Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
verbracht hatte, selbst davon überzeugen, dass es wirklich so war, wie er behauptete.
Der Nebelmann breitete die Arme aus und wuchs dabei auf die drei- bis vierfache Größe an. Zugleich wurde sein Körper wieder zu Nebel, der in alle Richtungen auseinander stob. Dazu murmelte ein ganzer Chor von Stimmen unverständliche Silben. Es klang wie eine sinnlose Aneinanderreihung von Lauten. Aber Daron und Sarwen wussten, dass dies nicht der Fall war.
„Es sind die Namen der Waldgeister“, stellte Sarwen fest. „Der Nebelmann kennt sie offenbar alle. Deswegen ist es ihm stets gelungen, sie zu beruhigen.“
„So wie Sorabos den Nebelmann rufen konnte, indem er dessen wahren Namen kannte, vermag der Nebelmann offenbar auch die Waldgeister zu beeinflussen“, sagte Daron erstaunt, denn die Wolken aus kleinen, dunklen und durcheinander schwirrenden Teilchen lösten sich auf.
Aber vielleicht konnte man sie nun auch nur einfach schlechter sehen, denn der Nebelbaum war wieder von dichten Schwaden umgeben, in denen die vielen Gesichter des Nebelmanns erschien und die wahren Namen der Nebelgeister sprachen.
Eine ganze Weile verging, ehe sich die Wut dieser furchtbaren Geister legte, die den Geheimen Wald um ein Haar in den Abgrund gerissen hätten.
Die rauchähnlichen Wolken kleiner schwarzer Teilchen zogen sich ins Erdreich zurück, durch das sie zuvor in den Geheimen Wald eingedrungen waren. Auch der Nebel sammelte sich wieder, genau vor dem Haus des Faunkönigs, und abermals bildete sich die Gestalt des Nebelmanns, aber diesmal sehr viel kleiner. Er war nun kaum größer als die Trork-Ritter, schien dafür jedoch nicht mehr aus Nebel zu bestehen, sondern wirklich greifbar zu sein.
Die Gesichtszüge zeigten einen müden Ausdruck. Die Waldgeister zu vertreiben musste ihn sehr angestrengt haben. Daron und Sarwen konnten dies zudem deutlich spüren.
„Dragas-Pan!“, sprach Daron den Nebelmann an, als sich dessen Gesicht bereits wieder aufzulösen begann und unklarer wurde.
Das Wesen wandte sich Daron zu. „Dragas-Pan, das ist der Name, der mir von allen, die ich je getragen habe, am besten gefiel.“
„Dann sollte es dir nicht schwerfallen, ihn in deinem Gedächtnis zu behalten und niemand anders mehr zu sein als Dragas-Pan“, schlug Daron vor.
Der Nebelmann sah den Elbenjungen erstaunt an. Er schrumpfte auf Darons Größe zusammen und wurde ebenfalls zu einem Jungen, dessen Gesicht aber starke Ähnlichkeit mit Dragas-Pans vorherigen Zügen hatte. Auf seinem Haupt bildete sich sogar Mooshaar, wie es normalerweise die Dryaden kennzeichnete.
„Was weiß ein so kurzlebiges Wesen wie du über all diese Dinge?“, sagte er und bediente sich dabei der Elbensprache. „Ich kann in deinen Geist blicken und sehe alles darin, was du weißt und erlebt hast. Darum beherrsche ich nun auch deine Sprache, obwohl es die noch gar nicht gab, als ich mich zuletzt schlafen legte. Und ich weiß auch von der Macht der Dunkelheit, die in dir so stark ist. Aber was, bitte schön, weißt du dagegen schon über mich? Nichts. Und dennoch willst du mir Ratschläge erteilen?“
„Nein“, sagte Daron. „Aber ich möchte, dass die Gefahr durch die Waldgeister ein für alle Mal gebannt ist und dass so etwas Schreckliches wie das, was wir gerade erleben mussten, nie wieder geschieht. All die Zentauren, die zu Bäumen wurden, die Riesenfledertiere, die Katzenkrieger und Dryaden des Dorfes - wer weiß schon, wie viele Wesen der Wut der Waldgeister zum Opfer gefallen sind, Dragas-Pan.“
Indem Daron diesen Namen noch einmal aussprach, bewirkte er, dass die Gesichtszüge des Jungen, zu dem der Nebelmann geworden war, noch deutlicher hervortraten.
„Es gab ein Feuer im Wald, und ihr habt es mit Feuer bekämpft“, stellte er fest. „Ich sehe es in deinen Gedanken. Und ich lese darin auch, dass du glaubst, damit die Wut der Waldgeister heraufbeschworen zu haben.“
„Nicht nur wir glauben das“, mischte sich Sarwen ein. „Vor allem die Faune und Dryaden sind dieser Ansicht, sonst wären wir gar nicht auf den Gedanken gekommen.“
„Deshalb müssen wir auch mit weiteren Angriffen dieser Ungeheuer rechnen, sobald die Wirkung deines Zaubers nachlässt“, fügte Sorabos hinzu.
Dragas-Pan runzelte die Stirn, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, das müsst ihr nicht. Nicht für die nächsten tausend oder vielleicht auch zehntausend Jahre.“ Auf Dragas-Pans Jungengesicht, das gar nicht mehr nebelgrau, sondern beinahe hautfarben geworden
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