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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Traum zu ersetzen!«
    »Das mag sein«, gab Keandir zu.
    »Durch Euren persönlichen Traum von diesem Reich Elbiana, das nichts mit dem zu tun hat, was wir gesucht haben!«
    »Ihr habt etwas Unerreichbares gesucht ― der Traum, den ich den Elben zu geben vermag, lässt sich verwirklichen, wenn wir es wollen. Das ist der Unterschied, Fürst Bolandor.« Keandir atmete tief durch. Er zog Schicksalsbezwinger wieder aus der Erde und steckte ihn zurück in die Scheide an seinem Gürtel. Seine Linke legte sich um den Griff, so als brauchte er etwas, an dem er sich festhalten konnte. »Ich werde niemanden daran hindern, an Bord seines Schiffes zu gehen und weiterzusegeln. Wohin auch immer. So wie jeder unter uns eine ganz persönliche Entscheidung zu treffen hat, habe ich eine Entscheidung für mich getroffen. Ich ziehe den erreichbaren Traum einer chimärenhaften Vision unserer Ahnen vor. Und ich ziehe diesen festen Boden und die Anstrengungen, die der Aufbau von Elbiana bedeuten, der Irrfahrt auf Totenschiffen vor, die nach modrigem Tang riechen und deren Holz so abgestorben ist, dass ihn sogar die Holzwürmer verschmähen.«
    Da trat der uralte Elb näherte an seinen König heran, auf eine Weise, wie es sonst niemand gewagt hätte, und nur einen Fußbreit bleib er vor Keandir stehen. Beide Elben waren etwa gleich groß. Ihre Blicke begegneten sich wie die Klingen zweier Schwerter. »Was, um alles in der Welt, ist mit Euch auf dieser verfluchten Insel geschehen, König Keandir?«
    »Vielleicht habe ich nur begriffen, wie falsch es ist, sich dem Schicksal zu ergeben«, versetzte Keandir. »Dass es richtig ist, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Vielleicht habe ich erkannt, dass man die Furcht besiegen und sich für seine Zukunft entscheiden kann, statt einem Traum zu folgen, den man selbst nie hatte!«
    Fürst Bolandor verzog erneut das Gesicht, wie es für einen Elben eher untypisch war. »Ja, vielleicht habt Ihr vieles über Euch selbst erfahren – und Euch offensichtlich noch mehr einreden lassen. Aber da ist noch etwas anderes, mein König. Eine dunkle Kraft, die mich schaudern lässt …«
    Doch Keandir ging auf diese Bemerkung nicht ein. Er trat einen Schritt zurück, ohne dass es wirkte, als wolle er Bolandor ausweichen, und sagte: »Folgt Eurem Traum von Bathranor, Fürst Bolandor. Ihr habt ihn mit unseren Vätern geteilt – ich und alle Seegeborenen nicht. Und viele von denen, die ihn einst teilten, haben ihn verloren und werden es sich gut überlegen, ob sie Euch folgen sollten. Aber ich werde Euch nicht hindern, wenn Ihr weiterhin nach Bathranor suchen wollt, sondern Euch sogar die besten Schiffe zur Verfügung stellen.«
    Fürst Bolandors Miene wirkte auf einmal sehr nachdenklich. Auch er trat zurück, ein Zeichen dafür, dass er nicht die direkte Konfrontation mit seinem König suchte, und drehte sich einmal herum, wobei sein Blick über die Reihen der anderen Mitglieder des Kronrats glitt. Die Meisten sahen zur Seite oder wichen auf andere Weise dem Blick des Fürsten aus. »Der Kronrat schweigt?«, rief er. »Niemand hat etwas dazu zu sagen? Niemand erhebt sich dagegen, dass der große Plan unserer Vorväter einfach verraten wird? So mancher unter Euch ist alt genug, um sich der Vision von Bathranor zu erinnern, die wir alle teilten und die uns über eine kleine Ewigkeit hinweg geradezu in einen rauschhaften Zustand versetzte. Sind nur eure Körper langlebig und eure Seelen so sprunghaft und vergesslich wie die der Menschen, deren Existenz so kurz war, dass sie schon bei der Geburt vom Tode gezeichnet waren.« Fürst Bolandor machte eine Pause und verengte die Augen; sein Blick fixierte Prinz Sandrilas, der ihm als Einziger furchtlos entgegensah. »Wollt ihr so werden wie die Menschen? Mir scheint, ihr bekommt immer größere Ähnlichkeit mit diesem bedauernswerten, groben Geschlecht.«
    »Die Menschen sind Legende«, sagte Keandir gelassen. »Sie haben nie existiert, und manche sagen, sie wären nur dem literarischen Einfall eines Chronisten entsprungen, der damit auf allegorische Weise etwas versinnbildlichen wollte.«
    »Ihr irrt, König Keandir«, widersprach Bolandor. »Die Menschen hat es wirklich gegeben. Und vielleicht existieren sie immer noch, irgendwo. Ich bin alt genug, mich ihrer zu entsinnen. Ich begegnete ihnen, atmete ihre Todesangst, die all ihre Taten, all ihre jämmerlichen Werke durchdrang, und ich kann nur zu den Namenlosen Göttern beten, dass die Elben diesen Barbaren nicht

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