Elchmus (German Edition)
in good old Germany keiner zu später Stunde heimlich und leise trinken. Da kann er noch so gut Freund mit dem Wirt sein. Hier wird gesoffen bis der letzte einschläft oder aber freiwillig nach Hause geht. Und die deutschen Tankstellen verkaufen auch zu nächtlicher Stunde noch Biernachschub, auch an Nichtreisende.
„Dein Vater ist nicht da“, hört sie ihre Mutter in den Hörer sagen. „Willst du später noch mal anrufen, oder am besten morgen? Wird ja manchmal spät mit dem Karten“.
Klar, Skaten (sprich Skaaaaaaaaten), das ist die Trinkausrede im Münsterland schlechthin (Anmerkung: obwohl Kegeln auch nicht schlecht ist).
„Nein, ich rufe doch gerade an“.
„Wie geht es denn?“ , fragt es immerhin in der Leitung.
„Hör mal kurz zu“. Elke erzählt, dass sie ihren Job, Job sein lassen musste und die Entschuldigungen, die ihr dazu einfielen, waren echt gelogen. Aber sie glaubte sie mittlerweile schon fast, hatte sie sich schon tausendmal durch den Kopf gehen lassen, so dass sie echt ganz plausibel klangen.
Sie nutzt die Gelegenheit, dass ihr Vater nicht da ist und so auch nicht auf Elke einreden kann. Er genießt bestimmt gerade sein Bier und teilt nach einem Schluck dann und wann wieder die Karten aus.
Elkes Mama ist dahingegen echt geschockt. Eine Träne kommt praktisch von alleine und mischt den Sonnenbrand auf der Wange so richtig auf. Sie streicht ihre Haare nach hinten und lässt sich nichts anmerken. Gute Miene zur guten Ehrlichkeit. Aber ihr Gesicht am Ende der Strippe lässt erahnen, dass ihr das nicht passt.
Zudem hat d ie Sonnencreme eines unbekannten Herstellers mit dem Schutzfaktor 50 plus echt nichts gebracht. Während Elke weiter Entschuldigungen in den Hörer murmelt, will die Mutter das alles gar nicht mehr hören. Sie will auch nicht Papa erzählen, dass ihre Tochter arbeitslos ist und das auch noch im Ausland.
Elkes Laune verschlechtert sich zusehends, während die ihrer Mutter aber schon wieder steigt. Andernfalls wird es der Papa später schon richten und ihr den Kopf kraulen. „Äh, das ist schon in Ordnung, Kind“, sagt die Mutter endlich , fragt aber direkt weiter. „Und nun?“, schallt es im Ohr.
„Mach ich erst mal kurz Urlaub im Rosamunde-Pilcher Land und berichte dir dann wie es dort war . Vielleicht fahren wir ja einmal zusammen hin“, versucht sie zu beschwichtigen. Ralf verschweigt sie dann doch besser. Und sorgt damit mit Sicherheit für ein Streitgespräch und ein weiteres graues Haar weniger.
Nach dem Telefonat schmeißt Elke ihre Haare nach hinten, schnappt sich ihre Tasche, und dann endlich nach Luft. Die war nämlich schon ganz dünn in der Telefonzelle gewesen.
„Sollen wir weiterfahren?“, fragt Ralf, und das ist endlich eine Frage, die Elke ganz ehrlich beantworten kann. „Ja“, lautet ihre klare Antwort.
Dann ist es still. Stiller als still. Dennoch spürt sie den guten Vibe, will es auch sagen, lässt es dann aber. „Ich bin keine Geisel mehr“, will sie nicht sagen und „Ich bin jetzt deine Freundin, ja?“, klingt ähnlich doof. „Ich genieße die Stille mit dir.“ Geht auch gar nicht.
„Elke, hör mal zu“, sagt Ralf nach einer knappen Stunde angenehmen Schweigens und konzentriert sich dabei weiter auf den Verkehr. „Du hast echt einen komplett falschen Eindruck von mir“.
„Ich hab gerade mal auf die Karte geguckt. Wenn wir gut durchkommen, sind wir in knapp zwei Stunden am Meer“, antwortet Elke stattdessen. Sie hat offensichtlich überhaupt nicht zugehört. Sie sieht ihn durch ihre kleine Sonnenbrille an. Er guckt nach rechts, hat den Wink mit dem Zaunpfahl aber verstanden. Aus lauter Verlegenheit stellt er daher das Radio an.
Blue nerven und trällern schon wieder. Um die Wette. Versprühen aber so gar keine gute Laune. Passend dazu verstopft auch noch Verkehr die Straßen. Wäre Stonehenge nicht auf dem Weg nach Cornwall, würden bestimmt nicht so viele Leute hierher kommen. Oder ist die Mystik dieser Steine nur bei ihm nicht angekommen?
Elke spürt ihre klebrige Haut, den Schweiß, der sich wie ein Klebefilm über ihren ganzen Körper zieht. Gefühl von Urlaub im Luxushotel stellt sich da nicht gerade ein. Und die klebrigen Scones haben auch nicht gerade ein richtiges Mittagessen ersetzt. Dann preist Argos mit extra schlechtem und lautem Gesang im Radio den „2 for 1“ Ausverkauf an. Auf alles. Auch auf Schlafsäcke.
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............Ein Campingwagen ist genauso schlimm wie ein
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