Electrica Lord des Lichts
anzunehmen wusste. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Rest der Gefangenen nach wie vor im Verlies verharrte.
Babu folgte seinem Blick. „Mein Volk kennt die Sagen über die Incubi.“
Der Glaube einiger Naturvölker betrachtete den Vampir als Incubus, wobei sie mit dieser Vorstellung nicht weit von der Wahrheit entfernt waren. Niemand wusste, welche Lebensform zuerst auf Erden wandelte. Sicher war nur, dass sich beide vom Lebenssaft der Menschen nährten und wenig mit der verschrobenen christlichen Darstellung eines Teufels gemein hatten. Dadurch beschränkte sich die ohnehin begrenzte Vorstellungskraft der meisten Menschen auf das Bild eines blutsaugenden Monsters. Dass die Nahrungsaufnahme eines Vampirs nicht zwingend den Tod seines Opfers zufolge haben musste, war kaum jemandem bewusst. Augenblicklich kam ihm Luthias in den Sinn, der Personifizierung allem Bösen, von dem die Priester ihren Gläubigen zu predigen wussten. Ja, es gab auch diesen Incubus, für den Menschen nichts weiter als mit Blut gefüllte Hüllen waren.
„Dann sollten deine Leute auch wissen, dass ich ihren Käfig nicht öffnen würde. Es sei denn, ich wäre im Begriff, sie zu töten, was ich nicht vorhabe.“
Babu senkte den Blick. „Sie wissen es, Mylord, dennoch fürchten sie sich, weil sie dachten, Ihr seid der Verdammte. Sie haben niemals zuvor jemanden wie Euch leibhaftig gesehen.“
Ehe er etwas erwidern konnte, vernahm er polternde Schritte, die sich zügig näherten. Ein Wachmann kam mit dem Schwert in der Hand um die Ecke gestürmt.
„Was geht hier vor?“, brüllte er.
Cayden fuhr herum, die Eisenstange im Anschlag. Er wich dem Schwerthieb aus, indem er sich duckte und den Gegner ins Leere laufen ließ. Mit einem wütenden Aufschrei drehte sich dieser um, bereit zum nächsten Schlag. Doch Cayden wuchtete ihm die Eisenstange gegen die Stirn, sodass der Kerl zu Boden ging wie ein gefällter Baum.
Wenigstens waren Cayden die Kampftechniken noch aus seiner Zeit als Mensch in Fleisch und Blut, sodass er dem Angriff standhalten konnte. Allerdings erzeugten die ruckartigen Bewegungen einen stechenden Schmerz in seiner Wunde. Taumelnd ging er in die Knie. Bunte Punkte tanzten vor seinen Augen und schienen sich im Rock der Frau zusammeln, die aus dem Schatten trat.
„Ihr seid verletzt, Mylord.“
„Das wird schon“, presste Cayden hervor, während Blut zwischen seinen Fingern hervorquoll. Wenn nicht langsam die verfluchte Nacht einbrach, würde er wie ein nutzloser Schwächling verenden. „Wo ist sie?“
„Als man mich abholte, wartete Lady Beaton noch im Salon. Ich nehme an, inzwischen dürfte der Sheriff Zeit gefunden haben, sie vorzulassen“, antwortete Babu und nestelte an ihrem Rock herum, aus dessen Falten sie einen Tontiegel zog.
„Das befürchte ich auch.“ Er versuchte, sich wieder aufzurichten. „Gibt es noch mehr Wachen?“
„Nein, immer nur einen. Es wird eine Weile dauern, bis sie sein Verschwinden bemerken.“
Er nickte. Die Stange schien in seiner Hand immer schwerer zu werden.
„Ihr solltet etwas trinken.“ Babu griff seinen Arm und half ihm zu einer Felsennische.
Da ihm schwarz vor Augen wurde, nahm er die Möglichkeit an, sich hinzusetzen. Die Zeit lief ihm davon, doch in seinem Zustand würde er keinen weiteren Kampf ausfechten können.
„Lasst mich Eure Wunde versorgen.“
Die Zigeunerin runzelte die Stirn. Deutlich stand ihr die Verwirrung ins Gesicht geschrieben. Wenn sie davon ausgegangen war, dass Cayden ein Unsterblicher war, mussten sie seine Verletzung erstaunen. Beim Anblick des Lochs an seiner Seite, dessen blutverkrusteten Ränder nun geschwärzt waren wie Aschereste, zog sie scharf die Luft ein. Eine unebene Formation von Brandblasen verteilte sich um die Wunde bis zu seinem Bauchnabel. Schwindel brauste durch seinen Kopf, während Babu die Wunde mit kühlen Fingern abtastete. Er hörte, wie sie an dem verbrannten Gewebe schnupperte.
„Ihr habt die Blutung mit Schießpulver gestoppt? Ich kenne niemanden, der dazu an seinem eigenen Körper in der Lage wäre.“ Bewunderung schwang in ihrer Stimme mit.
„Es war notwendig“, erwiderte Cayden. „Sonst wäre ich nicht hier.“
Babu öffnete ihren Tiegel und schmierte eine dicke Schicht Salbe auf seine Wunde. „Warum …“ Sie zögerte. Ihr Blick huschte über sein Gesicht, dann konzentrierte sie sich darauf, die Verletzung mit einem sauberen Leinentuch zu verbinden. „Warum heilt Ihr nicht?“
Er stieß ein kurzes Lachen
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