Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)
nicht.
„Hrhrmmh.“ Dem Räuspern
folgte seine drängelnde Ansage: „Sie haben noch nicht den Keller, die Garagen
und die Außenanlage gesehen.“
Während wir gemeinsam das
Haus umrundeten, fiel mir eine dezente Hecke auf. Ich fragte danach.
„Sie markiert die Grenze
Ihres Grundstücks, auf dem Sie selbstverständlich tun und lassen können, was
Sie möchten.“
Meines Grundstücks? Na
bitte! „Ich kaufe das Gartenhaus.“
Er streckte mir seine Hand
entgegen, ich schlug ein.
„Unsere Anwälte regeln dann
die Formalitäten.“
Sag ihm jetzt bloß nicht,
dass du gar keinen Anwalt hast. „Einverstanden“, gab ich
zurück.
Zu der ungestümen Freude
über das Haus gesellte sich große Erleichterung, endlich aus dem Dunstkreis des
Ekeltypen zu kommen.
O bwohl erschöpft von meiner
Besichtigungstour zuhause angekommen, gönnte ich mir beim mittäglichen
Frühstück keine Denkpause. Viel größere Sorge als die Abwicklung des Kaufs
bereitete der neue Nachbar in spe. Ein eiskalter, bornierter Widerling.
Darüber mach dir bitte keine
Gedanken, das Problem wird in naher Zukunft verschwinden, brausten
sie.
Ich wollte ausdrücklich
nicht wissen, wie und warum.
Das Haus ist so groß, nachts
werde ich mich dort bestimmt fürchten, gab ich weiter zu bedenken.
Was hast du in dem Haus
gefühlt?
Verblüfft ging ich der seltsamen
Frage nach. Der Mann, irgendwie fühlte sich seine Nähe falsch an, dunkel,
jede Empfindung in dem Gebäude überschattend. Dann dachte ich an das
Observatorium. Ja, ein wunderschöner Moment reinen Glücks!
Du wirst in dem Haus
glücklich sein, das versprechen wir dir.
Nicht jedes zukünftige
Ereignis stand in den Sternen, wie ich später auf die harte Tour lernen musste.
A usgeschlafen startete ich in
den Dienstag. Langsam wurde mir klar, was mit dem Haus alles auf mich zukam.
Umzüge empfand ich, wie wohl viele Menschen, grundsätzlich als Albtraum. Diesmal
musste obendrein ein riesiges Haus mitsamt Küche eingerichtet werden. Das klang
nach einem Fulltimejob. Ein Segen, nicht mehr arbeiten zu müssen. Bei
diesem Gedanken fiel mir zum ersten Mal auf, dass niemand vorbeikam, anrief
oder Emails schickte, niemand mich vermisste.
Lilia, die Menschen, die du
kanntest, gehören der Vergangenheit an.
Mein Magen begriff schneller
als mein Verstand, beförderte den Tee knapp, aber wenigstens noch in die Spüle.
Heftiger Schwindel ließ mich den Beckenrand umklammern. Mit Gummiknien
schleppte ich mich schwer atmend zum Küchenstuhl hinüber.
Aber meine Freunde… Ihr
könnt doch nicht einfach mein Leben zerstören!
Du wirst neue Freunde finden , flötete
ihr Chor.
Das traf mich steinhart.
Wenn auch wenige an der Zahl, hing ich unendlich an ihnen. Tränen schwammen in
meinen Augen und ich versuchte, gegen meinen rebellischen Magen anzuschlucken.
Tief greifender Abschiedsschmerz, wie bei einer Beerdigung, presste mein Herz
zusammen. Die Sternelben versuchten singend Trost zu spenden. Sämtliche Brücken
in die Vergangenheit kippten wie Dominosteine. Bin ich wirklich bereit,
alles und vor allem mich selbst aufzugeben?
Du gibst dich nicht auf, du
bist auf dem Weg zu dir selbst.
Mein Selbst entwickelt sich
zu einer absolut Fremden, erwiderte ich.
Wie hoch würde der Preis
dieser mysteriös-verrückten Geschichte steigen? Unruhig tigerte ich durch die
Wohnung, mochte mich für keinen nächsten Schritt entscheiden. Echt paradox,
dass mich das beiderseits herrschende Schweigen nervös machte. Am besten
raus hier und einen ersten Streifzug durch Möbelhäuser unternehmen.
D ort kam ich nie an. In
beunruhigende Gedanken versunken fand ich mich vor Santa Christiana wieder.
Dummerweise war die Tür diesmal verschlossen.
„Hallo, möchten Sie in die
Kirche?“ Von dem Pfarrhaus kam ein Priester herüber und sah mich neugierig an.
„Ja, das wäre schön. Ich
dachte, sie sei immer offen“, antwortete ich und blickte ebenso neugierig
zurück.
Der Priester war etliche
Jahre jünger als ich, nein stopp, jetzt natürlich etwa fünfzehn Jahre älter.
Sein freundliches, offenes Gesicht, mit den Lachfältchen um die Augen, flößte
mir Vertrauen ein.
„Ich bin Lilia.“
Er ergriff die ausgestreckte
Hand. „Pater Raimund, kommen Sie, ich schließe auf. Schätze dürfen Sie in
unserer bescheidenen Kirche allerdings nicht erwarten.“
Ehrlich währt am Längsten:
„Nein, ich weiß, mir geht es um die Stille.“
In der Kirche empfing uns
bittere Kälte. War mir das bei dem ersten Besuch
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