Elchmus (German Edition)

eigener Vorstadt-Karnickelstall, wenn nicht sogar schlimmer. Ein Zelt ist auch nicht schön, aber immerhin besser als nichts und ein echtes Zuhause. Falls es mal regnet. Und wir sind schließlich in England. Und hier regnet es ja angeblich immer.
    Nicht seit sie da ist, allerdings. Sie sind den nächsten Argos angefahren und warten dank Klimaanalage bibbernd auf ihre Warenausgabe. Isomatten und Schlafsäcke im Doppelpack zum Preis von einen. Akkus für die Kamera dazu (hier gilt das Sonderangebot dann leider doch nicht, obwohl es sich nicht um Hundenahrung handelt) und ein Billig-Barbiezelt in pink (wie mit heißen Puppen drin, denkt Ralf).
    Ein Radio verkündet gerade Nachrichten. Schon wieder hunderte von Flüchtlingen auf Lampedusa angekommen. Irgendwelche Wirtschaftsnachrichten, die keiner versteht, und natürlich was von der Hochzeit von William und Kate. Einer bunter Mix, der bunter nicht sein könnte.
    Auf den wenigen Stühlen, die zum Warten da sind, haben es sich Ralf und Elke so bequem wie möglich gemacht. Wie die Hühner auf der Stange. Allerdings kündigt die Klimaanlage den Winter ununterbrochen und erbarmungslos an , obwohl der Weihnachtsmann seinen Auftritt aber eigentlich noch nicht hat.
    Elke wickelt ihre Arme um die kalten Beine. Die rubinrot lackierten Zehennägel leuchten rot wie ein Mega-Sonnenbrand an ihren sonst so blassen Füßen. Rot ist die Liebe. Rot ist der Sonnenbrand und rot sind die Haare vieler Kunden hier. Ralf versucht die Kälte abzustellen und denkt an Elke und an seinen letzten Urlaub. Ihm wird sofort gefühlte 10 Grad wärmer. Die schon damals geliebte Grunge-Mucke packt noch einmal 10 Grad drauf (Travis), aber von dem im Wetterbericht verkündeten 88 Fahrenheit ist er mehr als entfernt.
    Eighty eight. Es bleibt heiß. Dank des Tiefs Klimaanlage kann man sich das gar nicht vorstellen. Der Teufel wohnt bestimmt in dieser und hat eine ganz eigene Art von Galgenhumor. Es würde Ralf jetzt nicht wundern, würde dieser jetzt aus den Schlitzen springen und rot den anderen Rottönen Konkurrenz machen.
    Stattdessen bekommen sie endlich ihre Ware. Der Schlafsack verspricht Wärme auch am Polarkreis. Elke ist mittlerweile fast eingefroren. Ihre Nasenspitze ist schon ganz blau. Von anderen Körperteilen ganz zu schweigen. Da ist das aufgeheizte Auto wirklich sehr willkommen. Mit hochgekurbeltem Fenster und Sitzheizung auf höchster Stufe fahren sie endlich weiter in Richtung Teignmouth.
    Dadurch, dass sie mit geschlossenem Fenster und Sitzheizung mit über hundert Sachen über den aufgeheizten schwarzen Asphalt düsen, haben Elke und Ralf innerhalb von Minuten wieder erotische, äh exotische Temperaturen im Wagen. Und all die heißen Gedanken stellen sich auch sofort wieder ein.
    „Es soll heute verdammt heiß werden“, sagt Ralf da auch noch.
    „Und bleibt hoffentlich auch ein paar Tage so“ , seufzt Elke blöde schmachtend zurück. Der nächste Stau lässt Gott-sei-Dank nicht auf sich warten. Ralfs bestes Stück platzt mittlerweile fast und pocht so laut, dass er das Radio lauter stellt.
    Er legt seine Hand auf Elkes Knie. So fühlt sich Urlaub an. Das Gefühl von Freiheit stellt sich ein. Das Salz auf ihrer Haut schmeckt bestimmt wie Meer. Er fährt von der Autobahn runter und links ran und sabbert an ihrem Hals. „Ich, äh, also, kann nicht mehr warten“, stammelt er. Und rammelt dann aber ohne zu Stottern. Gleitend.
    Echt heiß heute, denkt Elke. Mehr geht gerade nicht. Wie so eine dumme Schnalle, die nur ans Ficken denkt. Danach sieht sie Ralf an „Das war gut“ , könnte sein Gesichtsausdruck heißen. „Ich will nochmal“, pocht es jedoch bei dem unten. Elke macht die Tür auf.
    „Gute Luft da draußen“ , sagt Ralf und schiebt Elke einfach raus. Und sein bestes Stück auch schon wieder rein. Sex im Freien ist verboten. Schreit aber niemand. Der Dortmunder-Ems-Kanal ist in weiter Ferne.
     
    Ihr grünes T-Shirt hat den BH gefressen. Oder? Ralf nimmt sich vor, jetzt nur noch nach vorne zu gucken. Ganz strikt.
     
    „Fahren wir, oder was?“.
     
    Ralf ist happy. Happy Happy Ding Dong. „Ja, klar“, strahlt Elke zurück und steckt dabei das Ladegerät vom Akku in den Zigarettenanzünder. Passt. Englisch ist in diesem Fall Deutsch. Technik ist was für Frauen.
     
    Sie lehnt sich entspannt zurück. Der Wirbel in ihrem Haar hat sich verabschiedet sagt der liebe Schminkspiegel auf dem Beifahrersitz.
     
    Neben ihr sitzt Pit Brad. In England ist alles anders rum. Das Herz