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Elbenzorn

Elbenzorn

Titel: Elbenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Sein Atem glich sich ihrem Rhythmus an.
    Nach einer Weile seufzte sie erleichtert. »Danke, Lluis. Pass lieber auf deine Reserven auf, ich brauche das vielleicht noch mal, ehe wir hier durch sind.«
    Sie schwiegen. Lluigolf warf hin und wieder einen Blick in den Himmel, aber bis auf die Tatsache, dass er mittlerweile eine tiefrote Färbung angenommen hatte, war nichts zu bemerken. Das schaukelnde Traben der Echsen, das diffus grünlichblaue Licht, das über ihrem Pfad lag, und die leise glucksenden Wasserwände übten trotz aller Besorgnis eine beinah einschläfernde Wirkung auf ihn aus.
    Plötzlich stieß Rutaaura einen warnenden Ruf aus. »Schiff kreuzt!«
    Tamayout brachte hastig den großen Skrall zum Halten. Ein Rauschen und Donnern wie von einem mächtigen Wasserfall dröhnte in den Ohren der Reisenden. Vor ihren Augen spritzte eine Fontäne auf, und die verfestigten Wasserwälle rechts und links gerieten in bedrohliche Schwingungen, beulten und schwappten hin und her, dass sogar die großen Echsen unruhig zu werden begannen. Tamayout hatte alle Hände voll zu tun, Krannta zur Ruhe zu bringen, und die kleineren Tiere drängten sich knurrend und fauchend an den Großen Vater, ihre schweren Schwänze peitschten gefährlich durch die Luft.
    Rutaaura saß hoch aufgerichtet auf Jinntas Rücken und hatte beschwörend die Hände erhoben. Schweiß lief in Strömen über ihr dunkles Gesicht. Lluigolf hielt ihre Schultern umfasst und gab ihr an Kraft, was er nur aus sich herausholen konnte – und, als er spürte, dass das nicht ausreichte, gab er verzweifelt mehr, als er hatte.
    Das donnernde Geräusch schwoll an, wurde ohrenbetäubend laut. Die heftig schwingenden Wasserwände drohten zu bersten. Vor ihnen brach ein dunkler, riesiger Schatten durch die träge Masse, verflüssigte sie, drängte sie beiseite und schob sich schnell an ihnen vorbei. Das Donnern nahm ab, und die tobenden Sand- und Wassermassen zu ihren Seiten kehrten langsam wieder in ihren sanft wogenden Ausgangszustand zurück.
    Rutaaura ließ sich mit einem Stöhnen auf den breiten Hals ihres Reittieres sinken. Lluigolf klammerte sich hinter ihr an das Sattelhorn des Doppelsattels. Vor seinen Augen blitzten Sterne durch die aufziehende Dunkelheit der Bewusstlosigkeit. Er fühlte, wie er zur Seite kippte, und dann spürte er nichts mehr.
    Kühle Hände berührten seine Unterame. Jemand hob seinen Kopf an, und etwas Glattes berührte seinen Mund. Flüssigkeit benetzte seine Lippen, und er öffnete sie, um zu schlucken. Bitter und gleichzeitig frisch wie eine grüne Wiese an einem Sommermorgen. Er schluckte, verschluckte sich und begann zu husten. »Langsam«, sagte eine ruhige Stimme. »Bleib liegen. Alles wird gut, aber du solltest jetzt auf mich hören.«
    Lluigolf gehorchte. Sein Kopf schwamm, und seine Glieder schienen aus Stein gefertigt und dann mit Blei gefüllt worden zu sein. Selbst wenn er gewollt hätte, er hätte nicht aufstehen können.
    Aber zumindest seine Augenlider gehorchten ihm. Er blinzelte.
    Das Gesicht, das sich über ihn beugte, erschien ihm im ersten Moment fremd. Lichtbraune Augen und ein rundes Gesicht mit dem Beginn eines Sonnenbrandes auf der Nase. Ein angespannter, energischer Ausdruck, den sein Gedächtnis nicht mit diesem Gesicht verband und der es ihm so fremd machte.
    »Graina«, sagte er.
    Die Heilerin fühlte seine Stirn und hielt ihm dann erneut die Schale hin.
    »Ganz austrinken«, befahl sie.
    Lluigolf rappelte sich auf die Ellbogen hoch. Er lag auf einer Decke auf festgetretenem Sand, und über ihm spannte sich das Tuch eines Sonnensegels. Graina runzelte die Stirn, half ihm aber, sich aufzusetzen.
    »Ich hasse es, das sagen zu müssen«, sagte er. »Wo bin ich?« Er nahm ihr die Schale aus der Hand, setzte sie an und trank sie aus.
    »Du fragst die Falsche. Immer noch irgendwo auf dem Sandigen Ozean, würde ich sagen. Noch nicht an unserem Ziel, aber auch nicht mehr weit davon, sagt Tamayout.«
    Lluigolf fuhr sich über die Wangen. Seine Bartstoppeln gaben ein kratzendes Geräusch von sich. »Wie lange war ich … indisponiert?«
    Graina verschluckte ein Lachen. »Du bist gestern am späten Nachmittag aus dem Sattel gekippt«, sagte sie. »Und jetzt ist etwa eine Stunde nach Mondaufgang. Rutaaura hat darauf bestanden, dass wir früh Rast machen, damit ich mich endlich anständig um dich kümmern kann. Du musst hungrig sein, möchtest du etwas Suppe haben?«
    Lluigolf schloss die Augen. Das Blei in seinen Gliedern

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