Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
Lichts erinnerte ihn an die Wandelhallen in Elbenhaven.
    Der Mann, der sich vor ihm auf den Boden warf, trug Kleidung und Waffen eines norischen Gardisten. Die Tätowierung am Oberarm, die ihn darüber hinaus als Mitglied des Assassinen-Ordens kennzeichnete, war verdeckt.
    »Erhebe dich«, forderte Magolas den Norier auf.
    Der Gardist stand auf und nahm Haltung an. »Ich melde mich zum Bericht, o Sohn der Sonne!«
    Magolas befahl den Palastwachen, den Raum zu verlassen, sodass er mit dem Norier allein sprechen konnte. Der blick seiner nachtschwarzen Augen erforschte das Gesicht des Gardisten.
    »Öffne deinen Geist, Assassine!«, befahl Magolas. »Lass mich sehen, was du gesehen hast!« Den einen oder anderen Gedanken hatte er von dem ausgesandten Assassinen zwar empfangen, und so wusste Magolas bereits, was in der Taverne in Nor geschehen war. Geistige Verbindungen zu seinen Rhagar-Getreuen waren jedoch nie wirklich zuverlässig, weil sie häufig auch Sinnestäuschungen unterlagen und auch nicht so gut sahen oder hörten wie ein Elb, und so wollte der Großkönig alles noch einmal überprüfen. Er trat auf den Menschen zu, streckte die Hand aus und berührte mit den Fingerspitzen die rechte Schläfe des Noriers. Ein Schwarm pechschwarzer, insektenähnlicher und unruhig durcheinander schwirrender Teilchen drang aus Augen, Mund und Nase des Noriers. Für einige Momente waren dessen Augen so schwarz wie die des Großkönigs.
    Gedankenbilder erschienen in Magolas’ Kopf; er nahm die Erinnerungen seines ergebenen Assassinen in sich auf, sah, wie der Nordier die Armbrust aus kürzester Entfernung auf die Stirn seines Bruders richtete, der blutend vor seinem Mörder am Boden kniete, sah, wie der Bolzen durch Andirs Schädel fuhr und ihn zerplatzen ließ wie einen der Kürbisse, die Soldaten der Norischen Garde für ihre Zielübungen benutzten.
    Magolas’ Züge erstarrten zu einer Maske. Er hatte nicht gedacht, dass der Tod seines Bruders ihn dermaßen berühren würde. Wie nahe hatten sie sich doch einst gestanden – und wie weit hatten sie sich schließlich voneinander entfernt, bis es keine andere Möglichkeit mehr zu geben schien, als den eigenen Bruder zu töten.
    Finde deinen Frieden in Eldrana, dachte Magolas. Ob wir uns dort allerdings wiedersehen werden, ist fraglich, denn für das, was ich getan habe, werden die Eldran mich auf ewig hassen und mich nicht einlassen in ihr Reich; ich werde zu einem Maladran werden …
    Als Kind hatte ihn die Möglichkeit, nach dem Tod ins Reich der Verblassenden Schatten verbannt zu werden, so sehr geängstigt, dass er daraufhin den obersten Schamanen Brass Shelian gefragt hatte, ob es nicht eine Möglichkeit gäbe, sich dagegen durch magische Praktiken abzusichern. »Durch keine, die in Einklang mit den Prinzipien der Elbenmagie stehen«, hatte Brass Shelian ihm darauf geantwortet. »Nur dunkle Hexerei vermag so etwa zu vollbringen. Vielleicht. Und viel einfacher ist es, dein Leben so zu leben, dass man sich nach deinem Tod gern an dich erinnert. Dann ist dir der Einlass nach Eldrana sicher. Wobei ich mich wundere, dass sich ein so junger Elb über derlei Dinge Gedanken macht, da dir doch ein sehr, sehr langes Leben bevorsteht, so lang, dass die Rhagar es als Ewigkeit ansehen.«
    Neun Jahre war er damals gewesen – wobei die Zahl an Jahren nichts über den Entwicklungsstand eines Elbenkindes aussagte, da es weitgehend selbst sein Wachstum und die Geschwindigkeit seiner Reifung bestimmte.
    Auch die Situation vor der Küste Naranduins, als Andir seinen Bruder mit dem Paddel bewusstlos geschlagen hatte, stand Magolas noch einmal vor Augen. Die magische Aura der Insel hatte ihn auf eine unheimliche Art und Weise angezogen. Er war fasziniert von den dunklen Mächten gewesen, deren Kräfte dort seinerzeit immer noch spürbar gewesen waren.
    Ihre gegensätzliche Einstellung bezüglich der Finsternis in ihren Seelen war immer der Punkt gewesen, der sie am meisten unterschied, dachte Magolas.
    Die Rauchwolke aus den Partikeln eben jener Finsternis schwebte langsam, doch immer hektischer durcheinander wimmelnd auf Magolas zu und wurde von ihm durch Augen, Nase und Mund aufgenommen, bis sie vollkommen in ihm verschwunden war. Magolas schloss die Augen. Noch einmal durchforschte er den Geist des Noriers nach jeder verdächtig wirkenden Kleinigkeit. So schmerzhaft es auch war, er sah sich die Erinnerungen wieder und wieder an. Gleichzeitig konzentrierte er sich auf Andirs Geist. Aber da war

Weitere Kostenlose Bücher