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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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wohin ich gehöre.«
    Mondauge drehte den Kopf, ohne sie aus den Augen zu lassen. Lootana seufzte und setzte sich neben sie. Sie musterte Rutaaura aufmerksam. »Du siehst aus wie eine Frau, die stolz auf das ist, was sie aus eigener Kraft erreicht hat«, sagte sie mit einer gewissen Härte in der Stimme. »Ich kann nicht für die Dunklen sprechen – sie dulden mich hier, weil ich Windgesangs Gast bin und weil ich es als meine Aufgabe betrachte, unser Volk wieder zu vereinen. Obwohl das nicht alle hier wünschen«, fügte sie mit einem resignierten Lächeln hinzu. Mondauge brummte zustimmend.
    »Aber sie haben eine Regel, die ich immer akzeptiert habe, auch wenn es mir schwergefallen ist«, fuhr Lootana fort. »Wer nicht hier im Tal geboren wurde, muss den Weg zu ihnen aus eigener Kraft finden. Der Wunsch und der Wille muss stark genug sein.« Sie sah ihre Mutter an. »Du weißt, was ich von dieser Regel halte«, sagte sie.
    Mondauge nickte. »Das Gleiche wie ich«, sagte sie bitter. »Viele finden nie den Weg zu uns, die dennoch wertvoll für uns wären – und manche, wie Nebelherz, kämpfen sich vom Herzen des Wandernden Hains bis zu uns durch und sind trotzdem verloren für unser Volk …«
    »Dann ändert die Regel«, sagte Rutaaura heftig. »Ich mag stolz darauf sein, dass ich es hierher geschafft habe – aber das ist ein Stolz, der bitter schmeckt. Lieber wäre es mir gewesen, früher von meiner Großmutter zu wissen und von ihr lernen zu können.«
    »Das ist jetzt alles müßig«, sagte Mondauge mit leisem Bedauern. »Wir sind nun hier zusammengetroffen, und eine erneute große Umwälzung steht uns bevor. Wenn unser Volk den nächsten Umlauf überlebt, braucht sich keiner von uns mehr Gedanken über solche Fragen zu machen. Das hoffe ich zumindest.«
    »Zurück zu deiner Frage«, sagte Lootana. »Du wolltest wissen, was dieser junge Rüpel von dir wollte.« Sie strich mit einer nervösen Bewegung über ihre Tunika und klopfte dann mit den Fingern auf die Matte, auf der sie saß. »Windgesang hat gesehen, dass du eine Aufgabe für unser Volk zu erfüllen hast. Ich weiß nicht, wie die Unruhestifter davon erfahren konnten …«
    »Schneegeflüster«, warf Mondauge ein. »Er hat besonders spitze Ohren.«
    Lootanas angespannte Miene lockerte sich. Sie legte ihre Hände in einer ähnlichen Geste zusammen, wie Rutaaura sie von Iviidis kannte, und hob die Schultern. »Wie auch immer. Es ist an der Zeit, dass die Lichten und die Dunklen wieder zusammenkommen. Du wirst unser Bindeglied sein, die neue Oberste Tenttai. Das wurde so beschlossen.«
    Rutaaura stieß den Atem aus. »Ihr seid wirklich verrückt«, sagte sie.
    Lootana grinste. »Vielleicht«, gab sie zu. »Aber es ist doch immerhin ein lohnendes Ziel, was meinst du?«
    »Ich tauge doch schwerlich als Bewahrerin«, wandte Rutaaura ein. »Ihr hättet Iviidis dafür auswählen sollen, wenn es schon in der Familie bleiben soll. Sie ist wenigstens Bewahrerin und kennt sich im Wandernden Hain aus. Ich bin eine Außenseiterin.«
    Die beiden älteren Elbinnen sahen sich an. Dann schüttelte Mondauge langsam den Kopf. »Du bist eine von uns. Keine Goldene kann das tun, was du tun kannst. Außerdem ist für deine Schwester bereits eine andere Aufgabe vorgesehen worden.«
    »Wenn sie noch lebt und es uns gelingt, sie zu finden«, sagte Lootana. »Und wenn sie bis dahin überhaupt noch bei klarem Verstand ist.«

32
    G egen Mittag legten sie eine Pause ein. Sie hatten in konzentrischen Kreisen die Umgebung der Hütte abgesucht, das Unterholz durchforstet, gerufen und in Baumkronen hinaufgesehen – aber nirgendwo eine Spur der Verschwundenen aufgespürt.
    Jetzt saßen sie im Schatten eines Baumes neben dem Pfad, der sie zur Lichtung geführt hatte, und kauten missmutig auf Trurres Notvorrat herum. »Wonach suchen wir eigentlich?«, fasste der Zwerg schließlich seine Zweifel in Worte. »Sie wird doch kaum irgendwo sitzen und Verstecken mit uns spielen.«
    Olkodan rieb sich müde übers Gesicht. »Du hast ja recht«, sagte er. »Aber ich hoffe, dass ich eine Spur von ihr finde. Irgendetwas, was mir sagt, dass sie hier war oder vielleicht noch ist …«
    Trurre beugte sich vor und klopfte ihm aufs Knie. »Wir werden sie finden«, sagte er mit seiner tiefen Stimme. »Der alte Mann hat gesagt, dass wir sie hier suchen sollen – und er wird es wissen.«
    Olkodan schüttelte den Kopf. »Wir machen was falsch«, sagte er. »Er hat gesagt, ich solle meinen Verstand nutzen

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