizierten Marmormuster gleiten.
»Genau. Woher wisst Ihr das?«
»Diese Szenen stammen direkt aus dem Do-Korath.« Sie schenkte ihm einen strafenden Blick. »Da hat aber jemand in der Kapellenschule nicht aufgepasst.«
Lebensgeist hustete vor sich hin. »Tja, also ...«
»Versucht gar nicht erst, mir einreden zu wollen, dass Ihr nie dort gewesen seid«, sagte Sarene, die sich wieder den Meißelarbeiten zuwandte.

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