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Elegie - Fluch der Götter

Elegie - Fluch der Götter

Titel: Elegie - Fluch der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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und bußfertige Stimmung verwirrte ihn. Doch sie war keine Überraschung angesichts dessen, was Vorax ihm mitgeteilt hatte. Als Uschahin das endlose Gewebe ihrer wachen Gedanken durchkämmte, sah er ein einzelnes Bild, das immer wiederholt wurde: das von Cerelinde, der Hohen Frau der Ellylon.
    Er machte weiterhin ein ernstes Gesicht, bis sich alle versammelt hatten. Als auch Meara und der Junge, der sie begleitet hatte, von ihrem Botengang zurückgekehrt waren, hob er die Hand und gebot Stille. Unter Flüstern und Gemurmel gehorchte das Meer der Irrlinge. Sie hoben ihre zuckenden Gesichter, richteten den Blick ihrer glänzenden Augen auf ihn und lauschten.

    »Meine Kinder«, redete Uschahin sie an. »Es war ein langer, harter und von zahllosen Gefahren bedrohter Weg, der mich zu euch zurückgeführt hat. Und jetzt muss ich sehen, dass Fürst Vorax ergrimmt ist. Wie betragt ihr euch nur in meiner Abwesenheit?«
    Hundert Gesichter verzogen sich, hundert Münder öffneten sich, um einem großen, schuldbewussten Wehklagen Ausdruck zu geben. Es brandete durch die Küche, wurde von den fettgeschwärzten Sparren, den hellen Kupferpfannen und Töpfen zurückgeworfen, die so sehr gescheuert worden waren, dass sie strahlend glänzten. Einige Irrlinge warfen sich auf die Knie, andere streckten die Hand mit der Bitte um Vergebung aus.
    »So, so.« Uschahin nickte. »Ihr wisst, wovon ich rede. Habt ihr sie hierher gebracht?«
    Zur Antwort erhob sich ein jammernder Protest. Heftig wurden Köpfe geschüttelt, verfilztes Haar flog hin und her. Nein, nein. Sie hatten sie nicht hierher gebracht.
    »Wohin dann?«, fragte er.
    Das Jammern versickerte zu raschelndem Schweigen. Uschahin wartete.
    »Ein anderer Ort.« Einer von ihnen antwortete murmelnd und mit gesenktem Blick. »Zu einem Ort hinter den Mauern, Fürst, den wir größer gemacht haben.«
    Ein weiterer schaute bettelnd auf. »Ihr habt gesagt, das sind Eure Orte, Fürst!«
    »Die Zwischenräume.« Uschahin nickte erneut. »Das habe ich gesagt. Das sind die Orte, die wir besetzt halten, meine Kinder – wir, die die Welt nicht haben wollte. Niemand weiß das besser als ich selbst. Und ich habe euch mit Fürst Satoris’ Segen diese Orte anvertraut. Warum habt ihr die Ellylfrau dorthin gebracht?«
    Die hundertfältige Antwort lag in ihren obersten Gedanken und in ihren hungrigen, starren Blicken. Keiner von ihnen sprach es aus. Es war gleichgültig; er wusste es. Ein Leben in glücklicher Normalität, Frauen und Ehemänner, Söhne und Töchter. Ein ehrenwertes Leben, angefüllt mit zahllosen gewöhnlichen Vergnügen. Das, was hätte sein können .

    O ja, Uschahin Traumspinner wusste es.
    »Das ist eine bittersüße Freude«, sagte er leise, »nicht wahr? Das, was hätte sein können. Auch ich habe mich das gefragt, meine Kinder. Was hätte aus mir werden können, wenn meine eigene Ellyl-Sippe mich bei sich behalten hätte?« Er hob die verkrümmten Hände, schaute sie an und richtete dann den Blick auf seine Irrlinge. »Eine menschliche Brücke vielleicht, mit geraden und ehrlichen Händen, welche die Kluft zwischen Haomanes Kindern und denen von Arahila überspannt. Aber stattdessen« – er schüttelte den Kopf – »bin ich der Abgrund. Und wenn sie in die Zwischenräume blicken und dort etwas einfordern wollen, finden sie mich vor, wie ich sie anstarre. Ich bin der dunkle Spiegel, der ihnen ihre schrecklichsten Begierden zeigt. Ich bin der dunkle Unterleib aus Haomanes Prophezeiung. «
    Hingerissen hörten ihm die schweigenden Irrlinge zu.
    »Vergesst es nie.« Uschahins Stimme wurde härter. »Es waren die Ellylon , die mich zurückgewiesen haben, die kein Kind mit gemischtem Blut haben wollten, das mit Gewalt gezeugt wurde und von Fürst Satoris’ Gabe befleckt ist – befleckt , sagen sie. Ich bin die Zukunft, die sie voller Angst und Abscheu umschmeicheln. Ich bin der Schatten, der den Kindern der Prophezeiung vorausgeht, welche sie erfüllen wollen. Und wer vermag zu sagen, dass sie nicht ihre eigenen Abkömmlinge verachten werden? Denn auch diese werden den Makel von Fürst Satoris’ Gabe in sich tragen.«
    Jemand stieß einen zischenden Laut aus.
    Uschahin lächelte. »O ja«, sagte er. »Denn sie verachten den Fürsten vor allen anderen, auf immer und ewig. Euer Schmerz mag ihnen Kummer bereiten, und sie mögen euch angenehme Aussichten eröffnen, aber sie sind Haomanes Kinder und werden keinen Finger rühren« – er hob einen verkrümmten Finger – »um euch

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