Elefanten vergessen nicht
das Mädchen. Ich finde heraus, ob sie irgendetwas weiß, ich frage sie, ob ich ihrer künftigen Schwiegermutter eine Abfuhr erteilen soll oder es sonst einen Weg gibt, ihr zu helfen. Ich möchte auch den jungen Mann kennen lernen, den sie heiraten will.«
»Sehr gut«, sagte Poirot. »Ausgezeichnet.«
»Und ich glaube«, sagte Mrs Oliver, »da gibt es ein paar Leute…« Nachdenklich runzelte sie die Stirn.
»Ich fürchte, dass uns die nicht viel helfen«, meinte Hercule Poirot. »Der Fall ruht längst in der Vergangenheit. Zur damaligen Zeit vielleicht eine cause célèbre. Aber was ist eine cause célèbre, wenn man es genau überlegt? Wenn es nicht zu einem überraschenden dénou e ment kommt, was hier ja nicht zutrifft? Niemand erinnert sich.«
»Ja«, sagte Mrs Oliver, »das stimmt. So viel wurde in den Zeitungen geschrieben, und eine Zeit lang wurde immer wieder darüber geredet, und dann ging die Sache einfach unter. Wie das eben heute so ist. Wie bei dem Mädchen damals, Sie wissen schon, die von zuhause weglief. Sie wurde nie gefunden. Das war vor fünf oder sechs Jahren. Jetzt entdeckte plötzlich ein kleiner Junge, der in einem Sandhaufen oder einer Kiesgrube spielte, ihren toten Körper. Nach fünf oder sechs Jahren!«
»Wenn man feststellen kann, wie lange der Körper dort gelegen hat, und wenn man alle entsprechenden Polizeiprotokolle durchliest, könnte man den Mörder vielleicht finden. Aber Ihr Problem ist schwieriger, denn es gibt zwei mögliche Lösungen: dass der Gatte seine Frau nicht leiden konnte und sie loswerden wollte, oder dass die Frau ihren Mann hasste und einen Liebhaber hatte. Deshalb könnte es ein Verbrechen aus Leidenschaft gewesen sein. Oder doch etwas völlig andres. Jedenfalls wird man schwer etwas herausbringen. Wenn die Polizei damals nichts fand, muss das Motiv sehr schlecht zu erkennen sein und nicht auf der Hand liegen. Deshalb ist es ein Geheimnis geblieben. Ganz einfach!«
»Ich finde, ich sollte doch zu Celia gehen. Vielleicht hat das dieses schreckliche Weib tatsächlich gewollt – dass ich hingehe. Sie dachte, die Tochter wüsste was – nun, sie könnte ja etwas wissen«, überlegte Mrs Oliver. »Kinder sind so. Sie wissen die unglaublichsten Dinge.«
»Haben Sie eine Ahnung, wie alt Ihre Patentochter damals war?«
»Nun, so aus dem Handgelenk kann ich’s nicht sagen. Neun oder zehn vielleicht, oder auch älter. Ich glaube, sie war damals von zuhause weg, im Pensionat. Aber das kann ich mir auch nur einbilden, oder ich habe es damals gelesen.«
»Sie glauben, es war Mrs Burton-Cox’ Wunsch, dass Sie aus der Tochter Informationen herausholen? Vielleicht weiß die Tochter etwas, vielleicht hat sie es dem Sohn erzählt und der seiner Mutter. Ich könnte mir vorstellen, dass Mrs Burton-Cox versuchte, das Mädchen selbst zu fragen, und eine Abfuhr kriegte. Da dachte sie, die bekannte Mrs Oliver ist ihre Patin und hat außerdem viel kriminalistische Sachkenntnis. Sie könnte die Informationen bekommen. Trotzdem begreife ich immer noch nicht, warum sie das wissen will«, grübelte Poirot. »Ich glaube auch nicht, dass ›die Leute‹, wie Sie sie vage bezeichnen, Ihnen nach so langer Zeit helfen können. Würde sich überhaupt jemand erinnern?«
»Ich glaube doch«, behauptete Mrs Oliver.
»Sie überraschen mich«, entgegnete Poirot und sah sie etwas verwirrt an. »Erinnern sich die Leute wir k lich?«
»Ach«, sagte Mrs Oliver, »ich dachte eigentlich an Elefanten.«
»Elefanten?«
Wie so häufig fand Poirot, dass Mrs Oliver wirklich sehr sprunghaft war. Wieso plötzlich Elefanten?
»Gestern, beim Essen, dachte ich an Elefanten«, sagte Mrs Oliver.
»Warum, in aller Welt?«, fragte Poirot neugierig.
»Also, genauer gesagt, ich dachte an Zähne. Sie wissen schon, man versucht, was zu essen, und wenn man falsche Zähne hat – dann geht es nicht so gut. Man muss wissen, was man essen darf und was nicht.«
»Ach, ja!«, rief Poirot mit einem tiefen Seufzer. »Die Zahnärzte können viel für einen tun, aber eben nicht alles.«
»So ist es. Und dann überlegte ich, wissen Sie, dass unsere Zähne nur aus Bein sind und nicht so besonders gut, und wie schön es wäre, ein Hund zu sein, der richtige Elfenbeinzähne hat. Und ich dachte an Walrosse und – na ja, an Elefanten. Wenn Sie an Elfenbein denken, fallen Ihnen doch selbstverständlich sofort Elefanten ein, nicht wahr? Die riesengroßen Stoßzähne!«
»Das ist wahr«, meinte Poirot, der noch immer nicht
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