Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
Zwiegespräch zwischen Iviidis und dem Baum nicht zu stören. Er verharrte am Rand von Iviidis’ Gedankenstrom und wartete.
    Ganz in der Ferne spürte er, wie jemand über ihn wachte. Er war alt, älter als die Bäume rundum. Olkodan schwindelte, als er einen flüchtigen Blick in das fremde Ich tat und sah, wie tief und in welch ferne Vergangenheit dessen Erinnerungen reichten, und er zog sich hastig davon zurück, voller Angst, sich darin zu verlieren und den Weg zurück nie wiederzufinden.
    Ein Echo davon konnte er in Iviidis spüren, deren geduldige Stimme nun zu sprechen begonnen hatte. Dazwischen, mit den langen Pausen, die er nun schon kannte, dröhnte die tiefe Stimme der Ulme, dann wieder hörte er Iviidis antworten. Er wollte das Gespräch nicht mit seiner Gegenwart stören, deshalb konnte er nicht verstehen, was zwischen seiner Frau und dem Baum vorging.
    Eine lange Zeit verstrich. Schließlich fühlte er, wie Iviidis nach ihm griff. Sie lässt mich gehen , sagte sie. Ihre innere Stimme klang zu Tode erschöpft. Ich sollte mich aber beeilen, ehe sie es sich anders überlegt. Ich brauche deine Kraft, Olko. Wenn ich dir das Zeichen gebe, zieh mich raus.
    Sie sammelte alles an Kraft, was sie noch besaß, und drängte die Baumhöhlung auseinander. Zögernd wich das Holz beiseite und gewährte ihr den Platz, sich aufzurichten. Ich muss hier raus , hörte Olkodan sie murmeln. Keine Luft .
    Er spürte, wie der Baumstamm erzitterte. Knarrend bildete sich ein Spalt zwischen seinen Handflächen und erweiterte sich langsam zu einer schmalen Öffnung.
    Licht , murmelte Iviidis erleichtert. Nun hilf mir heraus, Liebster.
    Olkodan schloss die Augen und ließ seinen Willen und seine Kraft in die entstandene Höhlung fließen. Er hörte, wie Trurre nach Luft schnappte.
    Eine helle Hand glitt aus der Öffnung. Dann folgte der Arm, ein Stück Schulter, der gesenkte Kopf.
    »Das ist zu eng«, flüsterte der Zwerg. Olkodan ließ sich nicht beirren.
    Iviidis ächzte, als ihre Schultern sich aus dem engen Spalt zwängten und die raue Rinde dabei über ihre Haut kratzte. Olkodan ergriff ihre Arme und begann fest zu ziehen.
    »Langsam«, keuchte Iviidis. »Ich habe Angst, dass meine Beine sonst stecken bleiben.«
    Endlich kam sie mit einem Ruck frei, und beide fielen übereinander auf den Waldboden. Olkodan umarmte seine Frau, die sich fest an ihn klammerte. Ihr ganzer Körper bebte vor Anstrengung. Er strich ihr zärtlich über den Kopf und sah zu seinen Begleitern auf. Überrascht stellte er fest, dass es inzwischen tiefe Nacht geworden war. »Haben wir irgendwo etwas zu trinken für sie?«, fragte er.
    Trurre öffnete wortlos seinen Rucksack und zog den Bierkrug heraus. »Hab einen Schluck verwahrt«, erklärte er.
    Der Elb lachte und hielt Iviidis den Krug hin. »Hier. Hast du Hunger? Wir haben nur Zwergen-Notrationen.«
    Iviidis setzte sich auf und strich das zerzauste Haar zurück. »Ich fühle mich, als hätte mich jemand durch einen Dornbusch geschleift«, sagte sie. Ihr Blick fiel auf Alvydas, der schweigend neben dem Baum stand. »Alvydas«, sagte sie. »Wie bist du denn hierhergekommen?«
    »Die beiden Herren haben mich hergebracht«, sagte der Elb schmunzelnd.
    Iviidis drehte sich zu dem anderen »Herrn« um und riss die Augen auf. »Ihr Ewigen«, sagte sie. »Ich dachte, du machst einen Witz mit den Zwergenrationen.«
    »Trurre Silberzunge, zu deinen Diensten«, sagte Trurre und verbeugte sich.
    Iviidis verneigte sich, so höflich ihr das im Sitzen möglich war, und sah dann flehend ihren Mann an. »Du erklärst mir das alles irgendwann, ja?« Sie trank aus dem Krug und schüttelte sich ein wenig.
    Trurre richtete sich auf. »Wir sollten überlegen, was wir jetzt machen«, sagte er. »Die Hütte war verlassen. Sollen wir fürs Erste dorthin zurückkehren?«
    »Nein«, stieß Iviidis hervor. »Bitte, nicht dorthin zurück!« Olkodan legte seinen Arm um sie und schüttelte den Kopf. Alvydas löste sich von dem Baum und kniete sich neben sie. »Ich würde auch vorschlagen, dass wir zur Hütte gehen«, sagte er leise. »Dort wird dich niemand vermuten.« Er musterte Iviidis eindringlich. »Wer auch immer dich entführt hat – er wird nach dir suchen. Oder?«
    Iviidis schloss die Augen und nickte mit schmerzverzerrter Miene.
    »Wer war es?«, fragte Olkodan. »Wer hat dich entführt – und warum?«
    Iviidis schüttelte stumm den Kopf. Sie rang sichtlich um Fassung. Dann sah sie Olkodan mit einem Blick an, der ihm das

Weitere Kostenlose Bücher