Elbenzorn
sagte sie. »Aber es hat vielleicht etwas damit zu tun, dass ich von Rutaaura geträumt habe. Nach diesem Traum war ich wieder ich selbst.« Sie schauderte. »Und jetzt erinnere ich mich auch an die Zeit meiner Gefangenschaft. Diese Dunklen haben mich bewacht. Und sie haben Besuch von jemandem aus dem Sommerpalast bekommen. Zwei- oder dreimal.« Sie umklammerte Olkodans Hand so fest, dass er das Gesicht verzog, aber er gab keinen Laut von sich, um sie nicht zu stören.
Iviidis starrte in ihren Schoß nieder. Sie rang um Fassung.
»Erzähle«, sagte Alvydas sanft.
»Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Ich kann es mir nicht erklären«, sagte sie. »Mein Vater … Die Dunklen haben ihn für ihre Zwecke benutzt. Er war hier, ich habe gehört, wie … Sie haben ihn damit erpresst, dass sie mich entführt haben.«
»Was?«, explodierte Olkodan. »Das ist doch … Irrst du dich vielleicht? Hast du das geträumt?«
Iviidis schüttelte den Kopf. »Es war kein Traum«, sagte sie schwach. »Glautas war hier. Er hat sich sehr darüber aufgeregt, dass ich in einem so schlechten Zustand war – aber ganz offensichtlich hat er schon zuvor mit den Dunklen irgendwelche Pläne geschmiedet, die sich gegen den Goldenen Hof richteten.«
»Aber warum denn nur?« Olkodan schüttelte ungläubig den Kopf.
Trurre schnalzte mit der Zunge und wechselte einen wissenden Blick mit Alvydas. Der neigte den Kopf.
»Wem nützt das Chaos im Sommerpalast?«, sagte Trurre. Olkodan sah ihn an und erbleichte. »Die Garde untersteht inzwischen faktisch dem Obersten Tenttai«, sagte er.
Iviidis schlug die Hände vors Gesicht. »Ich habe Nekiritan verdächtigt«, sagte sie erstickt. »Und dabei steckte die ganze Zeit mein eigener Vater mit in dieser Verschwörung.«
Olkodan sprang auf. »Wir müsssen sofort weg«, sagte er. »Jeden Augenblick kann die Garde hier auftauchen.«
Alvydas hob die Hand. »Langsam, junger Elb«, sagte er. »Wo willst du denn hin?«
Olkodan zögerte und sah dann den Zwerg an. Doch Trurre wusste auch keinen Rat.
»Für mich gibt es nur einen Weg«, sagte Iviidis. »Ich muss zurück in den Sommerpalast.« Sie sah die anderen an. »Indrekin.«
»Orrinverfluchter Orkmist«, entfuhr es Trurre.
»Du sagst es, mein Freund.« Olkodan nickte grimmig. »Ich gehe alleine. Ich hole Indrekin, und dann treffen wir uns irgendwo.«
»Du warst ein paar Tage fort«, warf Iviidis ein. »Glautas wird dich fragen, wo du gewesen bist.«
Olkodan winkte ab. »Ich werde eben versuchen, ihm aus dem Weg zu gehen.«
Iviidis verschränkte die Arme vor der Brust und begann, unruhig auf und ab zu gehen. »Ich sollte mit ihm reden«, sagte sie schließlich. »Es stimmt, sie haben ihn erpresst. Wenn er sieht, dass ich frei bin, kann er sich besinnen.«
Trurre sah sie zweifelnd an, aber Iviidis’ verschlossene Miene ließ ihn schweigen.
Olkodan hielt sie fest. »Liebste, das ist Irrsinn«, sagte er sanft. »Wir sollten schleunigst von hier verschwinden und …«
»Und?«, fauchte Iviidis. »Zusehen, wie alles zugrunde geht? Du hast doch gesehen, was im Sommerpalast los ist, du hast es mir selbst erzählt. Wohin sollen wir gehen? Hinaus zu den Menschen, während hinter uns alles im Chaos versinkt?«
Olkodan starrte sie an. Alvydas hob besänftigend die Hand. »Komm zu mir, mein Kind«, sagte er. »Ihr anderen, lasst uns einen Augenblick allein.«
Olkodan und Trurre zogen sich zur Tür zurück und blickten hinaus auf die Lichtung, die wieder friedlich und still dalag. Sie hörten die murmelnden Stimmen von Alvydas und Iviidis, aber sie lauschten dem Gespräch nicht.
»Was denkst du?«, fragte Olkodan flüsternd.
Trurre hob die Schultern. »Ich gehe, wohin du gehst«, erwiderte er. »Bis ich weiß, dass ihr in Sicherheit seid, weiche ich nicht von deiner Seite.«
»Du bist selbst in Gefahr«, wandte Olkodan ein. »Umso mehr, wenn hier im Hain Kriegszustand herrscht. Wenn die Garde dich zu fassen bekommt, wird es dir mit Sicherheit übel ergehen. Mein Freund – ich rate dir, bringe dich in Sicherheit. Wir sind Elben, wir werden es schaffen, unsere Haut zu retten.«
»Deine Frau scheint aber fest entschlossen, mitten ins Wespennest zu stechen«, sagte Trurre.
Olkodan verzog das Gesicht. »Ich weiß ja nicht, wie ihre Schwester so ist. Aber wenn sie Iviidis nur ein bisschen ähnlich ist, dann weißt du, was für ein Dickkopf meine Frau sein kann.«
Trurre nickte schwermütig. »O ja«, sagte er.
Alvydas rief nach ihnen. Iviidis saß
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