Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Electrica Lord des Lichts

Electrica Lord des Lichts

Titel: Electrica Lord des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
Vom Netzwerk:
Wasser lief ihm im Mund zusammen. Obwohl er sich vor kurzer Zeit sattgetrunken hatte, stellte seine Blutgarde eine Verlockung dar. Vielleicht sollte er sich noch ein Dessert genehmigen.
    Ein beißender Gestank drang herüber und brachte seinen Appetit zum Erliegen. Zielsicher lenkte er den Schwebestuhl zur entgegengelegenen Nische, in der der Medikus geschäftig über seinen Aufzeichnungen brütete. Luthias Blick fuhr zum Labortisch, wo unter einem schmutzig weißen Tuch die Umrisse eines Körpers zu erkennen waren. Angewidert rümpfte er die Nase.
    „Was für eine Schluderei hast du da wieder angerichtet, Salius?“, fuhr er den Medikus an. „Seit wann ist er tot?“
    Dr. Salius zuckte zusammen. „Paar Stunden.“
    „Und wozu liegt der Kadaver noch hier?“ Er hob mit zwei Fingern das Leichentuch an und betrachtete die verzerrte Todesmaske. Abgesehen vom ausgerenkten Kiefer war das Gesicht der Leiche unbeschadet. Erst ab Schulterhöhe zogen sich aufgeplatzte Brandblasen über die geschwärzte Haut am Brustbereich. Die Arme lagen in grotesk verdrehtem Winkel vom Körper weg.
    Einen Moment blickten ihn die kleinen Augen des Medikus’ verwirrt an. „Vergebt mir, Eure Exzellenz. Ein Forschungsobjekt, mit dem ich nach einer Möglichkeit gesucht habe, die Heilung Eurer Beine voranzutreiben.“ Er raufte sich das schlohweiße Haar, als würde ihm erst jetzt bewusst, dass er die Leiche vergessen hatte.
    Luthias ließ angewidert das Tuch fallen. Diese Experimente waren nur mäßig interessant, solange ihm keine sinnvollen Ergebnisse präsentiert wurden. Allenfalls bedauerte er den Verlust des kostbaren Blutes, das sich nun in hässlichen getrockneten Flecken auf dem Leichentuch abzeichnete. Eine Weile betrachtete er nachdenklich diesen Mann der Wissenschaft. Es war nicht nötig gewesen, ihn zu manipulieren. Allein die Aussicht, seinen medizinischen Forschungen uneingeschränkt nachgehen zu dürften, machte ihn zu einem seiner ergebensten Diener. Zumindest unter den wenigen, denen Luthias ihren Verstand gelassen hatte. Diese Menschen mit ihren angeblichen Skrupeln. Damit war es nicht weit her. Er fühlte sich in seiner Verachtung für diese kurzlebigen Kreaturen aufs Neue bestätigt. Doch hatte dieser Medikus durchaus etwas für sich. Seinem überraschend morbiden Einfallsreichtum war es zu verdanken, dass die Sklaven Herzpfropfen trugen, die sie in bequeme Trinkgefäße verwandelten, ohne gleich die ganze Umgebung mit Blut zu bespritzen. Um die Kutsche von Luthias kürzlichem Genussrausch zu reinigen, würde es Tage brauchen. Nun, vorerst sah er ohnehin eine andere Form der Fortbewegung vor.
    „Ruf ein paar Männer zusammen und sorge dafür, dass das Luftschiff im Innenhof startbereit ist. Eine Wartung der Steuerung und Geräte dürfte überfällig sein, bevor ihr anfangt, Traggas in die Ballons zu pumpen.“
    Sofort richteten sich neugierige Forscheraugen auf ihn. „Oh, Exzellenz gedenken, eine Jungfernfahrt mit der dampfbetriebenen Luftgondel zu unternehmen. Vorzüglich, vorzüglich …“ Mit diesen Worten trippelte der Forscher davon.
    Seit Jahren wartete die Goliath in einem Hangar auf ihren Einsatz. Einer seiner Mittelsmänner hatte Luthias die Pläne zum Bau eines Luftschiffes aus den Archiven des Königs gestohlen. Woher der König die Informationen zu dieser großartigen Technologie bezogen hatte, war nicht herauszufinden. Mittlerweile hatte Georg III. einige seiner Kampfluftschiffe aufsteigen lassen, sodass die gewaltigen Sternenkreuzer mit ihren schillernden Ballons am Himmel des Empires kaum mehr Aufsehen erregten.
    In freudiger Erwartung, eine Fahrt in Richtung Norden zu unternehmen, um eine alte Bekanntschaft aufzufrischen und sogleich wieder zu zerstören, ließ Luthias seinen Schwebesitz rückwärts durch den Saal surren. Vor seinen Nährsklaven machte er Halt und ließ seinen Blick über den nackten Oberkörper eines Jünglings gleiten. Ergeben trat der Junge vor, sein zu keiner Regung mehr fähiges Antlitz gesenkt. Luthias umfasste dessen schmale Schultern mit einer väterlich anmutenden Geste, zog ihn näher und umkreiste mit dem Fingernagel die Brustwarze.
    „Cayden Maclean, erwarte meine baldige Ankunft. Ich bin dein Mentor, du bist mein Geschöpf und ich werde dein Zerstörer sein.“
    Mit einem Ruck zog er den Herzpfropfen aus der Brust des Sklaven. Ein schmatzendes Geräusch, gefolgt von einer Fontäne hellroten Blutes erzeugte in Luthias eine Explosion aus Rache und Gier. Er hob den hageren

Weitere Kostenlose Bücher