Elegie - Fluch der Götter
Worten.
Tanaros hatte vor, seine Münze mit Bedacht auszugeben.
Er würde Uschahin Zeit für seine Flucht verschaffen; wertvolle Zeit, in der die Aufmerksamkeit von Haomanes Verbündeten auf die Schlacht gerichtet sein würde. Und es würde Rache für die Gefallenen bedeuten. Er hatte Cerelindes Leben verschont. Er hatte jedoch nicht vor, das Gleiche denen zu gewähren, die gegen ihn ins Feld gezogen waren.
Es gab keine Unschuldigen auf dem Schlachtfeld. Sie würden für den Tod all derer bezahlen, die ihm lieb und wert gewesen waren. Tanaros würde für seinen Tod den vollen Gegenwert fordern.
Er berührte den Beutel, der an seinem Gürtel hing, und fühlte den beruhigenden Umriss von Hyrgolfs Rhios darin.
Die mittlere Tür wartete.
Sofort gab sie unter seinem Druck nach. Er durchschritt sie und stürzte sich in die Dunkelheit hinter ihr. Dies waren seine Gänge;
sie waren ihm wohlbekannt und führten unmittelbar zum vorderen Teil von Finsterflucht. Tanaros brauchte kein Licht, um den Weg zu finden. »Vorax. Speros. Hyrgolf«, murmelte er, während er dahinlief. Wie eine Litanei sagte er ihre Namen auf.
FÜNFUNDZWANZIG
D er Gang war lang und gewunden, und das Feuermark, das ihn erhellte, wurde allmählich schwächer – so schwach, dass sie sich den Weg ertasten musste. Doch Tanaros hatte nicht gelogen; niemand begegnete ihr, weder Fjel noch Irrlinge. Und am Ende befand sich eine einzelne Tür. Cerelinde tastete nach dem Knauf. Sie wollte ein Gebet an Haomane flüstern und stellte fest, dass die Worte nicht kamen. Das Bild von Satoris Fluchbringer stand vor ihren Augen und lähmte ihre Zunge.
Doch der Knauf ließ sich drehen.
Goldenes Lampenlicht ergoss sich in den Gang. Die Tür führte zu prunkvollen Gemächern voller glitzernder Schätze. Offenbar waren das Vorax’ Zimmer; sie glichen nichts anderem in Finsterflucht. Drei sterbliche Menschenfrauen sprangen auf die Beine und starrten sie an. Es waren blonde Frauen aus dem Norden, jung und schön wie die Kinder Arahilas.
» Vas leggis ?«, fragte eine von ihnen verdutzt. Dann fügte sie langsam in der Gemeinsamen Sprache hinzu: »Wer seid Ihr? Was ist los? Wo ist Fürst Vorax?«
Tanaros hatte nicht gelogen.
Sie wollte weinen, doch die Ellylon konnten nicht um ihrer eigenen Sorgen willen weinen. »Fürst Vorax lebt nicht mehr«, sagte Cerelinde sanft, während sie den Raum betrat. »Und die Herrschaft des Weltenspalters über Urulat ist zu einem Ende gekommen. Ich bin Cerelinde aus dem Hause Elterrion.«
» Ellyl! « Die Jüngste erblasste. Sie sprach auf Stakkianisch mit den anderen und wandte sich dann an Cerelinde. »Ist er tot? Ist es vorbei?«
»Ja«, sagte sie. »Es tut mir leid.«
Seltsamerweise entsprachen diese Worte der Wahrheit. Noch seltsamer war, dass die drei Frauen weinten. Sie wusste nicht, um wen sie trauerten: um Satoris Fluchbringer oder um Vorax den Gierschlund. Sie hätte sich niemals vorstellen können, dass jemand um den einen oder den anderen weinen würde.
Die Älteste der drei trocknete sich die Tränen mit dem Saum ihres Umhangs. »Und was wird jetzt aus uns?«
In der Mitte des Raumes befand sich ein Thron. Es war ein Sitz aus massivem Hartholz in Gestalt eines brüllenden Bären. Cerelinde ließ sich müde auf ihm nieder. »Haomanes Verbündete werden uns finden«, sagte sie. »Habt keine Angst. Sie werden Gnade zeigen. Was immer ihr hier getan habt, Arahila die Schöne wird es verzeihen.«
Ihre Worte schienen die drei aufzurichten. Sie hätten auch Cerelinde froh machen sollen, denn sie bedeuteten, dass es Hoffnung gab und nicht alle, die im Schatten des Weltenspalters gelebt hatten, unrettbar verloren waren. Doch sie empfand keine Freude.
Was werdet Ihr jetzt tun?
Was glaubt Ihr denn? Ich werde sterben, Cerelinde .
Heute würde hier ein großer Sieg errungen werden. Aber sie würde keine Freude daran haben.
Die Wächter erwarteten Tanaros bereits im Eingangsbereich, als er aus dem Gang trat. Die inneren Türen erzitterten, denn ein Rammbock stieß immer wieder von der anderen Seite gegen sie. Der Feind hatte bereits das äußere Tor überwunden und stand nun im Innenhof. Er bereitete einen Angriff vor und wollte die Hohe Frau der Ellylon befreien. Außerdem waren die Verbündeten hier, um Haomanes Prophezeiung zu erfüllen.
Es würde ihnen gelingen.
Und gleichzeitig würden sie versagen.
Tanaros grinste seine Fjel an. Darauf reagierten sie wie auf einen tiefen Schluck Svartblod. Sie zeigten ihr eigenes
Weitere Kostenlose Bücher