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Electrica Lord des Lichts

Electrica Lord des Lichts

Titel: Electrica Lord des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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die Kehle herausgerissen, bevor dieser überhaupt wahrnehmen konnte, was geschehen war. Doch bis zum Sonnenuntergang würde es noch Stunden dauern, sodass ihm nur die beschränkten Möglichkeiten eines normalen Mannes zur Verfügung standen. Unauffällig suchte er die Umgebung nach einer Ausweichmöglichkeit ab, bevor Black auf ihn schießen konnte. Kein einfaches Unterfangen, wenn man auf einem Felsvorsprung einer Steilklippe stand. Die Schussweite seines Gewehrs reichte nicht aus, was Cayden über Blacks Pistole nicht mit Sicherheit sagen konnte.
    „Das weiß ich“, erwiderte Black hämisch. „Alles eine Frage der Auslegung. Meiner Auslegung. Und da Mistress Beaton sich bei mir nicht gerade beliebt gemacht hat, sehe ich schwarz, was ihr Schicksal betrifft.“
    Idiotischer Narr. Was wusste er schon über Schicksal. Einzig die Willkür, mit der er sein Amt betrieb, zerstörte das Leben derer, die das Pech hatten, ihm aufzufallen.
    Ein Schuss. Die Kugel streifte Caydens Schulter und riss ihn mit ungeahnter Wucht herum. Seine Reflexe arbeiteten viel zu langsam, seine Muskeln schienen aus halbtrockenen Lehmklumpen zu bestehen. Er taumelte auf den Abhang zu wie ein Gelähmter. Sein Gewehr entglitt ihm und fiel hinab. Panik schoss wie tausend Blitze durch seinen Körper, während er in die Tiefe hinabschoss. Doch sein Sturz nahm ein jähes Ende. Mit dem Rücken landete er hart auf einem schmalen Felsvorsprung. Der Aufprall erschütterte ihn bis ins Mark, presste seine Atemluft in einem Ruck aus der Brust. Für einen Moment lag er keuchend da und glaubte, sich jeden Knochen gebrochen zu haben. Er ertastete loses Gestein neben sich auf dem Boden. Die Fläche, auf der er lag, maß nicht mehr als seine Körpergröße. Ächzend neigte er den Kopf zur Seite. Wenigstens war er dem Steg um einiges näher gerückt. Er wollte lachen über diese Ironie, doch alles, was er rausbrachte, war ein krampfhaftes Husten. Natürlich war ihm als Vampir Schmerz ein Begriff, doch diese Intensität überraschte ihn. Schlimmer noch war die Hilflosigkeit.
    Cayden vernahm leises Fluchen und klappernde Metallgeräusche. Das Nachladen der Waffe würde ein paar Momente in Anspruch nehmen. Zeit genug, aufzustehen. Er achtete darauf, außerhalb der Schusslinie zu bleiben. Doch Black war routiniert, die Waffe schneller wieder einsatzbereit als erwartet. Weitere glühende Blitze schossen aus der Mündung, zielten allerdings nicht auf ihn, sondern auf die Schießpulverfässer am Rande des Stegs.
    „Was zum Teufel …?“
    Ruckartig schlang Cayden die Arme um seinen Kopf, wandte das Gesicht ab und drückte sich gegen die scharfkantigen Felsen. Der Steg explodierte mit dröhnender Wucht. Baumstammgroße Holzplanken flogen brennend durch die Luft, landeten zischend in den Fluten des Meeres. Abgerissene Holzteile stoben wie ein wirbelnder Regen aus Pfeilen umher. Der stechende Schmerz in seiner Seite kam unerwartet und riss Cayden aus seiner vermeintlichen Deckung. Rote Punkte tanzten vor seinen Augen. Jegliche Kontrolle über seine Gliedmaßen schien endgültig verloren. Halt suchend versuchte er, einen Fuß nach hinten zu setzen. Doch dort war nichts mehr. Die schreckliche Erkenntnis ließ ihm dasBlut in den Adern gefrieren. Im nächsten Moment stürzte er kopfüber in die Tiefe. Die tosende Brandung schoss in rasender Geschwindigkeit auf ihn zu. Bilder blitzten wie ein chaotisches Potpourri vor ihm auf, dann wurde alles schwarz.
    Cayden erwachte zitternd aus der Bewusstlosigkeit. Sein Körper war durchnässt und unterkühlt. Der Versuch sich aufzurichten, wurde durch ein unkontrolliertes Zucken in seinen Armmuskeln vereitelt. Mühsam wagte er einen weiteren Versuch. Verkohltes Treibgut stieß in sprudelnden Wellen gegen seine ausgestreckten Füße. Brandgeruch drang in seine Nase. Am Horizont neigte sich die Sonne und warf ihren friedlichen Schein auf das rußgeschwärzte Skelett des zerstörten Stegs.
    Er grub seine Hände in den groben Sand und spuckte algendurchsetztes Wasser aus. Betäubt von der Kälte kehrte der Schmerz in seiner Flanke zwar langsam, aber gnadenlos zurück. Mit zusammengepressten Zähnen streckte er die Beine wieder aus, um mit der Hand die Wunde zu ertasten. Dabei stieß er auf einen spitzen Widerstand. Ein langer Holzsplitter ragte aus seiner Seite.
    „Verdammt“, stieß er hervor, als er an seinem Rücken das andere Ende ertastete.
    Wie ein Geschoss musste das Holzstück seine Muskeln durchbohrt haben. Er musste das Ding

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