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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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schien sich verflüssigt zu haben und schwappte träge hin und her, wenn er sich bewegte. »Das Unwetter?«, fragte er und hörte kaum noch die Antwort: »Vorübergezogen. Wir haben gestern nur noch einen Ausläufer davon …«
    Als er das nächste Mal erwachte, fühlte er sich zwar immer noch zerschlagen, aber die Schwere war aus seinen Gliedern geschwunden. Eine kleine Öllampe verbreitete ihr schwaches Licht. Graina hockte neben der Lampe, einen dünnen, in Holz gebundenen Kodex aufgeschlagen auf dem Schoß. Ihre Hände ruhten auf den eng beschriebenen Blättern, ihr Kopf lehnte an einem Reisesack, und sie schnarchte leise.
    Lluigolf legte ihr seine Decke über und löschte die Lampe. Er krabbelte aus dem Unterstand und kam ein wenig wackelig auf die Füße. Die Luft war kristallklar und kalt, sie trug einen Hauch von Frost in sich. Es war dunkel, in der Ferne hörte er das Zirpen von Grillen und den Ruf eines Wolfes.
    »Ausgeschlafen?«, hörte er Rutaauras Stimme neben sich. Sie kauerte neben dem Unterschlupf, hatte eine Decke um sich geschlungen, wie er erkennen konnte, und die dunkle Fläche ihres Gesichts verschmolz mit der Nacht. Nur das Licht der Sterne, das sich in ihren Augen spiegelte, zeigte ihm, dass sie ihn ansah. Er setzte sich neben sie. »Es tut mir leid«, sagte er.
    Sie nahm seine Hand. »Was?«, fragte sie nüchtern. »Dass du uns das Leben gerettet hast?«
    Er antwortet nicht. Ruta hob die Decke von ihren Schultern und legte sie um sie beide. Lluigolf rückte enger heran und legte seinen Arm um sie.
    »Ich war am Ende meiner Kraft«, sagte sie. »Wenn du mir nicht geholfen hättest, wären wir jetzt alle tot.«
    »Schöne Hilfe«, sagte er bitter. »Ich bin auf dieser Reise doch nur Ballast. Du hattest recht, ich hätte nicht mitkommen sollen.«
    Sie drückte seine Hand so fest, dass es schmerzte. »Das klingt nicht nach meinem Gefährten in schlimmen Zeiten«, sagte sie. »Lluis, du bist noch geschwächt, deshalb redest du so dumm daher. Und glaube nicht, ich hätte übertrieben mit dem, was ich dir gerade gesagt habe, nur um dein angekratztes Selbstbewusstsein zu heilen. Das fiele mir nicht im Traum ein. Du bist schließlich eingebildet genug.«
    Er knurrte, und Rutaaura lachte.
    »Was denkst du, wie geht es weiter?«, fragte er nach einer Weile, in der beide geschwiegen und zum sternklaren Himmel aufgesehen hatten. Lluis’ Augen hatten sich an die Dunkelheit angepasst, und er musterte besorgt Rutaauras Gesicht. Sie hatte die Kapuze ihres Burnus zurückgestreift, ihr offenes Haar fiel hell und leuchtend über ihre Schultern und umrahmte ihr dunkles Gesicht.
    »Hätten wir einen anderen Weg finden müssen?«, fragte Lluigolf, erschreckt von den Linien der Erschöpfung, die Rutaauras Gesicht durchzogen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Tamayout hat es mir aufgezeichnet. Die große Rinne hat ihre Form und Lage verändert, seit ich das letzte Mal durch diesen Teil des ))Taywwa((-Gebietes geritten bin. Wir hätten nur umkehren können.«
    »Und wie kommen wir dann wieder zurück?«
    Sie zuckte nur mit den Schultern. »))Halaai((. Wir werden sehen.«
    Hinter ihnen raschelte Stoff. Graina war aufgewacht und herausgekommen. Sie sah, dass die beiden sie anblickten, und lächelte verlegen. »Geht es dir besser?«, fragte sie und hockte sich neben Lluigolf.
    »Dank deiner Pflege, ja«, sagte er. Sie nickte und starrte unbehaglich auf ihre Hände herab. Etwas beschäftigte sie, aber ganz offensichtlich wollte sie nicht darüber reden.
    »Was ist los mit dir?«, fragte die Elbin unverblümt.
    Lluigolf verkniff sich ein Lächeln und knuffte sie sanft. Geduld gehörte nicht unbedingt zu Rutaauras Stärken.
    Graina presste die Lippen aufeinander. Dann sah sie Lluigolf in die Augen. »Ihr seid beide keine Menschen«, sagte sie, und es klang sowohl anklagend als auch eine Spur beleidigt.
    Lluigolf verschluckte sich und hustete. Rutaaura lächelte. »Was bringt dich auf diesen Gedanken?«, fragte sie.
    Graina bemerkte nicht, dass Rutaaura sie aufzog. »Deine Haare und deine Augen sind ungewöhnlich«, erwiderte sie langsam. »Gut, das könnte Zufall sein. Aber er«, sie deutete bestimmt auf Lluigolf, der aufgehört hatte zu husten und nun breit grinste, »er hat spitze Ohren!«
    »Aber Lluis«, sagte Rutaaura, »davon hast du mir ja nie etwas erzählt!«
    Er verbeugte sich im Sitzen. »Verzeihung, Licht meines Lebens. Ich dachte, es wäre offensichtlich.«
    Rutaaura schnaufte hörbar durch die Nase und

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