Elbenzorn
verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Augen funkelten vergnügt.
»Ihr nehmt mich auf den Arm«, sagte Graina unsicher.
»Die Möglichkeit besteht«, meinte Rutaaura und gähnte herzhaft.
»Was seid ihr?«, fragte die Heilerin unbeirrt. »Ihr seid keine Elben, aber ihr seid auch keine Menschen.«
Lluigolf hob die Hände und ließ sie wieder sinken. »Ist das nicht völlig gleichgültig? Sie ist die hochwohlgeborene Rutaaura aus dem Hain, Tochter der Lootana und des Glautas, und ich bin Lluigolf aus Weidenheim, Sohn der schönen Rialinn, Kammerfrau der Markgräfin, und eines spitzohrigen Vaters, den ich nicht kenne und auch nicht kennenlernen möchte. Was sagt dir das jetzt über uns?«
Sein leichtfertiger Ton konnte die Heilerin nicht täuschen. Sie wurde flammendrot und stammelte: »Ich habe dich verletzt. Verzeih mir, dass ich neugierig war. Es geht mich nichts an, du hast recht. Ihr seid sehr freundlich, dass ihr mir Rede und Antwort steht, und ich war unhöflich …« Sie sprang auf und stolperte dabei über ihre eigenen Füße.
Lluigolf packte sie am Ellbogen, und gleichzeitig griff Rutaaura nach ihrer Schulter, um sie vor dem Sturz zu bewahren.
»Wir waren unhöflich«, sagte die Elbin ruhig. »Du musst uns verzeihen. Es ist nur so, dass du etwas angesprochen hast, das uns anscheinend immer noch keine Ruhe lässt. Unser Volk ist nicht sehr tolerant, was Missgeburten wie uns angeht.«
Graina, noch immer mit rotem Kopf, setzte sich wieder hin. »Es tut mir leid«, flüsterte sie beschämt.
»Dummes Zeug«, sagte Lluigolf. Er tätschelte der kleinen Heilerin verlegen die Schulter. »Es stimmt schon. Wir sind zu empfindlich.«
»Ihr seid also beide Elben«, stellte Graina fest. Die Aufregung ließ ihre Augen blitzen. »Das ist – großartig! Ich habe noch nie Elben aus der Nähe … Das ist so aufregend!«
Lluigolf legte die Hand auf den Mund, um nicht zu lachen. »Was ist daran aufregend? Außerdem bitte ich darum, nicht als ›Elb‹ bezeichnet zu werden. Ich bin schlimmstenfalls ein Halb-Elb – und das reicht mir vollkommen.«
Die Heilerin ließ sich nicht beirren. »Warum reist ihr mit dem Sandläufer? Und sind noch mehr von euch hier?«
Rutaaura schüttelte leicht den Kopf. »Ich gehöre zu den Stämmen«, sagte sie in einem Tonfall, der weitere Fragen verbot. »Tamayout bat mich um Hilfe, und deshalb bin ich hier. Genau wie du.« Sie stand auf und streckte sich. Der Atem stand als weißer Dunst vor ihrem Mund. »Wir sollten schlafen gehen. Tamayout sagt, wir hätten noch eine Strecke von knapp drei Tagesritten vor uns. Denkst du, dass du morgen reiten kannst, Lluis?«
»Wenn nicht, bindet mich doch einfach zu den anderen Lasten«, murmelte er. Graina lachte, und er zwinkerte ihr zu, ehe er in den Unterstand kroch und seine Decke über den Kopf zog.
18
D ie Sonne ging über der kahlen Felslandschaft auf und schuf dabei harte Kontraste und tiefe Schatten. Die Luft begann sich schnell zu erwärmen. Lluigolf hatte beim Aufstehen eine hauchdünne Eisschicht auf seiner Decke gefunden. Fröstelnd war er aufgestanden und faltete jetzt seine klammen Finger dankbar um den Becher mit heißem, scharfem Tee, den Tamayout ihm mit einem Stück dünnem Fladenbrot reichte.
»Heute Nacht wir schlafen bei meinem Stamm«, sagte der Sandläufer. Seine dunklen Augen blitzten vor Freude, und die sonnengegerbte Haut seines Gesichtes legte sich in Lachfalten.
»Heute Abend schon?«, sagte Rutaaura erstaunt. Sie kam mit langen Schritten den steinigen Hügel herabgeklettert, von dem aus sie sich einen Überblick über das Umland verschafft hatte.
»Heute Abend«, bestätigte Tamayout.
»Über dem Kamm dort im Westen habe ich Rauch gesehen«, sagte Rutaaura. »Was kann das sein?«
Tamayout zog die Brauen zusammen. »Ich weiß nicht. Aber dort wir müssen hin. Der Sommerplatz meines Stammes. Wasser.«
»Eine Zisterne oder eine Quelle?«, fragte Rutaaura. »))Ouref(( oder ))Sellouf((?«, setzte sie erklärend hinzu, als sie Tamayouts fragenden Blick sah.
»Ah«, sagte er. »))Sellouf((. Gutes Wasser, frisch.«
»Eine Quelle. Das ist wunderbar, ich bin dieses abgestandene Zeug einigermaßen leid«, warf die Heilerin ein.
»Wie wir alle«, sagte Lluigolf. Er trank den kalt gewordenen Rest seines Tees aus, wischte die Tasse mit einem Fetzen Brot aus und verstaute sie in der Tasche, die am Sattelhorn hing. »Reiten wir? Ich will endlich irgendwo ankommen. Diese Gegend hier stimmt mich melancholisch.«
Sie
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