Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
das ›Buch der Vertreibungsmagie‹ unbeschadet mitgebracht, so wie es uns unser Großvater aufgetragen hat“, ergänzte Sarwen und holte es hervor.
„Ihr zwei ahnt ja nicht, wie sehr wir euer Erscheinen herbeisehnten“, meinte Isidorn. Er deutete auf Asagorn. „Diese Quallenkrabblerplage ist die schlimmste seit Elbengedenken, und mein Sohn hat extra die Schiffsreise von Meerland her auf sich genommen, um mir beizustehen. Er hat alle Magier und Schamanen seines Herzogtums mitgebracht, in der Hoffnung, dass sie zusammen mit denen von Berghaven stark genug wären, die Quallenkrabbler zu vertreiben.“
„Aber das waren sie leider nicht“, ergriff Herzog Asagorn das Wort und deutete mit der Hand Richtung Hafen. „Jetzt liegt mein Schiff dort bei den anderen und ist unter Abertausenden von Quallenkrabblern völlig begraben, deren Gewicht es tief ins Wasser drückt. Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht nach Meerland zurückkehren, denn es ist derzeit unmöglich, die Schiffe von diesen Geschöpfen zu befreien, dazu sind es einfach zu viele.“
„Dachte ich’s mir doch“, sandte Sarwen einen Gedanken an Daron. „Nicht nur unsere Dienste als Boten, sondern auch als magiebegabte Wunderkinder sind hier gefragt.“ Ihren lautlosen Kommentar bekamen die beiden Herzöge natürlich nichts mit.
„Na, dann wollen wir mal sehen, was sich machen lässt“, sandte Daron zurück.
Sarwen übergab Isidorn das „Buch der Vertreibungsmagie“. Der Herzog nahm es entgegen, blätterte darin herum und besah sich die kunstvollen Elbenrunen, die man in der Alten Zeit verwendet hatte und mit denen die Seiten eng beschrieben waren.
„Ihr solltet Daron und mich den Vertreibungszauber durchführen lassen“, riet das Elbenmädchen. „Ich hatte Gelegenheit, mich in dieses Buch zu vertiefen und habe einiges über die darin enthaltenen Zaubersprüche herausgefunden.“
„Die magischen Fähigkeiten von euch beiden sind im ganzen Elbenreich bekannt“, sagte Isidorn. „Und so sehr ich sonst unsere Magier und Schamanen schätze, ich fürchte, sie sind auch gemeinsam nicht stark genug, den Zauber zu wirken. Schließlich war alles, was sie bisher versucht haben, mehr oder minder erfolglos.“ Er gab Sarwen das Buch zurück. „Ich denke, angesichts der unübersehbar großen Not, die hier herrscht, wird niemand von ihnen etwas dagegen haben, wenn man euch in dieser Sache den Vortritt lässt.“
„Auch wenn ihr Kinder seid …“, ergänzte Asagorn, dessen Hand sich um den Griff des prächtigen Elbenschwerts schloss, das er am Gürtel trug.
Herzog Isidorn wandte sich seinem Sohn zu. „Sie sind nur scheinbar Kinder“, erinnerte er. „In Wirklichkeit sind sie älter als manch ausgewachsener Elb. Sie haben es zwar vorgezogen, körperlich nicht weiterzuwachsen, doch das bedeutet nicht, dass sich ihr Geist nicht weiterentwickelt hätte. Mag sein, dass sie wie Kinder aussehen, aber mit der Zeit habe ich gelernt, die Dinge nicht nach ihrem Äußeren zu bewerten.“ Er lächelte Daron und Sarwen an. „Wie alt seid ihr? Über hundert Jahre müssten es doch schon sein, oder?“
„Ja, so ist es“, bestätigte Daron.
Isidorn sah den Elbenjungen einen Moment lang an und richtete dann den Blick wieder auf seinen Sohn. „Du warst nicht einmal halb so alt, als man dich zum Herzog ernannte.“
Daron war es unangenehm, über dieses Thema zu sprechen. Er hatte sich entschieden, zunächst einmal nicht weiterzuwachsen, denn solange er noch Kind war, konnte ihn sein Großvater, der König von Elbiana, nicht zu seinem Nachfolger ernennen. Daron war sich nämlich längst nicht sicher, ob es sein Lebensziel war, Herrscher aller Elben des Zwischenlands zu werden.
Davon abgesehen war es das Recht jedes Elbenkinds, so viel Zeit für sein Wachstum in Anspruch zu nehmen, wie es wollte. Es hatte sogar schon Elben gegeben, die niemals körperlich erwachsen geworden waren.
Bei Sarwen lagen die Dinge anders. Sie wollte Schamanin werden, da sie sich für die Magie der Totengeister interessierte. Aber dem Schamanenorden konnten nur Erwachsene beitreten, das war in den Ordensbestimmungen so festgelegt. Doch Sarwen hatte sich mit ihrem Wachstum ihrem Zwillingsbruder angepasst, da sie nicht allein groß werden wollte.
„Die Magier und Schamanen sollen sich im inneren Burghof versammeln“, bat Sarwen.
„Nicht auf dem höchsten Turm?“, fragte Isidorn.
„Nein, genau hier“, bestimmte Sarwen. „In diesem Fall ist das der bessere Ort, das spüre
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