Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
Warnung zur Kenntnis. Mehr jedoch nicht. Sie wandte sich Maél zu, der sie nervös beobachtete und auf eine Reaktion ihrerseits wartete. Diese kam dann schneller, als ihm lieb war, weil sie nämlich ganz und gar nicht so ausfiel, wie er erwartet hatte. „Wenn du jetzt glaubst, dass ich diese neue Wendung, was mein Schicksal angeht, einfach so hinnehme und mich ihr füge, und in Verantwortung für das ganze Menschenvolk entsprechend handeln werde, dann hast du dich getäuscht. Ich werde deswegen auch nicht zu Tode betrübt sein, aus dem ganz einfachen Grund, weil es mir völlig egal ist, welche Macht wem übertragen wird oder nicht, wenn ich mich dir hingebe. Das mag jetzt verantwortungslos und egoistisch klingen. Das ist es auch. Aber ich habe mir diese verfluchte Bestimmung und meine Herkunft nicht ausgesucht. Sie wurden mir einfach in die Wiege gelegt, ob ich wollte oder nicht. Ich bin nicht bereit, das zu opfern, was mir in meinem Leben am wichtigsten geworden ist. – Und nun zu dieser Lüge, mit der du mich eine Woche lang in Unwissenheit ließt. Das werde ich dir nie verzeihen. Ich habe dir verziehen, dass du mich geschlagen, mich gedemütigt und gequält hast. Aber mit dieser Lüge hast du mein Vertrauen in dich missbraucht. Sie schmerzt mehr als deine Schläge in meinem Gesicht, weil der Schmerz genau hier sitzt.“ Elea legte ihre rechte Hand auf ihr Herz. Maél verfolgte ihre Bewegung zum Herzen wie hypnotisiert. Jetzt war er es, der nicht in der Lage war, auch nur einen Laut von sich zu geben. Seine Zunge klebte plötzlich an seinem Gaumen fest, so trocken war es in seinem Mund. Eleas Worte trafen ihn tief in seinem Innern, weil sie mit allem recht hatte. Zudem hatte er erhebliche Probleme, zu verstehen, was sie ihm eigentlich sagen wollte. Er wusste nicht, ob Eleas Reaktion auf seine Beichte für ihn nun gut oder schlecht ausging.
Elea war noch nicht fertig. „Sag mir die Wahrheit! Dir war von Anfang an klar, dass du es niemals so weit hättest kommen lassen, dass wir uns lieben, ich meine körperlich, nicht wahr? Du hast mich die ganze Zeit nur in dem Glauben gelassen, dass wir es tun würden.“ Eleas belegte und zitternde Stimme spiegelte ihre tiefe Verletzung wider. „Elea, ich bitte dich! Ich tat es nur, um dich zu schützen. Glaub mir, es ist mir nicht leicht gefallen dich zu belügen, vielleicht sogar noch schwerer als dir nicht zu nahe zu kommen. Dein Leben ist für mich wichtiger als alles andere. Und dies ist es auch für die Menschen von Moraya und Boraya. Sie wissen es nur noch nicht.“ Maél hatte endlich wieder zu seiner Sprache gefunden. Er wollte sie davon überzeugen, dass es der einzige richtige Weg aus seiner Sicht war. Aber er war wenig zuversichtlich, dass ihm dies gelänge, bei dieser gefühlsbetonten und zur Unvernunft neigenden Frau, die sein Leben einerseits auf den Kopf gestellt und andererseits erst lebenswert gemacht hatte. Sie wandte sich abrupt von ihm ab, ging ein paar Schritte auf Arabín zu, der seine defensive Haltung immer noch nicht aufgegeben hatte. „Wie weit muss ich gehen, dass du meine Gedanken nicht mehr hören kannst?“ Der Drache hob seinen gewaltigen Kopf vom Boden und sah ihr skeptisch in die verweinten Augen. „Du müsstest viele Meilen gehen, damit ich dich nicht mehr hören kann.“
„ Auch das noch. Ich werde nie wieder mit meinen Gedanken allein sein können.“
„ Das wirst du, sobald deine Ausbildung zur Drachenreiterin abgeschlossen ist.“
„ Halte dich aus meinem Kopf raus!“ Sie ging zu ihrem Fellumhang, hob ihn auf und schritt auf den langen Höhlengang zu, durch den sie noch vor kurzem von Maél sterbend getragen worden war. „Was hast du vor, Elea? Wohin willst du?“, wollte er aufgeregt wissen. Sie drehte sich zu ihm um und warf ihm einen funkelnden Blick entgegen. „Ich muss nachdenken, und zwar allein – zumindest halbwegs.“
„ Bist du wahnsinnig?! Dir bleibt keine Zeit, über irgendetwas nachzudenken. Darrach kann jeden Moment auftauchen.“
„ Darüber brauchst du dir, glaube ich, keine Gedanken zu machen. Ihr werdet es beide sicherlich rechtzeitig merken, wenn er kommt. Dann habe ich immer noch Zeit genug zu verschwinden. Außerdem sagtest du nicht, dass er warten würde? Das worauf er wartet, ist noch nicht geschehen.“ Daraufhin kehrte sie Maél den Rücken zu und rannte in den Höhlengang. Damit niemand sie sehen konnte, warf sie ihren Umhang über ihre leuchtenden Haare. Sie war so schnell, dass sie nicht mehr
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