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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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eingeschlossen hatte. Er sah, wie er mit Magolas in einer Barkasse vor die Küste Naranduins gesegelt war und seinen Bruder niederschlug, um zu verhindern, dass dieser der düsteren Magie der Insel erlag, woraufhin sie für viele Jahre kein Wort mehr miteinander sprachen.
    »Kinder der Finsternis sind wir jetzt beide!«, hörte Andir dann eine Stimme sagen, von der er nicht wusste, ob es die seines Bruders oder die seines Vaters war.
    Ein weiteres Mal schrie Andir auf.
    »Nein!«
    Ein verlorener, einsamer Laut in einem Meer aus Finsternis und Kälte – und der letzte Gedanke, zu dem Andir fähig war.
    Dann war nur noch das Nichts. Pure Dunkelheit, die ihn wie ein kaltes Leichentuch einzuhüllen schien.

    Die normalerweise elfenbeinfarbene, langfingrige Elbenhand war blau gefroren. Eine Totenhand, von Raureif überzogen, die zunächst leicht zuckte und sich dann zur Faust schloss.
    »Steh auf, größter Magier der Elben!«, sagte eine befehlsgewohnte Stimme.
    Andir hob den Kopf. Er hatte keine Ahnung, wie lange er auf dem kalten Felsgrund des Gipfelplateaus gelegen hatte.
    »Deine Augen sind schwarz wie die deines Bruders und deines Vaters«, stellte die Stimme fest. »Aber keine Angst, im Gegensatz zu deinem Bruder beherrscht dich die Finsternis nicht …«
    Andir erhob sich, und die vollkommene Dunkelheit, die seine Augen bis dahin erfüllt hatte, verschwand; er konnte es nicht sehen, spürte es aber. Allmählich kehrten auch seine Lebensgeister zurück, und die Kälte wich.
    Andir schützte die Augen mit der Hand vor dem grellen Leuchten in seiner unmittelbaren Nähe, in dem der Ursprung der Stimme zu liegen schien. Eine Gestalt aus Licht stand am Rand des Plateaus. Sie leuchtete so stark, dass es Andir zunächst unmöglich war, Einzelheiten zu erkennen. Aber er spürte die Aura, die von dieser Gestalt ausging, und so wusste er, noch bevor sich seine Elbenaugen an das grelle Licht gewöhnt hatten, um wen es sich handelte.
    »Brass Elimbor!«, stieß er hervor. »Ich hätte Eure Hilfe früher gebraucht. Die Finsternis erfüllt mich jetzt.«
    »Es ist so, wie es zu Anfang war.«
    »Mag sein, aber ich kann nicht sagen, dass ich diesen Zustand gutheiße. Ich habe stets darum gerungen, nicht von der Finsternis beeinflusst zu werden und …«
    »Sie war von Anfang an ein Teil deiner selbst, und es hat keinen Sinn, dies länger zu leugnen.«
    »Dann war ich von meiner Geburt an ein Diener des Bösen«, sagte der Elbenprinz heftig, »und es wäre besser, ich wäre vom Lebensüberdruss befallen worden und hätte mich von der Kaimauer in Elbenhaven gestürzt!«
    »Das ist Unsinn, Andir!«
    »So?«, fragte Andir herausfordernd.
    »Elbiana braucht die Hilfe seines größten Magiers. Eine furchtbare Gefahr droht der Elbenheit und allen anderen Völkern des Zwischenlandes. Xaror versucht sein Dunkles Reich erneut zu errichten. Die Geschöpfe des Limbus sind ihm untertan und werden alles tun, was er verlangt. Selbst diejenigen, die im heute noch dienen, sind nicht mehr sicher.«
    »Dunkelheit kämpft gegen Dunkelheit«, murmelte Andir.
    »Ist das wirklich alles, was es dazu zu sagen gibt, Andir? Wenn es so ist, dann wird deine Seele wahrhaftig von der Finsternis beherrscht. Aber hast du je darüber nachgedacht, dass etwas Finsternis in jedem sein muss, auch in demjenigen, der die Finsternis bekämpft? Wie könnte er sie sonst verstehen?«
    Andir war verwirrt. »Was … was soll ich tun?«
    »Es darf nicht gewartet werden, bis die Kinder des Lichts zu Kindern der Finsternis werden!«
    Es war Andir sofort klar, dass Brass Elimbor damit seine Neffen Daron und Sarwen meinte. Er schloss die Augen, um sich für einen Moment auf die sich anbahnenden Wege des Schicksals zu konzentrieren. Daron und Sarwen … Sie waren der Schlüssel. Sie waren die zwei, die das Schicksal der Elbenheit bestimmten würden. Sie erfüllten damit, was Andir und Magolas hätten erfüllen sollen …
    Als Andir die Augen wieder öffnete, war die von gleißendem Licht umflorte Gestalt verschwunden, und er war wieder allein auf dem Gipfel des Horns von Eldrana.

4. Kapitel
    Geschöpfe der Nacht

    »Seid still, Männer!«, rief Pantall, der Hauptmann der Norischen Garde, der die Wächter am Tempel der Sechs Türme befehligte.
    Es dämmerte, und die Männer haten ausgelassen schwatzend an ihren Feuern gesessen, doch sogleich verstummten sie – nicht nur, weil der Hauptmann es ihnen befohlen hatte, sondern weil sie merkten, dass im Inneren des Tempels etwas vor

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