Elbensturm: Die Zwerge von Elan-Dhor
Einklang mit der Natur lebende Elbin sein musste.
»Trotzdem – ich hatte zumindest gehofft, dass es nicht ganz so schlimm sein würde. Aber das hier … Machen wir uns nichts vor: Wir sind verloren! Wir werden nicht einmal von diesem Berg herunterkommen. Es gibt keinen Weg und …«
»Lass das nur meine Sorge sein«, unterbrach Barlok sie. »Ein Zwerg braucht keinen Weg, um sich im Gebirge zu bewegen. Es wird nicht einfach werden, aber ins Tal werden wir gelangen. Nur, was nutzt uns das? Wir müssen essen und trinken. Wasser können wir vielleicht finden, aber woher sollen wir feste Nahrung bekommen? Dieses Land dort unten ist völlig tot. Dort wächst nichts. Selbst wenn wir es erreichen, werden wir dort verhungern.«
Er ließ seinen Blick noch einmal über die trostlose Ebene wandern und ballte die Fäuste. Sollte das etwa ihr Schicksal sein? Waren sie der ewigen Gefangenschaft innerhalb des Tores nur entronnen, um nun hier elend zugrunde zu gehen? Er weigerte sich, daran zu glauben. So grausam konnte das Schicksal einfach nicht sein!
Er war Krieger, sogar einer der berühmtesten Kriegshelden von Elan-Dhor. Im Kampf gegen die Dunkelelben hätte er mit Freuden sein Leben gegeben, um sein Volk zu retten, und nichts anderes als den Tod hatte Barlok auch erwartet, als das Tor ihn verschlungen hatte. Davor hatte er keine Angst. Er hatte stets daran geglaubt, dass er eines Tages im Kampf den Heldentod sterben würde. Dementsprechend wäre es ihm lieber gewesen, inmitten einer gewaltigen Schar von Feinden aus dem Tor herauszutreten und von ihnen niedergemacht zu werden, als hier im Nirgendwo einer fremden Welt erbärmlich zu verhungern oder zu verdursten.
»Das Leben ist zäh und hartnäckig«, behauptete Thalinuel. Sie schien den ersten Schock überwunden und sich wieder etwas gefangen zu haben. »Es lässt sich nicht so leicht ausrotten, sondern überdauert oft im Verborgenen und kehrt an den unverhofftesten Orten zurück. Ich vermute, nicht einmal dieses Land hier ist völlig tot. Irgendwelche Pflanzen werden selbst diese Verheerungen überstanden haben.«
»Vielleicht ein paar Gräser oder Flechten, aber ich kann weit und breit keine Bäume oder Büsche entdecken, sodass wir uns von Obst oder Beeren ernähren könnten.«
»Wir werden sehen. Erst einmal müssen wir das Tal überhaupt erreichen. Wie ich dir schon gesagt habe – ich habe eine schwere Zeit durchgemacht, bevor ich in das Tor geriet. Mein Körper ist davon noch ziemlich geschwächt.«
Barlok trat bis unmittelbar an die Felskante und blickte noch einmal in die Tiefe. Von dem Plateau aus fiel das Gestein in jeder Richtung fast lotrecht mindestens ein halbes Dutzend Meter ab, viel zu hoch für einen Sprung auf den unebenen Fels. Ein gebrochenes Bein würde in dieser Umgebung den sicheren Tod bedeuten.
Sorgfältig musterte er die Felsen und entdeckte eine Stelle, an der sie deutlich rauer und zerklüfteter waren. Dort gab es eine Menge kleiner Vorsprünge und auch Vertiefungen im Gestein, die einem Kletterer Halt boten.
»Sieh dir das an«, sagte er. »Traust du dir zu, hier hinunterzuklettern?«
Thalinuel zögerte einen Moment, dann nickte sie.
»Normalerweise würde ich das sogar mit verbundenen Augen schaffen«, behauptete sie. »Aber auch so dürfte es kein allzu großes Problem sein. Immerhin bin ich eine Elbin, und hier geht es eher um Geschicklichkeit als um Kraft.«
»Dann los. Ich klettere zuerst. Solltest du abrutschen, kann ich dich dann immer noch …«
»Warte!« Thalinuel ergriff ihn mit einer Hand am Arm und hielt ihn zurück, mit der anderen deutete sie auf etwas Dunkles, das hoch über der Ebene am Himmel kreiste. »Was ist das?«
Auch Barlok starrte in die angegebene Richtung, konnte aber nicht mehr als einen winzigen Punkt erkennen.
»Wohl nur ein Vogel«, sagte er nach einigen Sekunden und zuckte mit den Achseln.
»Dafür ist es zu groß. Es fliegt sehr hoch und ist viel weiter entfernt, als es den Anschein hat«, widersprach Thalinuel. »Wenn das ein Vogel ist, dann muss er gigantisch sein.«
»Deine Augen sind offenbar wesentlich schärfer als meine. Worum es sich handelt, kannst du nicht erkennen?«
»Nein, aber es gefällt mir auf jeden Fall nicht. Solange wir nicht mehr über diese Welt wissen, sollten wir zunächst einmal alles als Gefahr betrachten, was sich nicht als harmlos erwiesen hat. Und was immer es ist, ich habe das Gefühl, dass es uns besser nicht entdecken sollte. Gehen wir lieber in Deckung.«
Sie
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