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Electrica Lord des Lichts

Electrica Lord des Lichts

Titel: Electrica Lord des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Henke
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rausziehen, doch würde er dann wahrscheinlich schneller ausbluten, als dass er irgendwo hingelangen konnte. Geschweige denn, bis die Nacht hereinbrach und die Wunden von allein heilen würden. Er keuchte, während er sich auf die Beine kämpfte. Da konnte er ja fast von Glück reden, dass der Holzsplitter ihn davor bewahrt hatte, ausgeblutet das Bewusstsein zu verlieren. Zwar würde ihn das nicht umbringen, aber für den Rest des Tages außer Gefecht setzen. Erst bei Einbruch der Dunkelheit, würde er wieder erwachen, geschwächt, aber lebendig. Ihm fehlte eindeutig die Zeit, sich dann erst am Blut eines streunenden Hundes zu nähren, um sich weiter auf die Suche nach Sue zu machen.
    Von Black war keine Spur zu sehen. Cayden stieß einen kehligen Laut aus bei dem Gedanken, dass der Sheriff anscheinend davon ausging, ihn erledigt zu haben. Ihm sollte es recht sein. Die Strömung hatte ihn in die kleine Bucht unmittelbar unter seiner Absturzstelle zurückgetrieben. Er musste wieder auf die Plattform klettern, wo er hoffentlich sein Gewehr finden würde. Nicht nachdenken, handeln. Noch befand sich Sue in der Gewalt des Sheriffs, der sich vermutlich in Sicherheit wiegte. Doch sobald der Baron auftauchte, sähe die Sache anders aus.
    Entschlossen griff er nach dem ersten vorragenden Felsen und machte sich an den Aufstieg. Kurz vor dem Ziel hielt er kurz inne und spähte über den Rand. Er zog sich auf die Plattform hinauf, wobei der Splitter gegen den Felsenrand ratschte. Der Schmerz sog augenblicklich die Kraft aus seinen Armmuskeln. Er klammerte sich mit einem Bein fest und gewann im letzten Moment Halt. Oben angekommen blieb er auf den Knien hocken. Schweiß perlte über seine Haarsträhnen, tropfte gemächlich in den sandigen Boden. Um den Schmerz niederzukämpfen, drückte er gegen die Wunde, sodass der Holzsplitter zwischen seinen gespreizten Fingern herausragte.
    Glücklicherweise fand er sein Gewehr unter einer Felsspalte. Er zog den Feuerstein aus dem Steinschloss. Sein Schießpulverbeutel am Gürtel war durchnässt und unbrauchbar, also mussten die Reste aus dem Gewehrlauf reichen. Mit kräftigen Schlägen schüttelte er das Pulver auf einen Findling.
    Er zog sein Hemd aus und lehnte sich seitlich gegen den Stein, um einen möglichst stabilen Halt zu bekommen. Mit zusammengebissenen Zähnen griff er den herausragenden Splitter von vorne und zog. Gleichzeitig drückte er von hinten gegen das andere Ende. Seine Zähne knirschten, die Muskeln in seinen Wangen verhärteten sich vor Anspannung. Es schmatzte widerwärtig, als das Holzstück hinausglitt. Zurück blieb ein fingerdickes Loch, aus dem unablässig Blut quoll. Ein erschreckender Anblick, wenn man daran gewöhnt ist, jeder Wunde beim Heilen zusehen zu können. Ebenso unerwartet trafen ihn die allzu menschlichen Reaktionen seines Körpers. Ein Windzug kühlte seine schweißnasse Stirn. Übelkeit drohte ihn zu übermannen.
    Er atmete tief durch und griff nach dem Schießpulverhäufchen. Von beiden Seiten streute er es in die Wunde. Mit dem Feuerstein erzeugte er einen Funken und entzündete ein trockenes Grasbüschel. Je näher er mit der Lunte an die Wunde kam, desto stärker schien eine unsichtbare Kraft seine Hand davon abhalten zu wollen. Es bedurfte einer schier unerträglichen Überwindung, seinen Selbsterhaltungsdrang zu überlisten. Er musste sich zusammenreißen, sonst würde sein Körper hier im Nirgendwo elendig krepieren, während sein Geist gefangen war bis in alle Ewigkeit. Unsterblichkeit hatte ihren furchtbaren Preis, wenn man sich nicht an die Regeln hielt.
    Mit einem Ruck drückte er das Feuer gegen die Wunde. Zischend brannte das Zündkraut ab, jagte eine Feuersäule durch das Loch in seiner Flanke und mündete am anderen Ende in kleinen Explosionen. Die Welt versank in dichtem Nebel. Beinahe hätte er das Bewusstsein verloren. Er schnappte keuchend nach Luft. Dann war alles vorbei. Die Blutung war gestoppt, die Wundränder ausgebrannt.
    Nun musste er gegen den Schwindel ankämpfen. Es war niemandem geholfen, wenn er jetzt schlappmachte. Bevor er einen Streifen seines Hemdes für einen provisorischen Verband abriss, rieb er sich mit dem Stoff über die feuchten Augen. Dabei fiel sein Blick auf die Brandung, die gurgelnd gegen die Gefängnismauern trieb. An einer Stelle verlief die Strömung in einen Strudel, weil sie anscheinend weiter ins Mauerwerk vordringen konnte. Ein Durchlass. Nicht mehr als ein Abflussschacht, doch möglicherweise

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