Electrica Lord des Lichts
aus über den besorgten Gesichtsausdruck der Frau. Es war lange Zeit her, dass ihm eine derartige Zuwendung widerfahren war. Dazu hatte es auch wenig Grund gegeben. „Das werde ich, sobald die Nacht einbricht.“
Babus Miene hellte sich auf. Sie atmete tief durch. Anscheinend legte sie ihre ganzen Hoffnungen auf sein Handeln. Er hatte nicht vor, sie zu enttäuschen. Wenn er schon dabei war, Beihilfe zur Flucht zu leisten, konnte er auch Babus Leute befreien.
„Was meintest du vorhin, als du vom Verdammten sprachst?“ Cayden machte Anstalten aufzuspringen, doch der Schmerz belehrte ihn eines Besseren.
„Der Blutlord ist zurück oder das, was von ihm übrig geblieben ist.“
„Du weißt von Baron Luthias?“ Das überraschte ihn nun wirklich.
Babu nickte. „Die Legenden berichten, dass der Wiedergänger vor Jahrhunderten vernichtet wurde. Doch verfügt er über große Macht, die ihm eine Auferstehung ermöglicht. Seit einiger Zeit berichten die Schmuggler von einem Serienmörder im fernen England. Doch niemand will erkennen, dass die grauenvollen Morde nicht von einem Sterblichen begangen worden sein können, sondern das Werk von Luthias’ seelenloser Armee sind. Den Toten geht es besser als jenen, die der Blutlord in seine Dienste stellt.“
Cayden gelang es, sich aufzusetzen. Der Schmerz war fast vollständig verschwunden. Die Salbe verschaffte ihm Erleichterung und allmählich kehrten seine Kräfte zurück. Die Sonne musste untergegangen sein. Jeder Muskel in seinem Körper schien sich auszudehnen. Neue Energie zog durch seine Nervenbahnen. Seine Haut begann zu kribbeln, ähnlich dem Gefühl, als wären seine Gliedmaßen von der Blutzufuhr abgeklemmt worden. Cayden zog den Verband ab. Die Wunde zog sich bereits zusammen, doch der Heilungsprozess schien sich zu verzögern.
„Ich muss mich nähren“, sagte er mehr zu sich selbst.
Sofort wichen die befreiten Männer zurück, machten Anstalten, in ihr Verlies zurückzuklettern, überlegten es sich im selben Moment anders und liefen auf den Gang zu, aus dem zuvor der Wachmann gekommen war.
„Haltet ein“, rief Cayden. „Es wird Euch kein Leid geschehen. Oben gibt es genügend Söldner des Sheriffs, denen ihr sofort in die Arme laufen werdet.“
„Nehmt mein Blut, Mylord.“ Beherzt trat Babu einen Schritt auf ihn zu. „Ihr seid der Einzige, der dem Blutbaron entgegentreten kann.“
Cayden starrte auf den verlockenden Puls an ihrem Hals. Dann besann er sich. Sie hatte recht. „Nein. Ich danke dir, doch es würde dich schwächen. Wir haben noch einiges vor uns.“
Sein Blick schweifte an Babu vorbei zum bewusstlosen Wachmann in der Ecke. Fast mechanisch steuerte er auf ihn zu. Er konnte nicht länger warten. Der Raum war erfüllt vom Geruch des frischen Blutes der Menschen. Von überall her vernahm sein feines Gehör die pulsierenden Ströme. Zu groß war die Verlockung. Er war sich seiner blutunterlaufenen Augen bewusst, ebenso der Tatsache, dass Babu ihn trotz ihrer Courage entsetzt anstarrte. Sicher würde es nicht besonders vertrauenerweckend auf die Zigeuner wirken, doch er musste eine Wahl treffen. Sonst würde ihn sein angeschlagener Zustand nicht weit bringen und er wäre keine Hilfe für Sue. Aus den Tiefen seines Innersten zog ein dumpfes Grollen herauf, was die Männer erneut zusammenzucken ließ. Er nahm sie kaum noch wahr. Sein Blickfeld hattesich verengt, fokussierte den Wachmann, wie ein Löwe sein Augenmerk auf eine bestimmte Antilope in der Herde warf.
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Kapitel 14
A
ls Sue endlich ins Büro des Sheriffs geführt wurde, war sie so zermürbt, dass sie nicht wusste, ob sie wütend oder besorgt sein sollte. Babu war vor Stunden verschwunden. Angeblich durfte sie ihre Leute versorgen.
Wenn sie darüber nachdachte, hatte der hämisch grinsende Gesichtsausdruck des Soldaten eher danach ausgesehen, als führte er die Zigeunerin als Häftling ab.
Mit einer fahrigen Bewegung richtete sie ihre Haube, strich ihren Rock glatt und trat in den holzgetäfelten Raum. Schwere Regale voller gebundener Akten säumten die Wände und zeugten davon, dass Black immerhin akribisch Buch führte über seine fragwürdigen Amtshandlungen. Die einzige freie Wand zierte eine Sammlung von Schwertern und Säbeln unterschiedlichster Größe. Staub wirbelte in einem Lichtstreifen, den die untergehende Sonne durch die hohen Buntglasfenster warf. Sues Blick fiel auf eine eigenartige
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