Elben Drachen Schatten
und packte den Griff seines Schwertes fester. Aber nirgends konnte er jemanden entdecken.
"Wo seid Ihr?", rief er deshalb.
"Ihr braucht mich nicht suchen, Herr. Ihr würdet mich ohnehin nicht finden, denn ich bin unsichtbar." Die zweiköpfige Katze fauchte leise. Sie schien die Anwesenheit des unsichtbaren Fremden zu spüren.
"Unsichtbar seid Ihr? Nun gut, ich will`s Euch glauben. Was wollt Ihr von mir, Fremder?"
"Nicht so laut, mein Freund! Wir sind nicht die einzigen Wesen zwischen diesen Ruinen! Mein Name ist Grimmon. Ich bin ein Dieb aus Bedin, der Kuppelstadt am Fluss." Grimmon erzählte Lakyr, wie er den schrecklichen Retned hatte bestehlen wollen und wie er der Gewalt des wahnsinnigen Gottes entkommen war. Lakyr hörte interessiert zu und nickte schließlich.
"Es ist gut möglich, dass auch Retned am Sterben ist." Er lachte leise. "Die Götter gehen mit ihrer Welt zusammen in den Tod. Ist das nicht seltsam, Herr Grimmon?"
"Nein, das finde ich nicht. Ich jedenfalls habe nicht vor, mit dieser Welt in den Tod zu gehen. Ich will leben, versteht Ihr? Ich will meinen im Laufe der Jahre zusammengestohlenen Reichtum genießen!" Ein Seufzer war zu hören. "Ich weiß nicht, ob ich es wagen kann, mich Euch zu zeigen. Ich weiß nicht, ob man Euch trauen kann."
"Man kann, seid Euch dessen versichert."
"Und wie ist es mit dem kleinen Ungetüm auf Eurem Arm? Ist auch ihm zu trauen?"
"Ja."
"Könnt Ihr Euch für die Katze verbürgen?" Lakyr nickte.
"Wenn das nötig ist,ja." Da tauchte plötzlich aus dem Nichts die Gestalt des Diebes auf. Er war hager und hatte listige Augen.
"Ihr seid ein Magier?", vermutete Lakyr. Aber Grimmon schüttelte den Kopf.
"Nein, aber mein Vater war einer der Berühmtesten. Habt Ihr den Namen Grilujum Seonojim schon gehört?"
"Nein, entschuldigt, aber ich habe noch nichts von ihm gehört." Wie sollte Lakyr auch? Schließlich war dies hier eine andere Welt und vor einigen Tagen hatte er nicht einmal den Namen des Gottes dieser Welt gekannt. Grimmon runzelte die Stirn.
"Nun, so sollt Ihr wissen, dass Grilujun Seonojim..." Weiter kam der unsichtbare Dieb nicht, denn gerade in diesem Augenblick bohrte sich ein Pfeil zitternd in einen Balken, der sich unmittelbar neben Grimmon befand. Ein entsetztes Stöhnen folgte und dann machte er sich wieder unsichtbar. Von der anderen Straßenseite her waren barbarische Schreie zu hören. Aus der Deckung heraus bemerkte Lakyr, wie ein gutes Dutzend merkwürdiger, vermummter Gestalten auf sein Versteck zukam. Lakyr wusste nicht, ob sie ihn bereits entdeckt hatten oder nicht. Es war allerdings sehr wahrscheinlich. Sein Schwert lag fest in seiner Faust und er war bereit, sofort auf jeden einzudreschen, der ihm zu nahe kam. Aber insgeheim hoffte er noch immer, dass man ihn nicht entdeckt hatte. Allerdings sollte sich diese Hoffnung als trügerisch erweisen. Natürlich spürte man ihn auf. Düstere Gestalten standen ihm und seiner Katze gegenüber. Entweder trugen sie schwarze Kutten mit großen Kapuzen, die sie tief ins Gesicht gezogen hatten oder aber lange, wehende Gewänder. Manche trugen auch regelrechte Mäntel. Immer aber trugen sie verdeckte Gesichter, und Lakyr konnte sich ausmalen, warum. Viele hatten dicke Wolltücher um ihre Häupter geschlungen und sie so gebunden, dass nur noch ihre Augen zu sehen waren. Und in diesen Augen stand Pein. Unsagbare Pein - die Leiden einer ganzen, sterbenden Welt. Als Lakyr vor ihnen stand, hielt er in der einen Hand sein Schwert, mit der anderen trug er seine kleine bepelzte Freundin. Doch diese riss sich in diesem Augenblick von ihm los und sprang dem ersten Feind an die Gurgel. Lakyr hätte diesen bedauernswerten Geschöpfen gerne geholfen, aber nun standen sie ihm als Gegner gegenüber. Ihre Schwerter und Äxte zeigten ihm entgegen und waren bereit dazu, ihn aufzuspießen. Die Zweiköpfige wütete wie ein Teufel unter den Feinden. Bereits der zweite Unglückliche lag auf dem staubigen Boden - mit zerbissener Kehle. Noch ehe Lakyr irgendetwas hätte tun können, packten ihn von hinten raue Hände. Jemand nahm ihm das Schwert ab. Verzweifelt versuchte Lakyr sich loszureißen, aber die Griffe seiner Gegner waren zu stark. Er trat und boxte um sich, aber seine Lage war aussichtslos. Er wurde gepackt und weggeführt.
Ein Feuer loderte auf und einige seltsame Gestalten, Gestalten tanzten darum. Dazu sangen sie merkwürdige Melodien und schlugen auf ihren Trommeln. Hin und wieder wurden schrille Schreie
Weitere Kostenlose Bücher