mußte.
"Was geschieht?" rief Thauriach entsetzt aus.
"Der Ring setzt seine magischen Kräfte frei...", flüsterte Arl.
Es konnte ihrer aller Tod sein...
Ein ohrenbetäubendes Schrillen war jetzt zu hören und überall um sie herum war jetzt nur noch Licht.
"Wir werden sterben!" schrie Kir von irgendwo her.
Arl konnte ihn nicht sehen.
Ja, dachte er. Wir werden sterben.
Eine furchtbare Welle des Schmerzes fraß sich mit unbeschreiblicher Grausamkeit in ihn hinein.
Arl hatte das Gefühl zu fallen. Schwerelos schien er zu schweben und sich zu drehen. Vielleicht ist es das, dachte er. Der Bereich jenseits der Grenze, die der Tod darstellte.
Dann war plötzlich alles vorbei.
*
Der Schmerz, das Licht - alles war verschwunden und er bemerkte, daß er auf dem Boden lag.
Er schlug die Augen auf.
Über ihm war ein strahlend blauer Himmel. Eine schier endlose Graslandschaft erstreckte sich von Horizont zu Horizont. Kein Zweifel, dies war nicht mehr das Schattenland. Diese weite Ebene lag vermutlich irgendwo in den garamitischen Steppen. Die geballten magischen Kräfte des Ringes mußte ihn hier her versetzt haben...
Arl atmete tief durch.
Neben ihm befand sich die Leiche des Königs, an dessen toten Finger sich noch immer der Ring von Kuldan befand.
Arl erhob sich.
In der Nähe gewahrte er Kir, den Steuermann und Thauriach, den Zwerg. Kir lebte, aber der Zwerg lag reglos und mit starrem Blick da.
"Wie kommt es, daß wir überlebt haben?" fragte Kir.
"Ich weiß es nicht. Vielleicht..." Arl sprach nicht weiter.
"Was ist?"
"Vielleicht bist du noch zu wenig Realität und ich noch zu sehr Schatten, als daß uns die entfesselten Kräfte des Ringes töten konnten..."
Kir zuckte mit den Schultern und Arl beugte sich über Thauriachs reglosen Körper.
"Er ist tot", stellte er fast flüsternd fest.
Dann wandte er sich Krylls Leichnam zu. Er konnte den toten Fingern des Königs jetzt den Ring entwinden. Den Spiegel von Uz fand er in der Ledertasche am Gürtel.
"Spiegel, wie steht die Schlacht um Kalitrub?" fragte Arl.
"Sie ist beendet."
"Die Armee der Schatten...?
"Sie marschiert nicht mehr", war die lapidare Antwort.
"Und die Tore zum Schattenland, die Kryll errichtete? Wie kann man sie zerstören?"
"Sie brauchen nicht zerstört werden. Sie verblassen und werden in Kürze nicht mehr existent sein... Es gibt keine Kraft mehr, die sie speisen könnte!"
Dann zeigte der Spiegel ein endloses Schlachtfeld. Die Kraft, die toten Krieger immer wieder hatte auferstehen lassen, war nicht mehr wirksam. Die Untoten waren nun tot und Arl bemerkte, wie sie langsam verblaßten. Wie die Bilder eines bösen Traums, die sich nach und nach verflüchtigen...
"Was wirst du mit diesen magischen Werkzeugen tun, Arl?" fragte Kir.
Arl zuckte mit den Schultern.
Dann meinte er: "Wir vergraben sie hier. Kein Mensch wird sie hier inmitten dieser Steppe je wiederfinden können! Selbst wir nicht!"
Kir nickte.
"Ein guter Gedanke."
Arl bückte sich und hob mit den Händen ein kleines Loch aus. Dorthinein legte er den Ring und den Spiegel. Einen kurzen Moment lang zögerte er dann. Die Versuchung war groß. Mit raschen Bewegungen schüttete er das Loch schließlich zu und erhob sich wieder.
"Laß uns gehen!" wandte er sich an Kir.
"Und wohin?"
"Woher soll ich das wissen? Ich weiß ja noch nichteinmal, wo wir uns genau befinden."
Kir zuckte mit den Schultern.
Eine ungewisse Zukunft lag vor ihnen. Sie waren frei. So frei, wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Aber weder Arl, der einst der Namenlose gewesen war, noch Kir, einst Steuermann auf einem Schiff der Schatten, konnten in diesem Moment ermessen, was das wirklich bedeutete.
ENDE
John Devlin (Alfred Bekker)
Das Schiff der Orks
Fantasy-Roman
©2002, 2005 und 2010 bei Alfred Bekker
www.AlfredBekker.de
[email protected] Ein CassiopeiaPress-E-Book
Alle Rechte vorbehalten
Prolog
Ein hochgewachsener Mann in dunkler Kutte, deren Kapuze tief ins Gesicht gezogen war, ging durch die verfallenden Straßen des nächtlichen Ardassa.
Die Ruinenstadt stellte heute nur einen Abklatsch früherer Größe dar. War sie einst die zweite Hauptstadt des Reiches der Meeresherrscher gewesen, so wurde sie jetzt von dem sagenumwobenen Bettlerkönig beherrscht, der seine Anhänger in alle Welt aussandte. Einst, zur Zeit des Reiches der relianischen Meeresherrscher, war Ardassa eine Weltstadt gewesen. Jetzt rochen ihre zerbröckelnden Mauern nach Moder und eine Aura des Verfalls