Elegie - Fluch der Götter
und sank unter den Wasserspiegel, als ob sie einen Felsbrocken umfasst hielte, der sie hinunterzog. Der Fjel sank; sein Kopf verschwand im Wasser. Sein Griff, mit dem er sich am Floß hielt, lockerte sich, und der Strom holte sich den Fjel. Dani würgte und spürte, wie sich der Riemen um seinen Hals immer enger zog und ihm die Haut verbrannte, doch dieses Gefühl verschwand sofort, als der Fjel losließ.
Das Floß drehte sich langsam, während es die Biegung umrundete, und seine Passagiere hielten sich mit aller Kraft an ihm fest. Hinter ihnen durchbrach eine Säule aus Luftblasen die Oberfläche. Der große Fjel tauchte tropfend auf und starrte hinter ihnen her.
Zu spät.
Sie hatten die Biegung umrundet.
Dani kämpfte darum, sich über Wasser zu halten, und sah zu dem Fjel zurück, bis dieser außer Sichtweite geriet. Er fragte sich, was das Wesen gesagt hatte. Dann stürzte der Fluss in die Tiefe und verwandelte sich abermals in einen weißen Strudel. Dani gehorchte den verzweifelten, gebrüllten Befehlen seines Onkels und klammerte sich an das Floß. Er dachte nur noch an das Wasser und daran, wie er am Leben bleiben konnte, bis der tobende Strom sie hart gegen einen Felsen schleuderte.
Etwas brach mit einem kaum hörbaren Laut, und Dani verspürte einen stechenden Schmerz in der Schulter und einen dumpfen Schlag gegen den Kopf. Während die Welt vor seinen Augen schwarz wurde, befreite er die eine Hand und tastete nach der Tonflasche um seinen Hals. Sie war nicht zerbrochen.
Das war sein letzter bewusster Gedanke.
Das Gebrüll des Tordenstem-Fjel hallte durch den Schlund der Verderbten Schlucht. Es scheuchte die Raben zu einer kreisenden schwarzen Wolke auf, brachte die verhüllten Fäden in der Weberkluft zum Zittern und hieß die Reiter in Finsterflucht willkommen.
Speros warf einen raschen Blick zu den Gestalten, die auf den Höhen kauerten, und erinnerte sich nur allzu deutlich an den unfreundlichen Empfang, den sie ihm bereitet hatten. Er fuhr sich mit der Zunge über die Zähne und tastete nach der Stelle, an der ein Zahn fehlte.
»Die letzte Gelegenheit, Mittländer.« Neben ihm zügelte Heerführer Tanaros sein Pferd; in seinen dunklen Augen lag ein undeutbarer Ausdruck. »Ich meine es ernst. Kehre jetzt um und reite fort, ohne zurückzuschauen. Du kannst das Pferd behalten.«
Speros schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Du weißt, was kommen wird?«
»Ja, Heerführer.« Sein Blick war fest. »Krieg.«
Tanaros seufzte. »Wenn du auch nur ein Gran Verstand hättest, würdest du meinen Rat befolgen und gehen.«
»Wohin, Herr?« Erneut schüttelte Speros den Kopf. »Da draußen gibt es keinen Platz für mich. Sollte ich mich etwa zu Haomanes Verbündeten gesellen und gegen Euch reiten? Lieber hacke ich mir den rechten Arm ab.« Plötzlich schnürte ihm Angst die Brust ein. »Oder wollt Ihr mich loswerden? Ist es wegen dem, was mit den Yarru passiert ist? Ich verspreche Euch, ich werde nicht wieder versagen. Und schließlich habe ich geholfen; ohne meine Hilfe wäret Ihr nicht in der Lage gewesen, den Brunnen zu versiegeln.«
»Ja.« Nun lag die kräftige Hand des Heerführers auf seiner Schulter. »Du bist ein guter Junge, Speros. Ich erweise dir aber keinen Gefallen, wenn ich deine Treue annehme.«
»Habe ich etwa um einen Gefallen gebeten?« Wut mischte sich mit der Angst. »Herr?«
»Nein.« Der Heerführer hob den Blick und beobachtete die Raben, die hoch über ihnen kreisten. Eine widerspenstige Haarlocke fiel ihm in die Stirn. Hinter seinen harten Zügen lag ein Schatten der Sorge. »Vielleicht ist es weise von dir, dass du es nicht getan hast.«
Etwas versetzte Speros’ Herz einen Stich. Der Heerführer sorgte sich um ihn. Speros’ Familie hatte ihn immer für unfähig gehalten, für einen Müßiggänger, dessen Taten zu nichts Vernünftigem führten. Sie hatten sich nie so sehr um sein Wohlergehen gekümmert wie der Heerführer. Ihnen waren die Vorstellungen gleichgültig, die seine Fantasie befeuerten. Er hatte versucht, ihren Erwartungen zu entsprechen, und er hatte den Preis dafür gezahlt.
Doch Heerführer Tanaros war anders. Er hatte an Speros geglaubt und ihm Gelegenheit gegeben, sich zu beweisen. Ohne dass es vieler Worte bedurft hätte, wusste er, dass Speros alles tun würde, um Heerführer Tanaros zum Lächeln zu bringen und auf sein Gesicht das Leuchten der Anerkennung zu zaubern.
Selbst wenn diese Haltung in den Untergang führen sollte, war sie aller Mühen
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