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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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fragte das Halbblut. Es schüttelte den Kopf; das blonde Haar schimmerte. »Nicht viel, Speros von Haimhault. Das wenige an Liebe, das ich einmal hatte, habe ich verraten. Das kann die Graufrau Vaschuka bezeugen. Aber höre auf mich und mach deine Sache gut.« Er deutete mit dem Kopf auf Tanaros. »Er hungert nach dem Sohn, den er nie hatte. Und er hungert nach der Frau, deren Liebe er verloren hat. Man sollte meinen, dass das eine größer als das andere ist. Aber wer weiß das schon? Wenn es zum Schwur kommt, bist du vielleicht der Dreh- und Angelpunkt.«
    Mit diesen Worten ritt Uschahin davon und passierte das Tor zur Verderbten Schlucht. Speros sah ihm nach, während die Gulnagel, die sie begleitet hatten, zu beiden Seiten an ihm vorbeiliefen. Er zuckte zusammen und berührte mit den Absätzen die Flanken seines rauchfarbenen Pferdes. Es lief voran, gehorchte seinem Willen.
    Das Tor schloss sich hinter ihnen.
    Er war zu Hause.
     
    Es war ein seltsames Gefühl, allein in den eigenen Gemächern zu sein. Man hatte sich kürzlich um sie gekümmert, das war deutlich zu sehen. Sein Esstisch war mit Bienenwachs eingerieben, der Boden gefegt, die Teppiche hatte man gereinigt. Die Lampen brannten, und im Kamin loderte ein Feuer. Heißes Wasser dampfte im Zuber der Badekammer, aber kein einziger Irrling war zu sehen.
    Tanaros war nicht mehr allein gewesen, seit er den Marasoumië verlassen hatte und den Brunnenschacht emporgeklettert war, in dem sich das Wasser des Lebens befand. Das Schweigen und das völlige Fehlen eines anderen Herzschlags verursachten ihm ein Gefühl der Taubheit. Er wünschte sich, dass wenigstens Bring bei ihm geblieben wäre, doch der Rabe hatte sich zu seiner eigenen Art gesellt.
    Stück für Stück zog er seine schmutzige und zerbeulte Rüstung aus. Die Riemen waren steif vor Dreck. Sorgfältig hängte er alle Teile an den Ständer, nahm seinen Schwertgürtel ab und stellte das Schwert in die Ecke. Es wurde nicht an der Tür gekratzt, kein Irrling kam herbei und wollte die schwarze Klinge berühren, die im Blut des Fürsten gebadet hatte. Tanaros runzelte die Stirn und setzte sich auf den niedrigen Hocker, um sich die Stiefel auszuziehen.
    Es war nicht leicht, sie von den Füßen zu bekommen, und es war nicht angenehm, als es ihm endlich gelungen war. Eine Zeit lang saß er einfach nur auf dem Hocker. Alle Anstrengungen der langen, langen Reise spürte er nun deutlich in seinen Knochen. Es gab keine Stelle, die nicht schmerzte – außer seinem ausgebrannten Herz, das nun nicht mehr wie ein sehnsuchtsvoller Kompass zur Feste von Finsterflucht zog. Er war zu Hause, und er war über alle Maßen dankbar dafür, dass der Fürst ihnen eine Nacht Ruhe gegönnt hatte, bevor er ihren Bericht hören wollte.
    »Wahrlich, der Fürst ist gnädig.« Er sprach diese Worte laut aus und lauschte auf ein zustimmendes Gemurmel.
    Doch niemand antwortete ihm.
    Mit großer Mühe stand Tanaros auf und schlurfte zur Badekammer, wo er seine Kleidungsstücke ablegte, die so schmutzig waren, dass es jeder Beschreibung spottete. Aus einer der Taschen zog er das Rhios, das Hyrgolf ihm gegeben hatte, und setzte es sanft auf ein Regalbrett. Alles andere ließ er in dem stinkenden Haufen, der nun auf den Bodenfliesen lag.
    Sein nackter Körper war ausgemergelt. Die Fessel des Seins besaß nur eine bestimmte Reichweite; die Entbehrungen forderten ihren Tribut. Die Rippen bildeten Erhebungen in seinem Brustkorb. Die Teile der Haut, die seit Wochen kein Tageslicht mehr gesehen hatten, waren entsetzlich bleich – grau wie ein Geist. Tanaros setzte sich in den Zuber und sah zu, wie sich das Wasser trübte.
    Vor langer, langer Zeit, als er nach einem harten Tag voller Übungsgefechte mit Roscus Altorus’ Truppen heimgekehrt war, hatte Calista sein Bad mit eigenen Händen eingelassen. Zumindest hatte sie immer ein Spektakel daraus gemacht, den letzten Kübel mit
dampfend heißem Wasser einzuschütten und ihn dabei unter ihren langen Wimpern anzulächeln. Siehst du, was ich für dich getan habe, mein Geliebter? Dann hatte sie einen Schemel zum Zuber gezogen und sich danebengesetzt, damit sie ihm den Rücken schrubben und dem Wasser ein paar Tropfen Duftöl beigeben konnte. Es hatte gerochen wie … wie Vulnusblüten, jedoch süß und harmlos.
    Die Erinnerung bewirkte, dass seine Augen brannten. Tanaros hielt den Kopf unter Wasser und kam tropfend wieder hoch. Er ergriff ein Bürstentuch und einen Seifenball und machte sich

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