Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)

erst einmal für vollkommenes Chaos unter den gefiederten Angreifern. Statt sich auf die Elbenkinder zu stürzen und sie mit ihren Schnäbeln zu attackieren, schwirrten sie plötzlich ziellos und krächzend durcheinander. Daron hatte den Vertreibungszauber auf sie gemünzt – und nicht auf den Nachtmahr.
    Und das zeigte die gewünschte Wirkung.
    Die Vögel flatterten wild durcheinander und schienen vollkommen orientierungslos. Manche landeten auch auf dem feuchten, schlammigen Boden inmitten der Finsternis, die auf dem Talgrund herrschte, und schienen sich erst einmal darüber zu wundern, was sie dort eigentlich wollten. Andere flogen gleich wieder davon, um den dunklen, furchteinflößenden Bereich am Boden wieder zu verlassen.
    Daron bemerkte, dass der Nachtmahr in der Eile nicht nur Raben versammelt hatte. Es waren auch ein paar Exemplare anderer Vogelarten in den Schwarm hineingeraten, und die sorgten für zusätzliche Unruhe. Ein junger Bergadler zum Beispiel, der sich von den Raben plötzlich bedroht fühlt, schnappte mit seinem Schnabel nach ihnen.
    Um die Verwirrung unter den Angreifern noch zu verstärken, ließ Daron aus dem Stein, den er aus der kleinen Felsenhöhle herausgeholt hatte, noch einmal eine Feuersäule emporzüngeln.
    Das magische Feuer schoss hoch empor – dreimal so hoch, wie der Mast eines gewöhnlichen Elbenschiffs reichte, mit denen König Keandirs Seeleute die Meere besegelten.
    Die Vögel stoben nach allen Seiten davon.
    In der Ferne war das teils verwunderte, teils entsetzte Aufschreien des Nachtmahrs zu hören. Er flatterte ein wenig tiefer, geriet dadurch aber wieder in den Wirkungsbereich von Sarwens Vertreibungszauber, dem er hatte ausweichen wollen. Wütende Schreie ausstoßend, die wie die Rufe wilder Tiere klangen, flog auch er davon und verschwand zusammen mit den von ihm gerufenen Vögeln hinter den Gipfeln der nächsten Bergkette.
    Daron vernahm Sarwens erleichterte Gedanken: „Das wäre geschafft!“
    „Fragt sich nur, was sich diese Kreatur als nächstes einfallen lässt.“
    „Woher hast du gewusst, was der Nachtmahr vorhat?“, fragte Sarwen ihren Zwillingsbruder.
    „Ich wusste es nicht“, antwortete er. „I c h habe es bestenfalls geahnt.“
    „Wird Zeit, dass wir hier fortkommen.“
    „Ich weiß, Sarwen.“
    „Leider wird das jetzt wohl noch schwieriger werden. Rarax ist so geschwächt, dass es mir schleierhaft ist, wie wir ihn je wieder in die Luft bekommen sollen.“
    „Haben wir das nicht auch geschafft, nachdem wir ihn einst mit gebrochenem Flügel aufgefunden haben?“
    „Ja, schon …“
    „Siehst du.“
    „Aber ich habe keine Lust, hier vielleicht Jahre oder Jahrzehnte in diesem finsteren Tal zu verbringen“, äußerte Sarwen ihre Befürchtungen. „Zumal mir die Finsternis, die hier herrscht, auch einen üblen Einfluss zu haben scheint. Zumindest, wenn man ihr länger ausgesetzt ist.“
    Daron hatte es auch schon bemerkt. Es war eine Wirkung, die nur sehr schleichend einsetzte und die man kaum bemerkte, wenn man nicht genauer darauf achtete und auch nicht die nötige magische Auffassungsgabe dafür hatte.
    „Die Finsternis dieses Tals schwächt auf die Dauer den Willen“, stellte Daron fest.
    „Genauso sehe ich das auch“ , erwiderte Sarwen.

    Der Spuk war so schnell vorbei, wie er begonnen hatte. Wenig später war der Himmel über dem Tal wieder strahlend blau, statt von einem Schwarm angreifender Vögel verdunkelt zu werden, aber sowohl Sarwen als auch Daron war klar, dass der Nachtmahr jederzeit wieder auftauchen und seine Attacke wiederholen konnte, und dann mussten sie bereit sein.
    Die Bergkobolde waren während des Vogelangriffs im Boden verschwunden. Nur eine Schar besonders mutiger kleiner Krieger um Brathold Feuerbart hatte ausgeharrt und sich das Schauspiel dieses magischen Kampfes angesehen.
    Kramso Donnerstampfer gehörte zu dieser Gruppe, denn trotz seiner Wut hatte er es unter der Erde nicht lange ausgehalten und war schon wenige Augenblicke später an einer anderen Stelle wieder aus dem Boden gestiegen. Da war er so groß gewesen, dass er Daron sogar bis zu den Knien gereicht hätte. Offenbar konnten die Bergkobolde ihre Körpergröße nach Belieben verändern.
    Nun war Kramso wieder geschrumpft. Wodurch das bewirkt worden war, wusste Daron nicht, und es war auch nur eine von vielen Fragen, auf die er keine Antwort hatte.
    „Du bist wahrhaft mächtig, du und deine Begleiterin, die das Flugungeheuer beschützt“, grummelte