Electrica Lord des Lichts
endgültig verließ. Blut quoll aus seinem Mundwinkel. Trotz des erschütternden Anblicks ereilte sie grenzenlose Mutlosigkeit. Der Dämon lebte immer noch.
Irritiert blickte sie von Luthias zu Cayden. Eine verschwitzte Haarsträhne fiel ihm in die Stirn. Sein Hemd stand bis zur Mitte offen. Der Stoff blähte sich leicht auf unter der Windböe, die aus dem zerborstenen Glasdach hereinwehte. Staub und herumliegende Papierseiten wirbelten auf. Die Kälte schien Cayden nichts auszumachen. Ein Ärmel hing abgerissen von seiner muskulösen Schulter, darunter eine Schnittwunde, die Luthias Säbel hinterlassen hatte. Blut klebte an seinem Hals, zog eine Spur in den Kragen. Sue schluckte krampfhaft. Sie wollte zu ihm eilen.
Sein schönes Gesicht sah tragisch aus, die Augen blickten sanft und unendlich traurig. Instinktiv erkannte sie, dass Luthias zwar reglos am Boden lag, sich aber in absehbarer Zeit wieder dem Kampf gegen Cayden stellen würde. Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf, um Cayden wortlos anzuzeigen, dass sie seine Ratlosigkeit nicht akzeptieren konnte.
Plötzlich legte sich ein Schalter in ihrem Kopf um. Bunte Punkte tanzten vor ihren Augen. Sie lief auf Cayden und Luthias zu, ohne ihre Beine kontrollieren zu können.
„Sue! Nicht!“ Cayden hob abwehrend die Hand.
Doch es gelang ihr, sich unter seinem ausgestreckten Arm zu bücken. Ehe sie bei Luthias ankam, hatte sie bereits den Deckel von der Urne gerissen. Scheppernd zerbarst er hinter ihr auf dem Boden.
Mit einem Aufschrei, in dem all ihre Verzweiflung und Wut lag, schüttete Sue die Asche der verblichenen Alice auf Luthias Brust. Dessen Miene verzog sich augenblicklich vor Schmerz, die Augen rollten nach hinten, sodass nur noch das Weiß zu sehen war. Sein aufgerissener Mund bildete einen aus Zähnen gezackten Schlund, aus dem ein ersticktes Gurgeln drang. Schaumiges Blut quoll wie Lava aus einem spuckenden Vulkan.
Entsetzt wich Sue einen Schritt zurück. „Nehmt das von mir, Baron Luthias. Nicht nur wir Menschen verschwenden unsere alberne Liebe an jemanden, der sie nicht erwidern kann.“
Beklommen lauschte sie ihren eigenen Worten, doch gleich darauf verflog die Furcht über ihre Kühnheit, denn was sie sagte, war die bittere Wahrheit.
Ein weiterer Windstoß blies die aufgewirbelte Asche auf Caydens Hosenbeine. Winzige graue Fragmente verteilten sich wie Sommersprossen auf dem hellen Stoff. Cayden starrte an sich hinab.
Der Großteil der Asche sammelte sich in Luthias Brustwunde, vermischte sich mit Blut zu einem schaurigen Brei. Einen irrsinnigen Moment lang glaubte Sue zu sehen, wie sich rotgetränkte Aschepartikel zu bewegen schienen wie winzigeLibellenflügel. Sie blinzelte heftig, um das Trugbild zu vertreiben. Um alle Trugbilder zu vertreiben, auch das vom Schmerz in Caydens Augen beim Anblick von Alice‘ Asche auf seinen Beinen.
Ein letztes Zucken zog durch Luthias Körper, als sei es keine Asche gewesen, die in seine Wunde drang, sondern Gift.
Stille legte sich über den Raum. Niemand rührte sich.
Nach einer Weile der Erstarrung wagte Sue, sich Cayden zuzuwenden. „Ist … ist er tot?“
„Vorübergehend“, entgegnete Cayden erleichtert.
Sein schlichtes Mienenspiel hatte etwas ungemein Zauberhaftes und gleichzeitig Verstörendes. Bislang war Cayden geheimnisvoll und eher reserviert erschienen. Mit klopfendem Herzen senkte sie die Lider und besann sich. Wahrscheinlich hatte sie sich geirrt. Seine aufgelockerte Reaktion war sicher nur ein Versehen. Folge des Schocks. Vor Kurzem hatte er ihr schließlich auch eine völlig andere Seite gezeigt. Ein Schmerz zog durch ihre Eingeweide. Es war unmissverständlich, dass es für sie keine gemeinsame Zukunft geben würde.
„Kommt Vampirasche mit Blut in Verbindung, setzt ein Regenerierungsprozess ein. Luthias ist es auf diese Weise gelungen, wieder aufzuerstehen“, erklärte Cayden.
Sue spürte seinen Blick auf sich ruhen und beschloss ihn der Höflichkeit wegen anzusehen, wenn er mit ihr sprach.
„Das bedeutet, winzige lebendige Teile einer anderen Person dringen gerade in seinen Körper ein wie Würmer?“ Sue verstand ihre Frage nicht, sondern formulierte nur, was ihre Vorstellungskraft hervorbrachte.
Cayden zuckte mit den Schultern. „Möglich, doch mit Bestimmtheit vermag ich es nicht zu sagen. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass es ihm nicht wohl bekommt, auf diese Weise mit Alice vereint zu sein.“
Überrascht über seinen amüsierten Tonfall biss sich Sue auf
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