Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
hörbar, aber immer noch laut genug für ein empfindliches Elbengehör.
Einen Tag und eine Nacht flogen sie über die Ebenen von Mittel-Elbiana. Rarax wurde mit der Zeit immer langsamer, und es war bald klar, dass sie eine Rast einlegen mussten und sie den Zeitplan, den sie sich vorgenommen hatten, nicht einhalten konnten. So machten sie in den Bergen nördlich von Nithrandor eine Pause, blieben fast einen Tag dort und flogen dann erst weiter, weil sich Rarax sonst zu sehr erschöpft hätte.
Als endlich der Elbenturm zwischen den Bergen von Hoch-Elbiana vor ihnen auftauchte, waren sie sehr erleichtert, und wenig später erspähten sie auch die Küste und die Mauern von Elbenhaven, der Hauptstadt des Elbenreichs.
„Ich schlage vor, wir bringen zuerst die Steine zum Elbenturm“, sandte Daron einen Gedanken an seine Schwester.
Waffenmeister Thamandor hatte seine Werkstatt auf dem Gipfel dieses turmähnlichen Felsens, weil manche seiner Experimente äußerst gefährlich waren und er deshalb außerhalb der Stadt Elbenhaven arbeiten musste. Damit lag die Erfinderwerkstatt des Waffenmeisters sozusagen auf dem Weg der beiden Elbenkinder.
Aber Sarwen widersprach ihrem Bruder. „Erst müssen wir zu Großvater“, sagte sie laut. „Der wird sicher schon auf uns warten, und wenn Herzog Isidorn ihm eine Brieftaube geschickt hat, wird die uns in der Zwischenzeit überholt haben und Großvater sich allmählich doch Sorgen über unseren Verbleib machen.“
Das war nicht ganz richtig so, denn zwischen Daron und seinem Großvater bestand ein enges geistiges Band, und aus der nun geringen Entfernung würde Keandir spüren, dass es seinem Enkel gut ging. Dennoch willigte Daron ein, denn es eilte ja nicht, Waffenmeister Thamandor die Steine des magischen Feuers zu bringen, und der Elbenkönig war sicherlich gespannt darauf zu erfahren, wie es den Zwillingen auf ihrer Reise nach Berghaven ergangen war.
So flogen sie zur Burg Elbenhaven, die zusammen mit der Stadt und dem dazugehörigen Hafen am Meeresufer lag. Der Hafen war der größte in ganz Elbiana, und Schiffe aus aller Herren Länder lagen dort vor Anker, um mannigfaltigen Handel zu treiben.
Das Auftauchen des Flugungeheuers mit den beiden Elbenkindern verursachte kaum Aufsehen unter den Bewohnern der Stadt, denn sie waren den Anblick eines Riesenfledertiers, das von zwei Elbenkindern geritten wurde, längst gewöhnt.
Rarax landete gleich bei den Stallungen der Elbenpferde im äußeren Burghof, wo auch das Riesenfledertier seinen Platz hatte und vom Stallmeister versorgt wurde. Um den schweren Sack mit den Steinen des magischen Feuers zum Palas im inneren Burghof zu transportieren, nahmen die beiden eines der Elbenpferde, die den Gedankenbefehlen ihrer Reiter gehorchten. In diesem Fall gingen Daron und Sarwen allerdings neben dem Tier her. Nach der langen Zeit, die sie auf Rarax‘ Rücken gesessen hatten, wollten sie sich ein bisschen die Füße vertreten.
König Keandir erwartete sie bereits. Bei ihm befanden sich zwei seiner engsten Gefolgsleute, die ihn im Thronrat beratend zur Seite standen: Prinz Sandrilas und Lirandil der Fährtensucher.
„Eure Sorgen waren wohl unberechtigt, mein König“, sagte Lirandil.
„Um ein Haar hätte ich schon jemanden ausgeschickt, um euch zu suchen“, erklärte König Keandir seinen Enkeln, die er daraufhin erst einmal in die Arme schloss. „Aber dann spürte ich, wie ihr euch nähertet und dass ihr nicht in Gefahr wart.“ Er erzählte ihnen auch, dass er tatsächlich schon eine Brieftaubennachricht von Herzog Isidorn erhalten hatte und daher vom glücklichen Ausgang ihrer Mission wusste.
„Wir mussten eine Rast einlegen, weil Rarax durch den Angriff des Nachtmahrs noch so schwach war“, erklärte Sarwen.
„Ich hatte schon befürchtet, euch wäre etwas geschehen“, gab Keandir zurück. Er deutete auf den Sack mit den Steinen des magischen Feuers, der am Sattel des Elbenpferds festgebunden war. „Was habt ihr denn da mitgebracht?“, erkundigte er sich, trat auf das Pferd zu und berührte das Gewebe aus Erdspinnenseide mit den Fingerspitzen der rechten Hand.
Die Augen des Königs wurden mit einem Mal ebenso schwarz, wie es bei Daron und Sarwen geschah, wenn sie ihre magischen Kräfte konzentrierten. Eine Falte erschien auf der ansonsten sehr glatten Stirn des Elbenherrschers.
„Das … ist doch nicht möglich!“ murmelte er, denn durch seine besonders ausgeprägten Sinne spürte er sogleich, was sich in dem Sack
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